Die Räume des Deutschen Bundestages Der Andachtsraum
Zur Ruhe kommen, sich besinnen, beten – diese Möglichkeit bietet der Andachtsraum im Reichstagsgebäude, der konzipiert ist für Abgeordnete aller Religionen.

Der Andachtsraum des Bundestages im Reichstagsgebäude. Die Kunstwerke sind von dem Düsseldorfer Künstler Günther Uecker © IMAGO / Fabian Matzerath
Ein grauer Quader aus sandgestrahltem Granit, darauf ein schlichtes Holzkreuz. 24 Holzstühle mit schmaler Sitzfläche und hohen Lehnen, ein schmuckloses Taufbecken und sechs rechteckige Kunstwerke mit unzähligen eingeschlagenen Nägeln, die an der Wand lehnen – der Andachtsraum des Deutschen Bundestages hat nichts von der Opulenz zahlreicher Altarräume. Er ist schlicht eingerichtet, kühl, es riecht nach Stein und Holz. Im vorderen Bereich – dort, wo der Granitaltar steht – fällt schwaches, indirektes Licht in den Raum. Von draußen hört man kaum etwas, höchstens das leise Rauschen des Verkehrs, der an der Südseite des Reichstagsgebäudes vorbeizieht.
In vier Reihen und auf den Altar ausgerichtet stehen 24 Holzstühle mit hohen Rückenlehnen. An den Wänden lehnen sieben mit Nägeln und Steinen behauene und mit Sand und Asche bedeckte Holzbildtafeln.

Der Andachtsraum befindet sich direkt gegenüber des Plenarsaals im Reichstagsgebäude und kann von den Abgeordneten für kurze Andachten genutzt werden. © picture alliance / dpa | Kathrin Streckenbach
Ein Raum für alle
Eine Kante im Boden zeigt nach Osten – also in Richtung Jerusalem und in Richtung Mekka, dem wichtigsten Pilgerort für Musliminnen und Muslime. Dies soll verdeutlichen: Der Andachtsraum im Bundestag steht allen Religionen offen. Er ist ein überkonfessioneller Raum der inneren Einkehr und Ruhe. Deshalb sind im Gebetsraum auch kaum religiöse Symbole zu finden. Gestaltet wurde der Raum von dem Düsseldorfer Künstler Günther Uecker im Jahr 1999, also in dem Jahr, in dem der Bundestag von Bonn nach Berlin umzog.

So sieht der Blick von oben aus, jedenfalls auf das Modell des Andachtsraums. © picture-alliance / ZB | Repro
Religion im Deutschen Bundestag
Auch als das Parlament noch in Bonn tagte, gab es für die Abgeordneten eine Möglichkeit zur Andacht. Der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, entschied 1949, dass eine Aufnahme der Glocken aus dem Kölner Dom im Parlament zum Gebet aufrufen sollte. Und auch heute noch können die Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Sitzungswochen an einer morgendlichen christlichen Andacht teilnehmen, die immer donnerstags und freitags um 8.40 Uhr stattfindet – also kurz vor Beginn des Plenums, das um 9 Uhr startet.

Auch als der Deutsche Bundestag noch in Bonn tagte, gab es einen Andachtsraum für die Abgeordneten. Auf diesem Foto ist eine Andacht im Jahr 1988 zu sehen. © IMAGO / bonn-sequenz