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Pro und Contra Brauchen wir eine Frauen-Quote?

Mehr Frauen in den Bundestag - aber wie? Über eine Quoten-Regel? Daniel findet die Idee gut, Laura nicht.

Daumen-hoch-Zeichen und Daumen-runter-Zeichen, dazu die Fotos zweier Autoren.

Kann man Gleichberechtigung in der Politik per Gesetz erreichen? mitmischen-Autoren diskutieren. © shutterstock.om/Roman Bykhalets

Pro

Daniel (23): Gegen Männerbünde vorgehen

Die Hälfte der Bevölkerung besteht aus Frauen. Ist es dann nicht auch fair, wenn sie die Hälfte der wichtigen Posten bekommen? Das diskutierte der Deutsche Bundestag 2014. Das Parlament beschloss das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“. Von nun an sollten Frauen etwa bei an der Börse notierten Unternehmen gefördert werden, damit sie Leitungsposten erhalten – also sehr, sehr rare und unvorstellbar hoch bezahlte Stellen.

Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber wir müssen noch weiter gehen und Gleichberechtigung über Börsenunternehmen hinaus in die Parlamente denken.

Zu wenig Frauen auf Vorstandsposten

Blicken wir zunächst jedoch auf die Wirtschaft. Die durch das Gesetzt geforderten 30 Prozent an Frauen in Vorstandspositionen konnten bisher nicht erreicht werden. In den 160 deutschen Unternehmen, die an der Börse notiert sind, gibt es lediglich einen Frauenanteil von 13 Prozent. Dabei zeigen Studien, dass Frauen in Führungspositionen in einem direkten Zusammenhang zu mehr Gewinn stehen.

Wie kann es also sein, dass so wenige Frauen auf Vorstandsposten sitzen? Wohl kaum, weil es nicht genug qualifizierte Frauen gibt. Knapp jede dritte Frau zwischen 30 und 34 hat einen Hochschulabschluss – damit haben sie die Männer überholt. Warum übersetzt sich dieser Erfolg nicht auf den Arbeitsmarkt oder die Parlamente?

Männer unterstützen Männer

Leider gibt es in Wirtschaft und Politik männerdominierte Strukturen. Es sind Männer, die beim Rauchen draußen oder in exklusiven Männerclubs Entscheidungen treffen. Dort finden wir, was sich „homosoziales Verhalten“ nennt. Das heißt, dass Männer lieber mit Männern abhängen und Geschäfte machen. Frauen haben strukturell weder Zugang zu diesen Kreisen, noch werden sie von Männern gefördert. Es sind Männer, die sich andere Männer aussuchen, um sie zu unterstützen und auf lukrative Posten zu heben.

Daher brauchen wir Gesetze, die alle, die aus diesen Männerbünden ausgeschlossen werden, auf dem Arbeitsmarkt und in der Politik fördern.

Frauen überwiegend im Niedriglohnsektor

Die Europäische Union (EU) beauftragt jedes Jahr die Messung der Geschlechtergerechtigkeit innerhalb der Mitgliedsstaaten. Staaten können zwischen 0 und 100 Punkten erreichen, wobei 0 keine Gleichberechtigung und 100 vollkommene Gleichberechtigung bedeutet. Deutschland war 2019 im Gender Equality Index mit 66,9 Punkten unter dem europäischen Durchschnitt.

Mädchen und Frauen haben in Deutschland zwar eine rechtliche Gleichstellung, doch laut EU-Gender Equality Bericht sind Frauen am deutschen Arbeitsmarkt nach wie vor benachteiligt. Es gibt große Branchen-Unterschiede. Gerade der Niedriglohnsektor – also der Bereich, wo meist harte Arbeit nur sehr wenig Geld bringt – ist von Frauen dominiert. Die Bereiche, die viel Geld oder Ansehen bringen, sind nach wie vor von Männern dominiert. So sind zum Beispiel nur 24 Prozent aller Professuren in Deutschland von Frauen besetzt – obwohl die Anzahl der promovierten Frauen die der Männer übersteigt.

Männer entscheiden über Frauen

Auch wenn wir mit Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Frau an der Spitze Deutschlands haben heißt das noch nicht, ist Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht. Es sind nach wie vor meist Frauen, die Arbeiten machen, auf die Männer keine Lust haben – wie Putzen, Kinder erziehen oder Pflegen. Männer hingegen verdienen selbst im gleichen Beruf in der gleichen Branche mehr – das wird Gender Pay Gap genannt.

Kommen wir jetzt zu den Parlamenten: Am Ende des Tages sind es auch überwiegend Männer, die politisch in den Parlamenten über Frauen entscheiden. Wenn wir nicht mehr Frauen in unseren Parlamenten haben, werden Frauenthemen zu wenig angesprochen oder überhaupt mitgedacht.

