Fußball Was tun gegen extreme Parolen im Stadion?
Lara Schwalb
"Ihr Juden", "Ihr Zigeuner": Bei Fußball-Spielen kommt es immer wieder zu rassistischen und diskriminierenden Anfeindungen. Experten haben viele Ideen, was die Politik gegen rechtsextreme Tendenzen im Fußball tun kann.
Fans der gegnerischen Mannschaft werden als „Juden“, Schiedsrichter als „Zigeuner“ beschimpft – so etwas kommt in deutschen Fußball-Stadien immer wieder vor. Es gibt zwar aktive Fan-Projekte, die gegen antisemitische und rassistische Äußerungen im Fußball vorgehen. Trotzdem gelingt es Hooligans und Ultras immer noch, beleidigende Parolen ins Stadion zu bringen.
Mit diesem Problem beschäftigte sich kürzlich der Sportausschuss des Bundestages. Er hatte Anfang März Experten zu einer Anhörung eingeladen. Diese betonten, dass sozialpädagogische Fan-Projektarbeit ein Schlüssel zur Lösung des Problems sein kann.
Was genau geht in der Fußball-Szene vor sich?
Wichtig ist, zwischen Amateur-Fußball auf dem heimischen Sportplatz und Profi-Fußball der Bundesliga zu unterscheiden. Anfeindungen sind in unteren Ligen nämlich meist persönlich und gegen einzelne Personen gerichtet. In den großen Stadien dagegen werden gezielt bestimmte gesellschaftliche Gruppen angefeindet.
Vor allem rechtsextreme Gruppierungen versuchen, Fußball-Fans auf ihre Seite zu ziehen. Stark betroffen sind davon besonders Jugendliche, denn die halten sich größtenteils in den Fankurven der Vereine auf. Die Experten im Sportausschuss betonten, dass einige Hooligans bereits aktiv im rechtsextremen Spektrum mitwirkten.
Was man allerdings auch klar dazu sagen muss: Die meisten Fußballfans haben keine extreme Orientierung. Nach Angaben der Polizei sind von allen „Gewalttätern Sport“, also von denen, die für Unruhen bei Fußballspielen gesorgt haben, 2,5 Prozent (in Zahlen: 240 Menschen) dem rechtsorientierten und 1,4 Prozent (130 Personen) dem linksorientierten Spektrum zugehörig. Und natürlich sieht es in den Fan-Szenen verschiedener Vereine auch sehr unterschiedlich aus.
Was wird gegen Extremismus im Fußball getan?
Tatsächlich gibt es in Deutschland bereits viele Maßnahmen, die gegen Anfeindungen in Fußball-Stadien vorgehen. Der Deutsche Fußballbund (DFB) hat vor allem mit seiner bundesweiten Aktion „Zeig Rassismus die rote Karte“ Aufmerksamkeit geschaffen. Damit spricht sich der DFB klar gegen Rassismus und Diskriminierung aus.
Auch der europäische Fußballverband UEFA setzt sich für mehr Toleranz ein. So hat man auf europäischer Ebene die sogenannte „Drei-Stufen-Regelung“ entwickelt. Sie gibt vor, wie sich Schiedsrichter und Verantwortliche bei diskriminierenden Vorfällen verhalten sollen. Die letzte Stufe kann sogar zum Spielabbruch führen.
Einen Großteil der Gegenmaßnahmen machen aber die Fanprojekte der einzelnen Vereine aus. In Deutschland gibt es 61 davon, fast jeder etwas größere Verein hat ein eigenes Programm. Sie helfen dabei, Vorurteile, Feindbilder und extremistische Orientierungen in den Reihen der Fans abzubauen.
Ein gutes Beispiel ist das Fan-Projekt Dortmund. In Dortmund war in den 1980er und 1990er Jahren eine große rechtsextreme Szene in den Reihen der Fans anzutreffen. Heute findet man hier eine vielfältige Fan-Szene, die für Toleranz und Akzeptanz steht.
Was kann man noch besser machen?
Um rechtsextreme oder generell extreme Anfeindungen während Fußballspielen weiter zu reduzieren, müsse mehr in die Fan-Arbeit der Vereine investiert werden, darüber waren sich die Experten im Ausschuss einig.
Dabei müssten Vereine mit den Spielern, den Fan-Beauftragten und den Fan-Gruppen eng zusammenarbeiten. Die Experten wiesen darauf hin, dass jene Fans unterstützt werden müssten, die Signale an die Vereine gesendet und die Initiative im Kampf gegen den Extremismus ergriffen hätten.
Sie schlugen aber auch vor, den Zusammenhang zwischen Kampfsport und Fußball(-fans) aufzuarbeiten. Kampfaktivitäten in Sportclubs oder Fitnessstudios seien in Deutschland kaum reguliert und daher eine Bühne für rechtsextreme Gruppierungen. Es müsse verhindert werden, dass sich dies auf die Hooligan- und Ultra-Szene ausweitet.
Des Weiteren sollten die Rechte für Sozialarbeiter und Sozialarbeiterinnen erweitert werden, damit diese aktiver in den Fan-Szenen arbeiten könnten. Auf der Ebene des Amateur-Fußballs sollten mehr Anlaufstellen geschaffen werden, die beratend im Umgang mit Anfeindungen auf und neben dem Spielfeld zur Seite stehen.
Alles in allem waren sich die Experten einig, dass Rechtsextremismus nicht allein ein Problem des Fußballs sei, sondern „ein Problem der gesamten Gesellschaft“, gegen das man vorgehen müsse.
Hier könnt ihr euch die Anhörung anschauen:
Lara Schwalb
ist 20, lebt in Freiburg in Baden-Württemberg und studiert dort Politikwissenschaften und VWL.