Vor 60 Jahren Bau der Berliner Mauer
Eric Matt
Heute vor 60 Jahren begann der Bau der Berliner Mauer, die Deutschland in zwei Teile aufspaltete. Warum eine Mauer inmitten eines Landes? Wie kam es dazu und wie reagierten der damalige Bundestag und die Bundesregierung darauf?
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, versicherte noch am 15. Juni 1961 der maßgebliche Politiker der DDR (Deutsche Demokratische Republik): Walter Ulbricht. Der war damals SED-Chef, SED steht für Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), sie war die herrschende Staatspartei der DDR.
Es war eine glatte Lüge: Am 13. August 1961 schloss die DDR die Grenzen nach Westdeutschland – der Bau der sogenannten Berliner Mauer begann. Die Herrschenden wollten die Einwohnerinnen und Einwohner ihres Landes dran hindern, die DDR zu verlassen. Viele flohen zu diesem Zeitpunkt schon Richtung Westen. Die Mauer riss Freunde, Verwandte und Familien auseinander und spaltete nicht nur Deutschland, sondern die gesamte Welt in Ost und West. Doch wie sollte die Bundesrepublik Deutschland darauf reagieren?
Diese Frage debattierten die damaligen Abgeordneten des Deutschen Bundestages fünf Tage später. Obwohl sich das Parlament in der regulären Sommerpause befand, traf es sich am 18. August 1961 zu einer außerordentlichen Sitzung – und zwar in Bonn, der damaligen Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland.
Mitten im Wahlkampf
In den frühen Morgenstunden des 13. August 1961 riegelten rund 10.000 Volks- und Grenzpolizisten der DDR den Übergang zu Westberlin ab. Sie rissen das Straßenpflaster auf, errichteten Barrikaden und Betonpfähle und sicherten diese mit Stacheldraht ab. Auch die Bahnverbindungen wurden unterbrochen, bis auf 13 Kontrollstellen schloss die DDR an diesem Tag alle Übergänge zwischen West- und Ost-Berlin. Nach Jahren der Anspannung wurde die Teilung der Welt – im wahrsten Sinne des Wortes – zementiert.
Zum diesem Zeitpunkt waren die damaligen Abgeordneten mitten im Wahlkampf für die nächste Bundestagswahl, die am 17. September 1961 stattfinden sollte. Aufgrund der Ereignisse kam es zur außerordentlichen Sitzung in Bonn – der damaligen Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland. Übrigens: Im Jahre 1961 gab es im Deutschen Bundestag nur drei Fraktionen: die CDU/CSU, die SPD und die FDP. Doch was sagten deren Mitglieder zum Bau der Mauer?
Konrad Adenauer (CDU): „Politische Bankrotterklärung“
Als Erstes ging der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) zum Rednerpult. Die Bundesregierung nehme den Mauerbau „mit Abscheu zur Kenntnis“, sagte er. Zum Ende seiner Rede versuchte Adenauer, den Menschen aus der DDR Hoffnung zu machen: „Ich bitte unsere Brüder und Schwestern im Ostsektor von Berlin und in der Zone von Herzen: Geben Sie die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Sie und Ihre Kinder nicht auf.“
Willy Brandt (SPD): „Anschlag auf die westliche Gemeinschaft“
„Was zusammengehört, wird brutal zerschlagen“, erklärte Willy Brandt (SPD), der damals Regierender Bürgermeister von Berlin war. Brandt, der acht Jahre später selbst Bundeskanzler werden sollte, forderte die Vereinten Nationen auf, einzugreifen, um „die flagrante Verletzung der Menschenrechte international zu brandmarken“. Er sprach sich jedoch gegen militärische Drohungen aus, denn diese seien „eine Einladung für Ulbricht, die Politik der vollendeten Tatsachen fortzusetzen“.
Erich Mende (FDP)
Der damalige FDP-Fraktionsvorsitzende Erich Mende rief trotz der bevorstehenden Bundestagswahl zur überparteilichen Geschlossenheit auf. „Der 13. August dieses Jahres wird als schwarzer Tag in die Geschichte unseres Vaterlandes eingehen. Die Gemeinsamkeit, die in diesem Hause innerhalb der drei Fraktionen in der Berlin- und Deutschlandfrage erkennbar geworden ist, sollte auch außerhalb dieses Hauses in den nächsten Wochen und Monaten erkennbar sein“, so Mende.
Wie kam es zur Berliner Mauer?
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Berlin – sowie Gesamtdeutschland – in vier Besatzungszonen der Siegermächte aufgeteilt: die britische, amerikanische, französische und sowjetische Zone. Der Zweite Weltkrieg war kaum vorbei, schon kam es erneut zu Spannungen: der sogenannte Kalte Krieg zwischen dem West- und dem Ostblock, insbesondere zwischen den USA und der Sowjetunion (ein inzwischen zerfallener Staat, zu dem Russland gehörte). Der Begriff des "Kalten" Krieges wurde erschaffen, da die Konfrontation nur selten zu militärischer Gewalt führte – der Krieg also nur „kalt“ war und sich nicht entzündete.
Dennoch war der Kalte Krieg über mehrere Jahrzehnte hinweg ein Kampf zwischen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Systemen. Auf der Seite des Ostblocks wurde ein sozialistisches System gelebt, während der Westen auf Demokratie, Kapitalismus und die freie beziehungsweise soziale Marktwirtschaft setzte.
Die ehemalige Bundeshauptstadt Berlin war genau wie ganz Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Und so wurde die Stadt zum Hauptschauplatz des Kalten Krieges – denn auch hier kämpften Ost gegen West und die jeweiligen Besatzungsmächte wollten ihren Einfluss ausweiten. Durch die am 13. August 1961 errichtete Mauer wurde Berlin dann auch zum Symbol des Kalten Krieges - zum Symbol der Teilung der Welt.
Wenn ihr die gesamte Debatte vom 18. August 1961 lesen möchtet, dann schaut hier auf bundestag.de vorbei.
Eric Matt
... ist 22 Jahre alt und studiert an der Universität Konstanz Politik- und Verwaltungswissenschaften. Zurzeit macht er ein Auslandssemester in Israel.