Das Frau-Sein verleiht einem zwar nicht per se das Recht und die Kompetenz, kollektive Interessen im Sinne aller Frauen zu vertreten. Aber mehr Frauen in entsprechenden Positionen stellten ein Gegengewicht zum Status Quo dar. Daher ist es notwendig, mit staatlich kontrollierten Mechanismen wie der Geschlechterquote zu arbeiten. In den Parlamenten und überall sonst.

Contra

Laura (19): Es gibt bessere Mittel

In unserer Demokratie entscheiden die Bürgerinnen und Bürger in freier, geheimer, allgemeiner, unmittelbarer und gleicher Wahl, wer Teil der Parlamente wird – sei es im Bundestag oder in einem der Landtage.

Das ist kein Garant dafür, dass jeder Mensch in allen seinen Eigenschaften von jemandem vertreten wird, der genauso ist wie er. So sind Menschen mit Migrationshintergrund, junge Menschen, bestimmte Berufsgruppen und eben auch Frauen unterrepräsentiert.

Quote ist keine Lösung

Eine Quote kann aber keine Lösung für dieses Problem sein, denn der Bundestag ist eine Volksvertretung, die das gesamte Volk vertreten soll, und er sollte keinesfalls mit Hilfe künstlicher Quoten zustandekommen.

Bei der Bundestagswahl sollten alle Kandidatinnen und Kandidaten die gleichen Chancen haben, gewählt zu werden. Eine Frauenquote könnte die Chancengleichheit – ein wichtiger Grundpfeiler unserer Gesellschaft – allerdings verfälschen.

Wenn die Mehrheit Männer will...

Zudem würde eine Quoten-Regelung dem Demokratie-Prinzip widersprechen. Dieses besagt, dass die Macht beim Volk liegt und dieses als Souverän nach dem Mehrheitsprinzip entscheidet. Und wenn die Mehrheit sich für mehr Männer im Parlament entscheidet, dann müssen wir das akzeptieren.

Übrigens würde man auch den Parteien die Freiheit nehmen, zu entscheiden, wen sie aufstellen wollen. Die Entscheidung, Frauen für ein Mandat aufzustellen, ist nämlich auch eine programmatische und sagt etwas darüber aus, wie die jeweilige Partei Politik macht und mit Frauen umgeht.

„Der oder die Bessere gewinnt“

Dass der Frauen-Anteil im Bundestag aktuell nur 31 Prozent beträgt, ist ein Problem. Es lässt sich aber nicht von oben lösen. Vielmehr müssen junge Frauen ermutigt werden, politisch aktiv zu werden und sich für ein Bundestagsmandat aufstellen zu lassen. Es braucht mehr „female empowerment“ statt rechtlicher Vorgaben. Dann würden auch mehr Frauen das Selbstbewusstsein besitzen, sich innerhalb einer Partei durchzusetzen und gegen die – so sagt es zumindest das Klischee – älteren, erfahreneren und natürlich männlichen Kollegen zu gewinnen.

Die Frauen, die im Bundestag sind, haben das, zumindest wenn sie in einer Partei ohne Frauenquote sind, meist aus eigener Kraft geschafft. Ihre persönliche Leistung führte diese Frauen zum Erfolg.

Dieses Leistungsprinzip ist einer der Grundpfeiler unseres westlichen Wertesystems – sei es in der Wirtschaft, im Privaten oder eben auch in der Politik. „Der oder die Bessere gewinnt“ ist das Motto. Eine Frauenquote, egal ob für den Bundestag oder für Aufsichtsräte, würde das ganze System untergraben.

Eine Gefahr besteht auch darin, dass es nicht mehr um Inhalte oder die Eigenschaften einer Person geht, sondern nur noch rein um die Quote. Sogenannte Quotenfrauen wären dann keine Seltenheit mehr. Männer schaffen es auch durch ihre Leistung, unterstützt von ihrem Geschlecht, aufzufallen. Frauen diesen Aufstieg aus eigener Kraft zu verwehren, wäre falsch.

Was ist mit Menschen mit Migrationshintergrund oder Behinderung?

Es gibt wie gesagt auch andere Gruppen, die im Bundestag unterrepräsentiert sind: Personen mit Migrationshintergrund, queere Menschen und Menschen mit einer Behinderung, um nur ein paar zu nennen. Man kann nicht für jede Eigenschaft eine Quote einführen.

Wie können wir das Problem also angehen, wenn nicht über eine Quote? Indem wir Frauen bestärken, politische Ämter anzunehmen. Indem wir die Gesellschaft für das Ungleichgewicht im Bundestag sensibilisieren. Und indem wir die Gleichberechtigung bei der Kindererziehung, bei der Bezahlung von Mitarbeitern und bei der Darstellung der Geschlechter in der Werbung ernstnehmen. Es gibt bessere und effektivere Mittel als eine Frauenquote für den Bundestag, um Gleichberechtigung zu erreichen.

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