Nachhaltigkeit Supermärkte im Hochhaus sind gut für's Klima
Laura Heyer
Um neue Wohnungen oder Radwege zu bauen, braucht es freie Flächen. Doch in Deutschland wird gerade zu viel Boden versiegelt, sagen viele Experten. Deshalb forderten drei von ihnen im Bundestag mehr Anstrengung gegen den sogenannten Flächenverbrauch.
Wie kann man neue Wohnungen oder Straßen bauen und trotzdem Parks und freie Flächen in der Natur erhalten? Darüber diskutierten drei Experten mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages. Am 6. Mai trafen sie zu einem öffentlichen Fachgespräch in einem besonderen Gremium des Parlaments zusammen: dem Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung.
Die Mitglieder begleiten die Nachhaltigkeitspolitik der Bundesregierung auf nationaler, internationaler und europäischer Ebene und geben regelmäßig Empfehlungen. Das Gremium existiert seit 2004.
Was bedeutet Flächennutzung?
In Deutschland gibt es rund 83 Millionen Menschen, die Platz zum Leben brauchen – und es werden immer mehr. Hinzu kommen mehrere Millionen Unternehmen und Selbständige, die für ihre Produktion oder Dienstleistung ebenfalls Raum benötigen.
Gleichwohl will die Politik verhindern, dass alle freien Flächen zugebaut werden. Denn die Landwirtschaft, die Umwelt und die Menschen brauchen Grünflächen, um zu überleben. Daher gibt es für Bundesländer und Städte sogenannte Flächennutzungspläne, die die Nutzung von freien Flächen begrenzen und sagen, wo gebaut oder etwas verändert werden darf.
Bodenschutz gleich Klimaschutz?
„Wer den Boden schützt, schützt auch das Klima“, sagte Stefan Petzold vom Naturschutz-Bundesverband (Nabu) vor den Abgeordneten in Berlin. Denn wo Fläche genutzt werde, werde Boden zerstört, so Petzold. Er verwies auf die sogenannte Bodenschutzklausel aus dem Baugesetz, in der steht: „Mit Grund und Boden soll sparsam umgegangen werden“.
Der Boden hat laut dem Nabu-Vertreter mehrere Funktionen. Nach den Ozeanen sei er zum Beispiel der zweitgrößte Speicher von Kohlenstoff. „Effektiver Bodenschutz ist also auch Klimaschutz“, sagte der Experte. Sein Vorschlag für die Zukunft: Statt immer mehr Fläche zu bebauen, müssten Wohn- und Büroräume innovativ genutzt werden – zum Beispiel, indem Häuser mit mehreren Stockwerken gebaut werden, statt nur Einfamilienhäuser.
Weg von „der grünen Wiese“
Thomas Preuss vom Deutschen Institut für Urbanistik forderte in seinem Vortrag vor allem, dass Bund und Länder neue Anreize für Städte und Kommunen schaffen müssten, damit diese auch etwas ändern wollen. Statt Industrie und Gewerbegebiete „auf der grünen Wiese“, also außerhalb von Städten zu fördern, sollten lieber die regionalen und schon vorhandenen Strukturen in den Städten gefördert und besser genutzt werden. So könnten Supermärkte zum Beispiel in Hochhäusern sein, statt in einzelnen Gebäuden vor der Stadt.
Wohnraum schaffen
Auf die Frage, wo und wie Bauen am meisten Sinn macht, ging Prof. Dr. Dirk Löhr von der Hochschule Trier in seinem Vortrag ein. In den letzten Jahren sei eher die Frage nach bezahlbarem Wohnraum diskutiert worden als die Rolle des Bodens, sagte der Experte. Daher bräuchten die verschiedenen staatlichen Ebenen wie Bund und Länder eigene Ziele zum Flächenverbrauch. So könnte auch gut gesteuert werden, wer Bauland bekommt und was die Folgen von Bebauungen dort sein könnten.
Einigkeit in den Fraktionen
Auch die Abgeordneten unter der Leitung von Andreas Lenz von der CDU/CSU waren sich einig: Es braucht neue Ideen, um Menschen Platz zu bieten, aber den Boden trotzdem zu schützen. Eigentlich war das politische Ziel, das Wachstum der Siedlungs- und Verkehrsflächen bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu begrenzen. Dieser Plan wurde aber schon auf das Jahr 2030 verschoben.
So forderten Matern von Marshall von der CDU/CSU-Fraktion und seine Kollegin Nina Scheer von der SPD, weiter nach Instrumenten zu suchen, um den Flächenverbrauch zu verringern. Rainer Kraft von der AfD wies darauf hin, dass die sogenannte Nachverdichtung in Städten, also an vorhandenen Strukturen weiterzubauen, statt neue Flächen zu nutzen, nicht dazu führen dürfe, dass zum Beispiel Parks oder andere freie Flächen in Städten verschwinden.
Das gesamte Gespräch mit den Experten könnt ihr euch hier anschauen:
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.