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Reisen Mehr Identitätskontrollen am Flughafen?

Julia Funk

Bisher muss man beim Einsteigen ins Flugzeug oft keinen Ausweis oder Pass vorzeigen. Der Bundesrat will das ändern. In einer Anhörung im Bundestag wurde kürzlich über den Vorschlag kontrovers diskutiert.

Junge Frau mit Rucksack und Reisepapieren vor einer großen Abflug-Tafel am Flughafen

Ausweis bereit? Oft braucht man ihn fürs Boarding gar nicht. © shutterstock.com/miniStocker

Vielflieger und Gelegenheits-Traveler kennen das bestimmt: Mitarbeiter von Fluggesellschaften werfen nur einen flüchtigen Blick auf Ausweis oder Reisepass – wenn überhaupt. Die eigene Identität mit einem Dokument bestätigen? Fehlanzeige. Ob das ein Problem ist und wenn ja, warum, beschäftigt derzeit den Bundestag.

Grund dafür ist ein Gesetzentwurf des Bundesrates zur Verbesserung der Sicherheit im Luftverkehr. Dieser fordert, dass Fluggesellschaften dazu verpflichtet werden sollen, beim Einsteigen nochmal die Boardkarten mit dem jeweiligen Ausweis oder Reisepass der Passagiere abzugleichen. Das ist in Deutschland – anders als in vielen anderen Ländern – nämlich bisher keine Pflicht. In einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Inneres und Heimat diskutierten die Abgeordneten kurz vor der Sommerpause den Vorschlag mit Experten.

Zum Hintergrund der Diskussion

Auslöser der Debatte ist der Fall des Asylbewerbers Ali B. Er war im Juni 2018 unter falschem Namen von Düsseldorf in den Irak geflüchtet, nachdem er eine junge Frau ermordet hatte.

Der Abgleich von Ausweisdokument und Passagier-Daten ist in der EU bisher nur in Belgien, Luxemburg, Ungarn und Frankreich Pflicht. Viele sind der Meinung, dass eine einheitliche Regelung einen deutlichen Mehrwert bringen würde, auch wenn eine hundertprozentige Sicherheit nie ganz gewährleistet werden kann. Deshalb werden immer mehr Stimmen laut, die sich für eine europaweite Regelung einsetzen.

Falsche Identität beim Boarding?

Im Schengen-Raum, der 26 europäische Länder umfasst, ist es aktuell problemlos möglich, unter falschem Namen in ein Flugzeug zu steigen. Der Grund: Generell gilt, dass Fluggesellschaften beim Boarding nur die Bordkarte, nicht aber ein Ausweisdokument prüfen müssen. Passagiere, die Ziele außerhalb Europas bereisen möchten, werden zwar von den Beamten der Grenzpolizei kontrolliert, allerdings werden auch hier die Daten im Ausweis nicht mit denen auf dem Boardingpass verglichen.

Deshalb ist es theoretisch möglich, unter einem Namen ein Ticket zu kaufen, aber mit einem anderen Ausweis das Flugzeug zu besteigen. Airlines dürfen bisher selbst darüber entscheiden, ob sie die Identität ihrer Gäste beim Einsteigen noch einmal überprüfen wollen. Das machen sie aber häufig nicht, um Zeit zu sparen.

Viele Experten sind der Meinung, dass genau das ein gravierendes Sicherheitsproblem darstellt. So sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Sven Hüber, im Ausschuss, dass illegalen Migranten die Einreise dadurch deutlich einfacher gemacht werde. Außerdem widersprächen die unterschiedlichen Standards in Bezug auf Sicherheit, die innerhalb und außerhalb des Schengen-Raums bestehen, dem Zweck des Luftsicherheitsgesetzes. Das Luftsicherheitsgesetz ist ein deutsches Bundesgesetz. Dadurch sollen terroristische Anschläge und Sabotageaktionen auf den Luftverkehr verhindert und somit die Sicherheit in der Luftfahrt erhöht werden. Dieses Gesetz gibt es seit 2005.

Auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber (SPD), war der Meinung, dass die Einführung einer zusätzlichen Kontrolle beim Boarding das Reisen mit dem Flugzeug noch sicherer machen würde und so eine doppelte Überprüfung auch zulässig wäre. Seiner Meinung nach sollten Fluggesellschaften selbst ein Interesse daran haben, eindeutig darüber Bescheid zu wissen, wen sie da transportieren. Das Einzige, was Kelbers Meinung nach nicht zulässig wäre, ist die Langzeitspeicherung der Fluggastdaten ohne speziellen Anlass.

Es gibt auch Gegenwind...

Und der kommt vor allem von den Fluggesellschaften selbst. Obwohl die doppelte Kontrolle von Ausweisdokumenten in anderen Ländern bereits funktioniert, finden manche, dass dies keine gute Idee sei. Der Sicherheitschef der Lufthansa, Jürgen Faust, fand den Vorschlag zum Beispiel nicht geeignet, um die Sicherheit in der Luftfahrt zu erhöhen. Seiner Meinung nach dürfte die Umsetzung schwierig werden. Die Folge könnten vor allem weitere Verspätungen im Flugverkehr sein.

Für viele Fluggesellschaften sei außerdem die ausführliche Sicherheitskontrolle wichtiger als die Identitätsüberprüfung eines Passagiers. Hinzu komme, dass die Mitarbeiter einer Fluggesellschaft oft gar nicht zwischen einem echten oder einem gefälschten Pass unterscheiden könnten. Dafür brauche es nämlich ein spezielles Lesegerät der Bundespolizei.

Auch der Leiter des Bereichs Luftsicherheit der Deutschen Luftverkehrswirtschaft, Sebastian Zurfähr, sprach sich gegen solche Kontrollen aus. Er ist der Meinung, dass die Identitätskontrolle eine hoheitliche Aufgabe sei, also die der Polizei oder des Zolls. Mitarbeiter von Fluggesellschaften in diesem Fall als „Hilfspolizisten“ zu benutzen, könne demnach nicht die Lösung sein.

Hier seht ihr die Anhörung im Video:

Mitmischen-Autorin

Julia Funk

Julia hat Crossmedia und Public Relations studiert, Erfahrung im Film und Fernehen gesammelt und schreibt hin und wieder Artikel für verschiedene Online-Magazine. Auf Straßenschildern liest sie Sätze und Wörter gerne rückwärts.

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