Freizeit in Corona-Zeiten Beach-Partys und digitale Zeltlager
Die Corona-Pandemie verändert die Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche. Die Kinderkommission des Bundestages wollte von Experten wissen, wie genau.
Ob im Jugendzentrum, auf dem Skaterplatz oder einem Workcamp: Angebote von Sozial- und Bildungsträgern ermöglichen vielen Jugendlichen eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung. Seit März 2020 ist allerdings das so genannte Social Distancing angesagt, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Das hat Einfluss auf die Freizeitangebote der Träger, bei denen der direkte Kontakt ganz wichtig ist.
Die Kinderkommission des Bundestages wollte wissen, wie die Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen durch die Corona-Maßnahmen beeinflusst wurde. Deshalb hatte sie kürzlich drei Experten eingeladen. Unter dem Titel „Der Freizeitbereich macht dicht“ sollten sie ihre Meinung äußern.
„Man vereinsamt“
Lisi Maier vom Deutschen Bundesjugendring erläuterte, wie schwer die Corona-Pandemie Kinder und Jugendliche treffen würde. Besonders hart seien für junge Menschen die Kontaktbeschränkungen. Dies zeige auch eine Studie der Universitäten Frankfurt und Hildesheim.
Die so genannte JuCo-Studie wollte herausfinden, wie die Corona-Maßnahmen junge Menschen ab 15 Jahren beeinflussen. „Von jetzt auf gleich nicht mehr raus zu dürfen und seine Freunde nicht mehr sehen zu können ist eine Zumutung“, wird ein Jugendlicher in der Studie zitiert. „Man vereinsamt regelrecht, obwohl die Familie da ist“.
Laut Maier steht diese Aussage stellvertretend für das Empfinden von Millionen Kindern und Jugendlichen. Bemerkenswerterweise hätten sie sich aber weitestgehend bereitwillig an die Regeln gehalten und hätten ihr Sozialleben online verbracht. „Nach Aufhebung der Maßnahmen war dann aber plötzlich niemand mehr online“, sagte Maier. „Das Bedürfnis, mit Freunden raus an den See zu gehen, war größer, als Freunde in digitalen Räumen zu treffen“.
„Wird es eine vernünftige nächste Saison geben?“
Gunter Schinke, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Kindererholungszentren Deutschland (BAG KiEZ), erläuterte, für die Jugendarbeit seines Verbandes würden die Auswirkungen der Corona-Pandemie „tiefe Einschnitte“ bedeuten. Während man 2019 noch 180.000 Kinder zusammenbringen konnte, seien die Zahlen für 2020 um rund 80 Prozent eingebrochen.
Er fürchtet sich davor, wie es weitergeht: „Was passiert ab dem 1.Januar 2021? Was passiert, wenn die nächste Saison wieder losgeht? Wird es überhaupt eine vernünftige nächste Saison geben?“, fragte Schinke in der Anhörung. Er warnte davor, dass gemeinnützige Vereine und Kindereinrichtungen verschwinden könnten und forderte finanzielle Hilfen des Staates. Wenn Freizeiteinrichtungen für Jugendliche „einmal verschwinden, werden sie vermutlich nie wieder öffnen“, sagte er.
"Freizeitbereich nicht dichtgemacht"
Anke Miebach-Stiens, die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen, widersprach dem Titel der Anhörung. Sie sei überzeugt, „dass die Praxis überhaupt nicht unterschreiben würde, dass die offene Kinder- und Jugendarbeit dicht gemacht hat“. Das Gegenteil sei eher der Fall. Die Verbände hätten sich untereinander schnell digital vernetzt und neue Kontakt- und Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Menschen geschaffen.
Auch Lisi Maier berichtete von kreativen Lösungen wie Beach Partys oder digitalen Zeltlagern. Ein Problem seien aber die „irre großen Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern“ gewesen. Maier berichtete von einer Jugendgruppe, die in Schleswig-Holstein zusammen ein Ferienlager besuchen, aber nicht gemeinsam im Bus aus Hamburg anreisen durfte.
Die ganze Anhörung könnt ihr im Video anschauen: