Frauenrechte Für und wider "fifty-fifty"
Mit etwas Verspätung hat das Parlament den Frauentag nachgefeiert. Fünf von sechs Fraktionen sagen, es müsse mehr für Gleichberechtigung getan werden. Es gab konkrete Vorschläge.
Noch 100 Jahre bis zum Gleichstand?
Vor 100 Jahren sind 37 weibliche Abgeordnete in die Nationalversammlung gewählt worden, erzählte Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) am 15. März im Bundestag. Das Parlament von 1919 habe damit einen Frauenanteil von 8,7 Prozent gehabt. Heute liegt er bei 30,7 Prozent. Na also, könnte man meinen, geht doch aufwärts! Nicht wenn man die Relationen sieht: Gehe es in diesem Tempo weiter, fuhr Giffey fort, werde es noch 100 Jahre dauern, bis ein Gleichstand erreicht sei. "Das ist mir ein bisschen zu lange."
Ministerin: Es war immer Kampf
Das geht auch vielen anderen Parlamentariern so, wie sich in der vereinbarten Debatte zeigte. Die Vertreter fast aller Fraktionen wollen mehr Gleichstellung.
Es sei nur logisch, wenn Frauen, die die Hälfte der Bevölkerung stellten, auch die Hälfte des Parlaments besetzten, so die Familienministerin. Giffey sagte in ihrer Rede, Frauenrechte seien "nie vom Himmel gefallen", sie seien immer "erkämpft" worden.
Union für Wahlrechtsreform
Auch Annette Widmann-Mauz (CDU/CSU) betonte, die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren sei ein "Meilenstein" gewesen. Doch manches ändere sich nur langsam, so die Abgeordnete. So seien Familien- und Hausarbeit noch immer vor allem Frauensache. Soziale Arbeit, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt werde, sei noch immer schlechter entlohnt "als Arbeit am Band". Widmann-Mauz sieht nun die Politik in der Verantwortung, immerhin sei vor 25 Jahren im Grundgesetz klargestellt worden, dass der Staat für die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung verantwortlich sei. Nötig sei nun eine Wahlrechtsreform, die auch zu "Fifty-fifty" im Parlament führe.
SPD: Männer müssen abgeben
Für ein Paritätsgesetz plädierte auch die SPD. Das würde die Parteien zwingen, gleich viele Frauen und Männer auf ihre Wahllisten zu setzen. Weil Frauen oft weniger verdienen, hätten sie auch bei der Rente das Nachsehen. Die SPD-Frauenpolitikerin Leni Breymaier forderte deshalb eine Grundrente. Abseits von Paritätsgesetz und Rente meinte die Sozialdemokratin, es gehe auch um eine Auseinandersetzung mit den Männern. Sie müssten "abgeben": bezahlte Arbeit, Macht und Verantwortung.
FDP: Digital flexibel
Für die FDP ist die Digitalisierung beim Thema Frauenrechte hilfreich. Sie biete große Chancen, weil sie mehr Flexibilität mit sich bringe und Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie damit erleichtere, so Nicole Bauer für ihre Fraktion. Sie setzt aber noch auf ein anderes großes D: Diversität. Gemischte Teams seien (auch im Arbeitsleben) "erfolgreicher und innovativer" – niemand könne es sich mehr leisten, auf Frauen zu verzichten.
Linke kritisiert "Alibipolitik"
Sabine Zimmermann meinte, die letzte Regierung habe sich lieber um "20 Aufsichtsrätinnen" gekümmert als um "20 Millionen erwerbstätige Frauen". Bei den Aufsichtsräten gibt es nämlich mittlerweile eine Frauenquote. Der Einsatz für nur einige wenige sei "Alibipolitik", so die Abgeordnete. Sie forderte die Regierung auf, endlich den Mindestlohnsektor abzuschaffen, das Rentenniveau anzuheben und eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro einzuführen.
Grüne fühlen sich alleingelassen
Katrin Göring-Eckardt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, fühlt sich beim Kampf für Gleichstellung allein gelassen: Zwar hätten sich mehrere hochrangige SPD-Politikerinnen für Parität im Wahlrecht ausgesprochen, aber in der entsprechenden Kommission "waren wir allein mit dem Thema". In Richtung AfD sagte Göring-Eckardt, mit diversen Ausfällen gegenüber Frauen sei die Fraktion "der parlamentarische Arm der Hater im Netz" – der Frauentag bleibe Kampftag "gerade wegen Ihnen".
AfD: "Real existierender Staatsfeminismus"
Die AfD vertat in der Debatte eine andere Position. Gleichberechtigung sei doch "seit Jahrzehnten" erreicht sei, so Beatrix von Storch für ihre Fraktion. Sie betrachtet Gleichstellung als Bevormundung, Quoten behinderten die freie Berufswahl und die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz. Die Koalition betreibe "real existierenden Staatsfeminismus", so Storch. Ihre Partei sei für Chancengleichheit und Wahlfreiheit und gegen Bevormundung und "deswegen gegen Paritäts- und Quotenwahn".
Die komplette Debatte könnt ihr euch hier im Video anschauen.
(DBT/ah)