6 Fraktionsvorsitzende zu ... Chef sein, Wahlkampf und Glücksmomente
Der aktuelle Bundestag ist bald Geschichte, sie saßen auf wichtigen Posten: diese (Co-)Chefs der sechs Fraktionen. Welche Glücksmomente gab es, wie hält man die Reihen geschlossen und wie sieht ihr Sommer aus?
Ralph Brinkhaus (CDU/CSU)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Mein persönlich schönster Moment war als ich zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde.
Fraktionsvorsitzender zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
Mit vielen Gesprächen und frühzeitiger Einbindung.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl!
Es wird spannend.
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Auf meiner Sommertour besuche ich viele Kollegen in ganz verschiedenen Orten in Deutschland, um über unsere Politik zu sprechen.
Rolf Mützenich (SPD)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Einer der schönsten Momente in den letzten vier Jahren war die sehr schöne Feier zu meinem 60. Geburtstag mit all meinen Freunden am Kölner Rheinufer.
Meine Tränen sind Privatsache und sollten dies auch bleiben.
Fraktionsvorsitzender zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
Durch Argumente, Reden und Überzeugen. Dies gelingt aber nicht immer und in allen Fällen. Denn nach wie vor gilt: Jeder Abgeordnete ist frei gewählt und nur seinem Gewissen verpflichtet.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl!
Meine Erwartung an die Bundestagswahl ist, dass sich die Wählerinnen und Wähler mit der Frage auseinandersetzen, wie und durch wen die Herausforderungen dieses Jahrzehnts am besten bewältigt werden können.
Nach der Bundestagswahl müssen die Weichen gestellt werden, damit Deutschland weiterhin als starkes und sozial gerechtes Land in der Welt bestehen kann. Dabei müssen wir für eine nachhaltige Klimapolitik sorgen, die das Soziale nicht vernachlässigt. Vom ersten Tag an müssen dazu im Kanzleramt mit Erfahrung und Kompetenz die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Wir müssen die Schäden der schrecklichen Unwetterkatastrophe schnell und unbürokratisch in den Griff bekommen und den Opfern helfen und beistehen.
Durch die erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie und die fortschreitenden Impfungen erhoffe ich mir neue Freiheiten für alle Bürgerinnen und Bürger des Landes. Darauf freue ich mich auch persönlich.
Alice Weidel (AfD)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Wenn die Bürger sich bei uns bedanken, weil wir als einzige unbequeme Wahrheiten aussprechen und Missstände kritisieren, die sich keiner sonst anzusprechen traut – das macht schon stolz, da weiß ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Richtig sauer werde ich, wenn Regierungspolitiker versuchen, das Parlament auszutricksen oder wenn sie die Bürger täuschen und grundlos Panik schüren, um ihre Macht auszuweiten und Dinge durchzusetzen, die einfach nicht in Ordnung sind.
Fraktionsvorsitzende zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
Jeder von uns ist zum ersten Mal im Deutschen Bundestag, wir haben alle viel lernen müssen in den letzten vier Jahren. Wir sind eine Truppe von Individualisten und Idealisten, aber uns verbindet ein gemeinsames Ziel: Wir wollen etwas zum Besseren verändern in Deutschland. Das lässt uns zusammenhalten und hilft, Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten zu überwinden. Die Erfolge, die wir zusammen erreicht haben, motivieren uns zusätzlich.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl.
Das wird eine Schicksalswahl, die uns alle betrifft. Es geht nicht nur darum, wer Deutschland in den nächsten Jahren regiert. Es geht vor allem darum, ob Freiheit, Recht und Normalität wieder in unser Leben zurückkommen. Deshalb: Wählen gehen – es kommt auf jeden Einzelnen an!
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Wahlkampf, Wahlkampf, Wahlkampf – jede Gelegenheit nutzen, um das Gespräch mit den Bürgern zu suchen. Und dazwischen: Jede Möglichkeit nutzen, um Zeit mit der Familie zu verbringen und für sie da zu sein.
Christian Lindner (FDP)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Der schönste Moment war für mich direkt 2017 zu Beginn der Wahlperiode der Wiedereinzug der Freien Demokraten in den Deutschen Bundestag. Nach vier herausfordernden Jahren, in denen es keine liberale Stimme im Parlament gab, war das ein tolles Gefühl.
Bewegende Momente gab es aber natürlich viele – im Guten wie im Schlechten. Nach der jüngsten Flutkatastrophe war ich in meinem Wahlkreis in Leichlingen. Ich habe dort die enormen Verwüstungen in meiner eigenen Heimat gesehen, aber auch die Hilfsbereitschaft der Menschen erlebt. Das hat mich sehr berührt.
Fraktionsvorsitzender zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
So hart ist das gar nicht. Unsere Fraktion hat 80 starke Köpfe mit unglaublich vielen guten Ideen. Wenn es dann mal unterschiedliche Ansätze gibt, wird auch gerne leidenschaftlich diskutiert und gerungen. Am Ende gibt es aber immer den Willen, an einem Strang zu ziehen. Dass wir nun stark und geschlossen in die Bundestagswahl gehen, ist also eine großartige Teamleistung. Dieses Team in den letzten vier Jahren zu führen, war eine wunderbare Erfahrung.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl!
Moderner, digitaler und freier. Das ist zumindest mein Wunsch, wie sich Deutschland mit neuen Mehrheiten im Parlament entwickeln sollte. Dafür braucht es aber starke Freie Demokraten in der nächsten Bundesregierung.
