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Freiwilliges Soziales Jahr „Man sollte einen Plan B und C haben“

Laura Heyer

Nach dem Abi wollte Nina sich erst einmal orientieren. Die 19-Jährige macht ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) beim Europäischen Solidaritätskorps. Im Interview gibt sie Tipps für alle, die sich für ein FSJ interessieren.

Konferenz-Szene

Aufgrund der Corona-Pandemie finden viele Treffen bei Ninas (z.v.l.) Freiwilligendienst nur in kleinen Runden oder digital statt. © privat

Nina, du machst ein FSJ in Frankreich. Was tust du genau?

Ich arbeite in Saint-Lô in der Normandie bei einem Kinder- und Jugendrat, der Wissen über Politik vermittelt.

Wie bist du darauf gekommen, ein FSJ zu machen?

Für mich war schon seit der 11. Klasse klar, dass ich nach dem Abitur erst einmal ins Ausland möchte. Ich wollte etwas anderes erleben und mir eine Auszeit vom Lernen nehmen. Außerdem wusste ich noch nicht, was ich wirklich nach der Schule machen will. Eigentlich war mein Plan, mit dem Kinder- und Jugendzirkus, bei dem ich hier in Berlin schon gearbeitet und trainiert habe, ins Ausland zu gehen. Der Zirkus entsendet ab und zu auch Teilnehmer in andere Zirkusse auf der ganzen Welt. Aber das hat dann leider nicht so funktioniert.

Wie bist du zu deiner jetzigen Organisation gekommen?

In der Schule hatten wir in der 11. Klasse das Fach „Studium und Beruf“, in dem uns verschiedene Möglichkeiten vorgestellt wurden, die man statt Studium machen kann. Ich wollte ja ins Ausland gehen – zur Wahl standen neben Frankreich auch Italien oder Spanien. Am Ende habe ich mich vor allem online über Projekte informiert und mich schließlich beim Europäischen Solidaritätskorps auf Projekte beworben.

Das Europäische Solidaritätskorps ...

... ist ein Freiwilligendienst, der von der EU-Kommission eingerichtet wurde. Im Rahmen des Dienstes arbeiten 18- bis 30-Jährige für eine befristete Zeit in einem gemeinnützigen Projekt im Ausland. Freiwilligendienste bieten nicht nur die Möglichkeit, anderen zu helfen. Sie erweitern gleichzeitig die eigenen Kompetenzen und bieten einzigartige Erfahrungen.

Was erhoffst du dir vom FSJ?

Ich wollte nach dem Jahr eine Idee haben, was ich beruflich machen will. Ob ich studieren oder doch eine Ausbildung machen möchte. Zudem wollte ich meine Sprachkenntnisse verbessern und einfach auch ein bisschen erwachsener werden und erleben, wie es ist, selbstständig zu sein. Nachdem jetzt schon fast ein Jahr vorüber ist, habe ich mich entschieden, nach dem FSJ Restauration zu studieren.

Wo wohnst du und mit wem arbeitest du zusammen?

Ich wohne mit einer Österreicherin zusammen, die auch für den Jugendrat arbeitet. Wir haben eine Tutorin, mit der wir alle zwei Wochen sprechen und ihr erzählen können, wie es uns geht, ob wir Fragen haben oder etwas brauchen. Insgesamt sind wir eine sehr große Organisation, aber unser Team besteht etwa aus zehn Leuten, die auch mal etwas gemeinsam unternehmen.

Es gab zwei Seminare im Laufe des FSJ, eins zur Vorbereitung und eins nach der Hälfte der zwölf Monate, die ich hier arbeite. Eigentlich finden diese Veranstaltungen mit allen FSJlern des Programms zusammen statt und man trifft sich meist in Südfrankreich am Meer. Aber durch Corona konnten wir das leider alles nur online machen.

Wie sieht dein Alltag aus?

Der Alltag für die Freiwilligen ist sehr unterschiedlich und hängt sehr vom Projekt ab, das sie betreuen. Bei mir ist es gerade vor allem viel Büroarbeit und durch Corona kann ich auch aktuell nur drei Tage die Woche im Büro sein und zwei Tage im Homeoffice. Man arbeitet hier zwischen 30 und 35 Stunden die Woche und hat immer zwei Tage am Stück frei, also meist das Wochenende. Außerdem stehen jedem Freiwilligen zwei Tage Urlaub im Monat zu, die man sich in Absprache mit der Organisation frei einteilen kann.

Über Weihnachten bin ich zu meiner Familie gefahren – für weitere Besuche ist der Weg aber zu weit und die Fahrt zu teuer. Ich habe mich hier für einen Ballettkurs angemeldet und habe mit meiner Mitbewohnerin einen Kochkurs gemacht. Aber diese Sachen finden gerade wegen Corona auch nicht mehr statt.

Wie hat sich das FSJ durch die Corona-Pandemie für dich verändert?

Die Bedingungen waren natürlich in diesem Jahr nicht so einfach. Ich habe zwar einige Leute kennengelernt, aber viele Treffen konnten nicht vor Ort stattfinden. Im November gab es in Frankreich einen großen Lockdown – meine Mitbewohnerin und ich sind dann wieder zu unseren Familien nach Deutschland und Österreich gefahren in dieser Zeit. Auch im Land zu reisen war nicht so möglich, wie ich mir das erhofft habe. Natürlich hatte ich mir auch meine Arbeit mit den Jugendlichen etwas anders vorgestellt – jetzt sitze ich häufig im Homeoffice vor dem PC. Aber ich bereue es auf gar keinen Fall, diese Erfahrungen gemacht zu haben.

Was würdest du Leuten raten, die auch ein FSJ machen wollen?

Es ist sehr wichtig, sich bei der Bewerbung nicht nur auf ein Projekt zu konzentrieren, das man besonders cool findet, sondern man sollte einen Plan B und C haben. Beim Solidaritätskorps zum Beispiel bekommen viele Projekte sehr viele Anfragen – ich habe mich auf zwölf davon beworben und nur eine Rückmeldung bekommen.

Wenn man ins Ausland geht, sollte man sich bewusst sein, dass es am Anfang kompliziert sein kann. Denn eine Sprache im Schulunterricht zu lernen, ist dann doch etwas anderes, als sie im täglichen Leben anzuwenden. Außerdem sollte man sich genau anschauen, wo das Projekt stattfindet, also wie groß die Stadt ist und welche Aufgaben man dort übernehmen wird.

Mehr über Nina

Nina, 19, arbeitet in Frankreich bei einem Kinder- und Jugendrat, der Wissen über Politik vermittelt. Das macht sie mit dem Freiwilligendienst des Europäischen Solidaritätskorps, in San-Lô in der Normandie. Nina hat 2020 in Berlin Abitur gemacht.

(lh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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