Fragen an die Umweltministerin Krise als „Chance für ein ökologisches Update“
Tierhandel als mögliche Ursache für die Pandemie, Masken oder etwa Finanzspritzen für die Autoindustrie - zu diesen und anderen Themen befragten die Abgeordneten Umweltministerin Svenja Schulze (SPD).
Regierungsbefragung im Bundestag: Svenja Schulze (SPD), Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, stellte sich den Fragen der Abgeordneten.
Mit „Kompass“ aus der Krise
Man müsse in der aktuellen Krise eine Chance für ein „ökologisches Update“ unserer Wirtschaft und unseres Lebens überhaupt sehen, sagte die Ministerin zu Beginn. Bei den Hilfen, die Unternehmen jetzt vom Staat bekämen, müsse man immer darauf achten, dass sie auf drei Dinge einzahlten: Beschäftigung, Innovation und Klimaschutz. Dieser Dreiklang solle als „Kompass für den Weg aus der Corona-Krise“ dienen.
„Hinter der akuten Krise verschwinden langfristige Aufgaben nicht“, mahnte Schulze. Die Erderwärmung nehme weiter zu, deshalb müsse „unser Einsatz für den Klimaschutz“ weitergehen. Es sei ihr wichtig, dieses Thema auch während der bevorstehenden europäischen Ratspräsidentschaft Deutschlands voranzutreiben.
Auf den Einwand der AfD, die „sogenannte Klimaerwärmung“ sei wissenschaftlich nicht erwiesen, deshalb sei es nicht nachvollziehbar, für den „sogenannten Klimaschutz“ viel Geld auszugeben, erwiderte die Umweltministerin: „Sie sagen, Klimaschutz wird teuer. Ich sage Ihnen: Kein Klimaschutz wird teuer!“ Nichts zu tun, wäre dementsprechend unverantwortlich.
Geld für die Auto-Industrie
Schulzes SPD-Kollege Johann Saathoff sprach staatliche Hilfen für die Automobilindustrie an, die unter dem Stichwort Innovationsprämien diskutiert werden. Die Ministerin sagte darauf, die Auto-Industrie sei in Deutschland eine Schlüsselindustrie – „um die müssen wir uns kümmern“. Allerdings müssten staatliche Hilfen sich „an der Zukunft orientieren“ und also auch Klimaschutz-Maßstäbe berücksichtigen.
Die Linke kam auf eine mögliche Abwrackprämie zu sprechen, die derzeit diskutiert werde, um die Auto-Industrie zu unterstützen. Die Idee: Wer ein Auto verschrotten lässt und ein neues kauft, bekäme Geld vom Staat dazu. Die Linke-Fraktion halte diese Option für „unsozial und unökologisch“ und plädiere für andere Maßnahmen.
Schulze antwortete, eine Abwrackprämie wie es sie 2008 schon einmal gegeben habe, werde es in der Form sicher nicht wieder geben. „Aktuell sind viele Menschen in Kurzarbeit und denken über andere Dinge nach als die Anschaffung eines neuen Autos“, meinte sie. Deshalb brauche man keinen Schnellschuss, sondern ein wohlüberlegtes Programm, das helfe, „den Neustart in der Automobilindustrie voranzutreiben“.
Die Grünen machten deutlich, dass sie Ideen unterstützen, bei denen der Staat dort Geld hinlenke, wo Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt werden. Allerdings gebe es derzeit noch keinen fertigen Katalog, denn: „Wir sind noch mitten in der Krise.“
Bessere Luft dank Fahrverboten?
Das Thema Diesel-Fahrverbote sprach die FDP kritisch an. Svenja Schulze konterte: „Es ist deutlich nachgewiesen, dass dort, wo der Verkehr reduziert wird, die Luftqualität sich verbessert.“ Das zeigten auch die aktuellen Werte in der Corona-Krise, in der ja deutlich weniger Autos unterwegs seien als sonst.
Die AfD knüpfte an das Thema an und sagte, für die Feinstaub-Belastung in der Luft seien nicht allein Autos verantwortlich. Insofern müsse die Feinstaub-Verordnung doch überdacht werden. Darauf sagte Schulze, die Feinstaub-Belastung sei schon vor der Corona-Krise zurückgegangen, die Maßnahmen wirkten also.
Busse und Bahnen
Die Förderung etwa von Elektro-Fahrzeugen im öffentlichen Nahverkehr brachte die Linke ins Gespräch. Die Ministerin stimmte zu, auch für den Nahverkehrsbetrieb müsse es einen Neustart geben. Entsprechende Fahrzeuge dafür sollten auch in Deutschland produziert werden.
Auch das Thema Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr wurde angerissen. Svenja Schulze sagte, sie halte das für eine gute Lösung. Es sei aber schwierig, das zentral bundesweit anzuordnen. Vielmehr müssten in den Bundesländern regionale und lokale Lösungen gefunden werden. In ihrer Heimatstadt Münster habe man zum Beispiel zu Stoßzeiten die Zahl der Busse aufgestockt, damit die Fahrgäste genügend Platz hätten, um Abstand zu halten.
Das Virus und die Tiere
„Ich bin verwundert, wie wenig wir weltweit darüber diskutieren, wie wir in diese aktuelle Krise geraten sind“, meinte Steffi Lemke von den Grünen. Eine Möglichkeit, die Wissenschaftlicher diskutierten, sei, dass Wildtiere das Virus übertragen. Deshalb wollte sie wissen, was das Ministerium dafür tue, den Wildtierhandel nach Deutschland zu unterbinden.
Man versuche derzeit, den legalen Handel einzudämmen, versicherte Svenja Schulze. Komplett könne man ihn aber nicht verbieten, weil dadurch zum Beispiel Artenschutz-Programme unmöglich gemacht würden. Das viel größere Problem sei allerdings der illegale Handel, der schwer zu kontrollieren sei.
Renate Künast, ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen, sprach die Massentierhaltung an, die ebenfalls eine mögliche Ursache für die Verbreitung des Coronavirus sei. Sie wollte wissen, ob das Umweltministerium gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium an Lösungen arbeite. Die Ministerin antwortete, man sei natürlich im Dialog dazu und wolle die Forschung dazu verstärken. Sie habe auch den Welt-Biodiversitätsrat gebeten, das Thema zu vertiefen. Es sei wichtig, in diesem Bereich international vernetzt zu arbeiten, denn „so ein Virus macht an den Grenzen nicht Halt“.
Die ganze Regierungsbefragung könnt ihr euch hier im Video anschauen:
(jk)