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Digitaler Unterricht Genug Tempo bei Tablet statt Tafel?

Eric Matt

Die Corona-Krise fordert Schulen zum digitalen Umdenken: Moderne Technik, Videoschalte statt Präsenzunterricht. Schulen zu digitalisieren – das geht einigen Abgeordneten nicht schnell genug, andere fordern alternative Lösungen.

Junger Mensch vorm Laptop beim Digitalunterricht

Homeschooling setzt voraus, dass Schulen, Schüler und Lehrer technisch gut ausgestattet sind. © Shutterstock.com/Rido

Jahrzehntealte Schulgebäude, unzureichende Sanitäranlagen, mangelhaft ausgestattete Klassenräume und veraltete Technik – all das gibt es in Deutschland. Viele Lehrer und Schüler fordern daher schon lange mehr Geld von der Politik, um Schulen modernisieren und vor allem digitalisieren zu können.

Durch die Corona-Pandemie hat sich dieses Problem noch einmal verstärkt. Plötzlich muss der Unterricht per Videoschalte stattfinden, Schüler müssen am Laptop lernen und Klausuren finden teilweise online statt.

Mit der Digitalisierung von Schulen beschäftigte sich vor Kurzem der Deutsche Bundestag. Die Abgeordneten berieten in einer Debatte einen Antrag der FDP-Fraktion.

FDP: „Keine Zeit mehr verlieren“

Mit ihrem Antrag möchte die FDP „die Digitalisierung von Schulen endlich beschleunigen“. Der Corona-Lockdown im Frühling 2020 habe gezeigt, dass „nur die wenigsten Schulen für den Wechsel zum digitalen Unterricht gewappnet waren“.

Laut FDP-Fraktion liege dies daran, dass der sogenannte „DigitalPakt Schule“ nicht richtig funktioniere. Diesen Pakt hatten Bund und Länder 2019 geschlossen mit dem Ziel, die Schulen mit digitaler Technik auszustatten. Dafür hat der Bundestag sogar das Grundgesetz geändert. Denn normalerweise ist Bildung Ländersache, der Bund darf also nicht eingreifen. Durch das Abkommen stellen Bund und Länder zusammengenommen insgesamt mindestens 5,55 Milliarden Euro bereit, wobei der Bund den Löwenanteil finanziert.

Die FDP-Fraktion kritisiert, dass die Gelder nicht schnell genug bei den Schulen ankommen würden. Die Fraktion verweist auf eine Umfrage, die besagt, dass aktuell „nur 14 Prozent der Schüler sich ein digitales Endgerät leihen könnten“, wenn der Unterricht zu Hause stattfindet. Die Fraktion fordert, dass „mindestens 50 Prozent der Bundesmittel des DigitalPakt Schule bis zum 30.06.2021 abgeflossen sind“.

Die FDP-Abgeordneten wollen unter anderem einen Breitbandausbau an Schulen, einen Digitalpakt 2.0 oder auch eine White-List aufstellen. Eine White-List würde definieren, über welche sicheren Plattformen der Online-Unterricht an Schulen stattfinden könnte.

CDU: „Mitten im Fluss wechselt man nicht die Pferde“

Dietlind Tiemann von der Fraktion CDU/CSU erklärte, „wie wichtig Bildung, wie wichtig Digitalisierung ist“. Aber: „Indem wir es dauernd formelhaft wiederholen, wird es nicht besser.“

Tiemann sprach zur FDP-Fraktion: „Bei Ihren Forderungen zum Umbau des DigitalPakts gehe ich nicht mit“, da dies nur für Verwirrungen bei den Schulen sorgen würde. Wenn man sich für einen Weg entschieden habe, solle man diesen auch weitergehen, denn „ein Sprichwort sagt: Mitten im Fluss wechselt man nicht die Pferde“.

Fraktionskollege Michael von Abercron attestierte dem FDP-Antrag „eine gewisse Realitätsferne“.

SPD: „Ihnen geht es nicht um die Kinder“

„Digitale Elemente müssen fester Bestandteil des Schulalltags werden“, erklärte die SPD-Abgeordnete Marja-Liisa Völlers. Sie habe aber den Eindruck, dass die FDP-Abgeordneten „immer wieder dieselben Anträge mit minimalen Veränderungen einbringen und es ihnen im Prinzip gar nicht um die Kinder geht, sondern nur darum, sich gut darzustellen“.

Völlers argumentierte, dass die Bundesregierung schon einiges erreicht habe, „was die technische Ausstattung betrifft“.

Ihre Fraktionskollegin Ulrike Bahr ärgerte sich über Anträge der FDP-Fraktion, da „die so tun, als würden sie das Rad neu erfinden“.

AfD: „Lehrer wollen die Kinder bilden, nicht programmieren“

Nicole Höchst von der AfD-Fraktion kritisierte, „dass das mit der Gießkanne verschüttete Geld unter anderem deshalb niemand annimmt, weil der Zweck an der Lebensrealität der Schulen vorbeigeht“.

Sie erklärte: „Lehrer wollen die Kinder bilden, nicht programmieren. Sie wollen Lesen, Schreiben und Rechnen lehren statt Wischen und Klicken.“

Höchst weiter: „Hören Sie doch mal auf das pädagogische Fachpersonal, statt Politik an diesem vorbei zu machen.“ In Bezug auf die Corona-Krise und die Herausforderung für Lehrer und Schüler forderte sie anstatt neuer Technik „kleinere Klassen, mehr Lehrer und sanierte Schulen“.

Linke: Digitalisierung ist kein Notnagel, sondern Zukunft

Birke Bull-Bischoff von der Fraktion Die Linke sagte, dass „Lernen über digitale Mittel kein Notnagel für Krisenzeiten“, sondern „eine Zukunftsfrage für alle Kinder“ sei. Sie bemerkte, dass es den größten Mangel „in sogenannten Brennpunktschulen“ gebe, „wo junge Leute unterwegs sind, die auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind“. Bull-Bischoff erklärte: „Es muss jetzt gehandelt werden.“

Sie forderte, sich für „grundsätzliche Lösungen“ im Bereich der Digitalisierung einzusetzen, anstatt „kleinteilige Förderprogramme“ zu beschließen. Denn Bildung und Digitalisierung sei „eine Zukunftsfrage für alle Kinder“.

Grüne: „Beziehen Sie die Betroffenen mit ein“

Auch Margit Stumpp von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstrich, wie wichtig Digitalisierung sei. „Wahr ist aber auch: Grund- und Förderschulen helfen digitale Mittel nur bedingt, weil die Kinder damit überfordert sind“, so Stumpp. Daher forderte sie „weitere Instrumente und mehr Flexibilität“.

Sie richtete ihre Worte an die Kultusministerkonferenz und Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU): „Setzen Sie sich endlich zusammen und erarbeiten Sie eine tragfähige Strategie. Beziehen Sie die Betroffenen mit ein. Beteiligen Sie Elternvertretungen, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Schulträger in diesen Diskussionen.“

Den FDP-Antrag lehnten die Abgeordneten mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD, und AfD bei Enthaltung der Linken und Grünen gegen das Votum der Liberalen ab. Die Debatte könnt ihr euch im Video anschauen.

Portraitfoto von mitmischen-Autor Eric Matt
Mitmischen-Autor

Eric Matt

... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.

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