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Das Parlament geht in die Sommerpause, aber natürlich werde ich – genauso wie meine Kollegen – viel im Bundestagswahlkampf unterwegs sein und für die Ideen der FDP werben. Das wird ein Marathonlauf. Aber es begeistert mich immer wieder, mit den Menschen vor Ort zu sprechen, zu diskutieren und den einen oder anderen von unseren Positionen zu überzeugen.
Zwischendurch muss man aber auch mal den Kopf frei bekommen. Ein paar Tage geht es deshalb nochmal wandern. Darauf freue ich mich schon, denn ich finde es immer wieder schön, in der Natur zu sein. Und es gibt Kraft für den Wahlkampfendspurt.
Amira Mohamed Ali (Die Linke)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Der schönste und aufregendste Moment war für mich die Wahl zur Fraktionsvorsitzenden.
Tränen in die Augen bekomme ich vor Wut, wenn ich die Ungerührtheit vieler Politiker gegenüber Leid und Ungerechtigkeit sehe. Wenn Innenminister Horst Seehofer zum Beispiel darüber scherzt, dass an seinem 69. Geburtstag 69 Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden sind (Anm. d. Red.: Das war 2018.). Wenn sich die Bundesregierung an Kriegen beteiligt und sich nach dem Ende des Afghanistan-Einsatzes – den Die Linke abgelehnt hat – nicht einmal angemessen um die Sicherheit der Einheimischen kümmert, die bei der Bundeswehr beschäftigt waren.
Fraktionsvorsitzende zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
Ich finde den Begriff Abweichler schwierig. Denn unterschiedliche Meinungen in einer Fraktion sind völlig normal und auch überhaupt kein Problem. Entscheidend ist, dass man respektvoll miteinander umgeht und immer vor Augen hat, dass einen viel mehr verbindet als trennt. Wir sind im Bundestag, um die Interessen derjenigen zu vertreten, die uns gewählt haben, und wollen gemeinsam die soziale Spaltung in diesem Land verringern.
Deshalb machen wir uns stark für gute Löhne und Renten, ein besseres Bildungssystem und ein Gesundheits- und Pflegesystem, das alle unabhängig vom Geldbeutel gut versorgt. Wir wollen, dass Steuergelder nicht für mehr Rüstung ausgegeben werden, sondern für wirksamen Klimaschutz und den dringend notwendigen sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft. Das ist eine starke gemeinsame Basis.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl!
Solidarität statt Ellenbogen.
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Spannend. Ich werde im Wahlkampf viel im ganzen Land unterwegs sein. Das ist zwar anstrengend, macht aber auch viel Spaß. Ich bin froh, dass endlich wieder mehr direkter Kontakt möglich ist, und freue mich auf die Wahlkampftermine und die Gespräche mit den Wählerinnen und Wählern. Die Wahl ist extrem wichtig, denn das Land muss dringend wieder sozialer und gerechter werden.
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen)
Was war Ihr persönlich schönster Moment in den vergangenen vier Jahren? Was treibt Ihnen die Tränen in die Augen?
Der schönste Moment ist noch gar nicht so lange her. Vor wenigen Wochen hat das Bundesverfassungsgericht zu einer Klage junger Menschen zum Klimaschutz ein wegweisendes Urteil gesprochen. Es besagt, dass unsere Freiheit heute nicht zukünftige Generationen schädigen darf. Wir müssen also heute beim Klimaschutz deutlich nachbessern, um die Freiheit unserer Kinder und Enkel zu schützen. Das war ein Moment, der mich sehr berührt hat, denn das Urteil verpflichtet uns, heute Verantwortung für morgen zu übernehmen. Darin steckt für mich der Kern politischen Handelns.
Fraktionsvorsitzende zu sein ist sicherlich ein harter Job – wie schafft man es, trotz Abweichler die Truppe zusammenzuhalten?
Gemeinsame Ziele, gemeinsame Werte und Visionen helfen dabei: ein Deutschland, in dem niemand aufgrund seiner Herkunft, seiner Hautfarbe, seiner Identität oder seiner Sexualität benachteiligt wird, in dem wir unseren Planeten schützen und eine Politik machen, die für die Menschen da ist und alle im Blick hat. Das schafft Zusammenhalt, auch in der eigenen Truppe. Dass die individuellen Wege dorthin manchmal unterschiedlich sind, ist ganz natürlich bei so vielen Abgeordneten – und auch eine große Stärke unserer Fraktion.
Denn gute Politik wird gemacht, indem unterschiedliche Ideen gegeneinander abgewogen werden und um die besten Argumente gerungen wird. Daraus entsteht eine lebendige Debattenkultur, die uns am Ende alle der besten Lösung näherbringt.
Beschreiben Sie bitte in drei Worten Ihre Erwartungen an die Bundestagswahl!
Klimaschutz, Zusammenhalt, Richtungsentscheidung!
Wie sieht Ihr Sommer dieses Jahr aus?
Dieser Sommer steht ganz im Zeichen der Bundestagswahl. Ich werde viel in Deutschland unterwegs sein und mit unterschiedlichsten Menschen darüber sprechen, wie unsere grünen Ideen für eine bessere Zukunft aussehen. Die Bundestagswahl im Herbst ist eine Richtungsentscheidung: Machen wir weiter wie bisher oder setzen wir endlich alles daran, die Klimakrise aufzuhalten und die Klimaziele einzuhalten? Wir Grünen haben hier gute Vorschläge. Diesen Sommer wird es darum gehen, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger im Gespräch davon zu überzeugen.
(loh)