MdB zum Klimagesetz „Ein Schnellschuss“
Laura Heyer
Klimaneutralität bis 2045 ist möglich, findet Lukas Köhler. Aber nicht mit dem von der Koalition geplanten Klimaschutzgesetz, sagt der FDP-Abgeordnete. Im Interview erklärt er, warum das Gesetz jetzt so schnell überarbeitet wurde – und was er gern ändern würde.
Herr Köhler, der Bundestag hat vergangene Woche sehr kurzfristig noch ein neues Klimaschutzgesetz beraten. Kommende Woche soll es beschlossen werden. Warum geht das jetzt so schnell?
Das höchste Gericht Deutschlands, das Bundesverfassungsgericht, hat Ende April entschieden, dass das aktuelle Klimaschutzgesetz in Teilen nicht im Einklang mit unserer Verfassung steht, also verfassungswidrig ist. In ihrem Urteil haben die Richter der Bundesregierung eigentlich Zeit gegeben, das Gesetz bis zum Jahr 2022 zu überarbeiten.
Aber die Regierung hat sich nun entschieden, daran schneller noch etwas zu verändern. Die Gründe dafür kennen natürlich nur die beteiligten Personen. Aber ich kann mir vorstellen, dass es einerseits am beginnenden Wahlkampf für die Bundestagswahl liegt und natürlich auch daran, dass das Thema Klimaschutz gerade in der Öffentlichkeit sehr viel diskutiert wird.
Was ist das Besondere am Urteil des Bundesverfassungsgerichts?
Das Bundesverfassungsgericht hat das erste Mal festgelegt, dass die Handlungen, die wir als Deutschland und als Politik treffen, auf die Freiheit von kommenden Generationen eine Auswirkung haben. Das ist bisher in der Geschichte des obersten deutschen Gerichts noch nicht vorgekommen. Konkret bedeutet das Urteil: Wenn wir jetzt beim Klimaschutz nicht genug CO2 einsparen, müssen die kommenden Generationen noch viel mehr einsparen. Deshalb muss die Klimapolitik jetzt so ausgerichtet werden, dass sie nachhaltig ist.
Auch kommende Generationen müssen die Möglichkeit haben, CO2 zu verbrauchen. Das heißt konkret zum Beispiel in den Urlaub zu fliegen oder Auto zu fahren – solange es noch keine klimafreundlicheren Alternativen gibt.
Was haben die Richter der Politik aufgetragen?
Die Richter haben gesagt, dass das jetzt gültige Klimaschutzgesetz bis zum Jahr 2030 eigentlich soweit in Ordnung ist. Aber nach 2030 gab es bisher keinen Plan für die Zukunft, wie Deutschland klimaneutral werden sollte. Das soll die Bundesregierung nun ändern, damit deutlich wird, wie wir das sogenannte 1,5-Grad-Ziel erreichen wollen. Das besagt, dass die globale Temperatur in den kommenden Jahren nicht um mehr als 1,5 Grad steigen soll, im Vergleich zu 1990.
Was würde das neue Klimaschutzgesetz der großen Koalition jetzt konkret für junge Menschen ändern? Was steht im Gesetz drin?
Zum einen will die Bundesregierung die Ziele zum Verbrauch von CO2 anpassen. Das hätte sie jedoch so oder so machen müssen, da sich auch die EU auf neue Klimaschutzziele geeinigt hat. Die sind allerdings strenger als die deutschen und die Regierung hätte das aktuelle Klimaschutzgesetz zwangsläufig anpassen müssen. Das haben sie nun schon getan. Zusätzlich hat die Bundesregierung nun festgelegt, wie es nach 2030 mit dem Klimaschutz weitergehen soll. Dazu wurde einerseits festgelegt, dass Deutschland nicht erst im Jahr 2050, sondern schon im Jahr 2045 klimaneutral sein soll.
Stimmen Sie dem Gesetzentwurf zu?
Nein, wir als FDP werden den Gesetzesentwurf ablehnen. Aus unserer Sicht ist es auf der einen Seite ein Schnellschuss. Die Bundesregierung ist nun vorgeprescht mit ihrem Entwurf, ohne die konkreten Maßnahmen mit den europäischen Partnern abzusprechen. Außerdem hat die Koalition einen Plan, der sehr sektorspezifisch ist. Das heißt, der Klimaschutz wird auf die einzelnen Sektoren wie Landwirtschaft oder Verkehr bezogen, die alle eigene Ziele haben. Für das Klima ist es aus unserer Sicht jedoch egal, woher das CO2 kommt. Wir wollen daher dort reduzieren, wo es am schnellsten und günstigsten möglich ist.
Wie Sie sagten, will die Bundesregierung Deutschland mit diesem Gesetz bis zum Jahr 2045 klimaneutral machen. Halten Sie das für realistisch?
Ich denke, generell ist das in Deutschland machbar. Aber ich glaube nicht, dass es mit den aktuellen Zielen sinnvoll möglich ist. Aus meiner Sicht wäre es besser, mit einer europäischen Lösung bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden.
Wie möchte die FDP Generationengerechtigkeit beim Klimaschutz erreichen?
Wir wollen dazu keine Einzelmaßnahmen treffen, wie zum Beispiel das Verbot von Dieselmotoren, sondern stattdessen ein CO2-Limit festlegen. Das heißt, wir schauen, wie viel CO2 aktuell noch übrig ist, um das 1,5-Grad Ziel zu erreichen und was das für die einzelnen Sektoren und Firmen bedeutet. Wer mehr CO2 produziert als erlaubt, muss eine hohe Strafe zahlen.
Alles andere wird mit sogenannten CO2-Zertifikaten festgelegt. Das heißt, jedes Unternehmen, dass CO2 produziert, bekommt pro Tonne CO2 ein Zertifikat. Wer am Ende des Jahres noch Zertifikate übrig hat, kann diese dann verkaufen an andere Unternehmen. Das Geld, das der Staat daraus einnimmt, wollen wir über eine sogenannte CO2-Dividende an die Bürger zurückzahlen. Zudem müssen wir natürlich Geld in neue Techniken und Innovationen investieren, um zukunftsfähig zu sein.
Mehr zu Dr. Lukas Köhler
Dr. Lukas Köhler kommt aus München und hat Philosophie studiert. Der 34-Jährige sitzt seit 2017 im Deutschen Bundestag und ist Obmann im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Weitere Informationen findet ihr auch in seinem Profil auf bundestag.de.
(lh)
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.