Rufbus, autonomes Fahren & Co Mobil auf dem Land – wie geht das?
Laura Heyer
In großen Städten gibt es eng getaktete Busse, Bahnen, Car-Sharing. Aber was machen Menschen, die in dünner besiedelten Gebieten leben und kein privates Auto haben? Wir haben uns ein paar Ideen angeschaut.
Mal eben mit dem Rad in den Supermarkt, mit dem Mietauto zum Baumarkt oder mit Bus oder Bahn ins Zentrum – wer in einer großen Stadt lebt, kommt locker von A nach B. Doch weit mehr als die Hälfte der Menschen lebt hierzulande in Kommunen mit unter 50.000 Einwohnern. Da sieht es in Sachen Mobilität oft ganz anders aus.
So ist die Lage
Dabei steht es indirekt im Grundgesetz, dass sich auch Menschen ohne private Fahrzeuge fortbewegen können müssen, etwa mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Dies fällt unter die sogenannte Daseinsvorsorge – das heißt, der Staat muss für ein menschliches Dasein als notwendig erachtete Güter und Dienstleistungen bereitstellen. Und dazu gehört auch, dass die Bürgerinnen und Bürger zu wichtigen sozialen Zielen kommen können müssen, zum Ortszentrum zum Beispiel.
In der Realität ist das natürlich nicht immer ganz so einfach. Viele Menschen in weniger besiedelten Gebieten nutzen ein Auto, weil sie so nicht auf den – oft dürftigen – Nahverkehr angewiesen sind. Kommunen wiederum fehlt oft das Geld aus Tickets und Co, um den Nahverkehr weiter auszubauen. Doch gibt es auch viele innovative Ideen für die Mobilität der Zukunft.
Neue Ideen
So unterstützt zum Beispiel das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) rund 50 kommunale Projekte bei der Erstellung von Mobilitätskonzepten mit der Fördermaßnahme „MobilitätsWerkStadt 2025“. Die Idee: Städte entwickeln ein lokal passendes Konzept für nachhaltige Mobilität. Diese sollen in der Praxis getestet, umgesetzt und ausgewertet werden.
Der Rufbus
Gerade angekommen und der letzte Bus ist eben weggefahren? Dieser Problematik mit festen Busfahrplänen will der Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt begegnen. Mit 13 Gemeinden und knapp 81.000 Einwohnern leben eher wenige Menschen auf einer großen Fläche verteilt. Die Idee: Wer in die Stadt oder zu seinen Freunden möchte, kann den Rufbus informieren und angeben, wann er wo hinfahren möchte. Der Bus hat zwar auch bestimmte Haltstellen – jedoch muss man sich nicht an einen festen Zeitplan halten.
Ähnlich funktioniert auch das „Lümo“-Shuttle in Lüneburg: Wer nachts am Wochenende in der Stadt unterwegs ist, kann sich per App ein Shuttle buchen und wird direkt an die Haustür gebracht. Klingt wie ein Taxi, man bezahlt jedoch nur den Preis, den auch ein Busticket gekostet hätte.
Fahren ohne Fahrer
Ein im wahrsten Sinne abgefahrenes Projekt testet die Stadt Waiblingen in Baden-Württemberg. Dort soll es in Zukunft einen Bus geben, der ohne Fahrer, also autonom, unterwegs ist und acht bis 15 Personen mitnehmen kann. Das Projekt mit dem Namen „Ameise“ soll erst einmal in einem Industriegebiet getestet werden.
Das Ziel: Der Bus soll in Zukunft Teil des Busliniensystems in Waiblingen sein. Außerdem will die Stadt die Technologie weiterentwickeln und Erfahrungen sammeln. Und auch die Bürger sollen mit eingebunden werden und ihre Meinung zum autonomen Bus in Umfragen mitteilen. Eine weitere Frage ist auch, welche Auswirkungen das neue Modell für Menschen haben könnte, die aktuell im ÖPNV arbeiten und dann nicht mehr gebraucht würden.
Der Kombi-Bus
Mehr als nur Personen transportieren – das ist die Idee der sogenannte „kombiBusse“, die zurzeit unter anderem in Brandenburg und Thüringen fahren. Sie transportieren nicht nur Personen, sondern gleichzeitig auch Güter. So kann zum Beispiel jeder Fahrgast auch größere Einkäufe wie Wasserkästen mitnehmen.
Aber auch Unternehmen können den freien Stauraum nutzen und Güter von A nach B transportieren lassen. Oder der Bauernhof aus dem Nachbardorf kann seine Kunden so direkt mit frischer Ware an die Haustür beliefern. Der Bus ist dann ein Fahrzeugmodell, dass unten im Rumpf Stauraum hat – anders als ein normaler Nahverkehrsbus.
Ride-Sharing
Klingt kompliziert, ist aber im Prinzip die größere Version vom Car-Sharing, also dem kurzfristigen Mieten von Autos, die dann einfach wieder zurückgegeben werden können. Man könnte das Ganze auch als Mitfahrgelegenheit bezeichnen. Im großen Rahmen testet das gerade der Landkreis Ludwigslust-Parchim in Schleswig-Holstein. Dort wurde an der Autobahn ein Mobilitätszentrum auf einem Parkplatz geschaffen.
Wer zur Arbeit muss oder in die nächste Stadt will, kann dort ein E-Auto mieten oder findet eine Mitfahrstation, um eine Mitfahrgelegenheit zu suchen. Buchen lassen sich die Angebote über eine eigene App.
Auf E-Autos setzen auch die Gemeinden Spiekeroog und Neuharlingersiel, zwei Inseln in der Ostsee. Dort entsteht ein auf den speziellen Bedarf der Küsten- und Inselbewohner ausgerichtetes, stationsgebundenes Elektromobilitätsangebot. Um die Erreichbarkeit von Bahnhöfen und somit die Anschlussmobilität für Einwohner und Urlaubsgäste zu verbessern, ist hierzu am Fährhafen Neuharlingersiel ein Car-Sharing-Angebot mit einer Flotte von Elektrofahrzeugen geplant.
(lh)
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.