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Abrüstung Die Waffen weg!

Die USA sind dabei, einen wichtigen Abrüstungsvertrag zu kündigen und das macht auch im Bundestag allen Fraktionen Sorgen. Allerdings sucht nur die Linke die alleinige Schuld bei den Amerikanern.

Raketenstart

Galten seit 30 Jahren als ausgestorben, nun könnten sie zurückkehren: Mittelstreckenraketen mit Atomsprengköpfen © Bitte keine Raketen!

Es war so etwas wie der Anfang vom Ende des Kalten Krieges: 1987 unterzeichneten die Sowjetunion und die USA den INF-Vertrag. Bis dahin hatten sich die beiden Großmächte und ihre Verbündeten unversöhnlich gegenüber gestanden und ein Wettrüsten geliefert, das seinesgleichen suchte. Nun einigten sich die Kontrahenten, nukleare Mittelstreckenraketen radikal abzurüsten. Doch jetzt will die USA den Vertrag aufkündigen. Die Linke ist alarmiert und fordert in einem Antrag, die Bundesregierung möge sich gegen ein erneutes Wettrüsten einsetzen. Am 13. September wurde die Vorlage erstmalig vor dem Plenum debattiert.

Was steht im INF-Vertrag?

Der INF-Vertrag war nicht nur gut fürs politische Weltklima, sondern besonders auch für Deutschland: Die beiden deutschen Staaten (DDR und BRD) waren in den 1970er und 80er Jahren zum nuklearen Aufmarschgebiet der beiden Blöcke geworden. Die Sowjetunion hatte Atomraketen in der DDR stationiert, die USA in der Bundesrepublik. Ende der 80er einigten sich die Kontrahenten im INF-Vertrag, Atomraketen kürzerer und mittlerer Reichweite zu vernichten. Der Besitz, die Produktion und Flugtests mit ihnen wurden verboten, der Vertrag sollte für unbegrenzte Zeit gelten. Nun will US-Präsident Trump den Vertrag kündigen. Doch auch Russland, als Rechtsnachfolger und Atomwaffenerbe der Sowjetunion, ist nicht ganz unschuldig an der Entwicklung. Der Meinung sind alle Fraktionen bis auf die Linke.

Was die Linke fordert

Die Linke will die Bundesregierung dazu bewegen, die USA zum Verbleib in diesem Vertrag zu bewegen. Zugleich soll die Regierung gegenüber den USA öffentlich erklären, dass sie unter keinen Umständen einer Stationierung neuer US-Atomwaffen auf deutschem Territorium zustimmen werde. Außerdem soll Deutschland zusammen mit anderen europäischen Staaten in dem Konflikt zwischen Russland und den USA vermitteln. In seinem Redebeitrag vor dem Plenum ging Dr. Alexander S. Neu (Die Linke) auch auf den Vorwurf ein, Russland habe seinerseits gegen das Abkommen verstoßen. Der Bundesregierung warf er vor, sie verfüge "selbst über keine eigenen Erkenntnisse" zu möglichen russischen Verstößen, "unterstütze aber ganz kenntnisfrei die US-Version der Geschichte".

AfD fordert europäische Initiative

Auch Armin-Paulus Hampel (AfD ) meinte, er "erkenne immer nur eine Verurteilung Russlands". Indirekt gibt er aber zu, dass es jetzt schon russische Raketen gibt, die gegen das INF-Abkommen verstoßen. Er sagte, man müsse "den Russen anbieten: Wenn ihr die Mittelstreckenraketen wieder verschwinden lasst, dann werden wir keine in Europa aufbauen." Dazu fordert er eine europäische Initiative, wenn schon Russland und Amerika nicht miteinander reden.

Union sieht Schuld bei Russland

Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) erklärte, Russland hätte "ein neues System mit einer Reichweite über 2.000 Kilometern" entwickelt, "das bereits getestet ist und sich in der Einführung befindet". Die Amerikaner hätten hingegen "30-mal" versucht, über den Erhalt des INF zu reden, seien aber nicht ernst genommen worden. Einen Sonderverhandlungsweg Europas mit Russland hält Kiesewetter für falsch. Dennoch plädierte er dringend dafür, dass die Großmächte miteinander im Gespräch bleiben – und dass ein neuer Vertrag angestrebt wird, der auch China, Pakistan, Indien und Iran einbezieht. Denn diese Staaten, so der Abgeordnete, hätten Nuklearraketen und seien dem INF nie beigetreten.

SPD plädiert für Diplomatie

Weil es zum Zeitpunkt der Debatte schon reichlich spät war, hatten einige Redner angeboten, ihre Reden zu Protokoll zu geben, um die Sitzung nicht bis in die frühen Morgenstunden zu verlängern. So zum Beispiel Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), der den Zwist über den INF-Vertrag "besorgniserregend" und "traurig" nannte. Er bezeichnet den Vertrag als "leuchtendes Beispiel dafür, dass sich Diplomatie lohnt". Diesen beschwerlichen Weg müsse man nun wieder gehen. Der Linken warf er vor, dass sie sich nicht entscheiden kann, was sie eigentlich will: "Eskalation und Alleingänge im Stile Trumps oder zielführende Diplomatie".

FDP ruft Bundesregierung zum Handeln auf

Ulrich Lechte (FDP), dessen Rede ebenfalls schriftlich vorliegt, wirft der Bundesregierung vor, dass sie "ihrer Verantwortung als einer der wichtigen Akteure auf dem internationalen diplomatischen Parkett nicht gerecht wird". Schon der vorherige US-Präsidenten Obama hätte Russland vorgeworfen, dass es gegen den INF-Vertrag verstoße. Der Bundestag hätte deshalb die Bundesregierung schon einmal beauftragt, neue Verhandlungen in Gang zu bringen, passiert sei aber nichts. Das müsse die Regierung nun dringend nachholen. Lechte erklärte außerdem ziemlich detailliert, warum eigentlich die Russen an der Krise Schuld seien.

Grüne: In Verhandlungen bleiben

Im Redebeitrag von Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) heißt es: Gerade wenn Russlands neues Raketenprogramm tatsächlich gegen den Vertrag verstoße, sei es wichtig, in Verhandlungen zu bleiben und nicht auf Konfrontationskurs zu gehen. Sie vermutet, dass die russischen Raketen vielleicht gar nicht so sehr gegen Europa gerichtet sind, sondern eher eine Absicherung gegen chinesische Mittelstreckenraketen darstellen. Sie forderte, dass "die Europäer" sich viel selbstbewusster in die Verhandlungen einbringen müssten, denn sie seien ja schließlich in Reichweite der russischen Raketen. Das Territorium der USA ist es eher nicht.

(DBT/ah)

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