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Präsidentin Bärbel Bas „Alle sollen uns verstehen“

Laura Heyer

Bärbel Bas steht als neue Präsidentin an der Spitze des Bundestages. Warum sie eine andere Sprache in der Politik einfordert, das Wahlalter 16 befürwortet und was sie im Bundestag noch ändern will, erzählt sie hier.

Potrait Bärbel Bas

© phototek

Wie erging es Ihnen, als Sie von der Fraktion für das Amt der Bundestagspräsidentin vorgeschlagen wurden?

Ehrlich gesagt, war ich vollkommen überrascht. Aber als mich Rolf Mützenich, unser Fraktionsvorsitzender, ansprach und dann ein paar Tage später in aller Öffentlichkeit nominierte, hat mich das natürlich sehr gefreut.

Was erwarten Sie von Ihrem Amt?

Dass es mich fordert! Und mir die Chance gibt, viele Menschen, gerade auch Jüngere, für die Demokratie zu begeistern. Und dass ich dazu beitragen kann, die Verantwortung für unser Land gerecht auf Frauen und Männer zu verteilen. Tatsächlich bin ich seit 1949 erst die dritte Parlamentspräsidentin in der Bundesrepublik, nach Annemarie Renger und Rita Süssmuth. Das ist doch unglaublich! Frauen in herausgehobenen Positionen müssen künftig selbstverständlich werden. Darauf möchte ich hinwirken.

Als Bundestagspräsidentin leiten Sie Sitzungen, aber vertreten das Parlament auch bei zahlreichen Veranstaltungen. Die Augen hunderter Abgeordneter und Besucher sind auf Sie gerichtet. Wie bereiten Sie sich auf diese Aufgabe vor?

Ich bin seit 12 Jahren im Parlament und war vorher kommunalpolitisch aktiv. Politikmachen ist mir seit langem vertraut. Ich konnte seit 2009 beobachten, wie meine Amtsvorgänger gearbeitet haben. Sie haben ihren Job gut gemacht. Daran werde ich mich in der Sitzungsleitung orientieren. Aber natürlich wird mein Stil ein anderer sein, ich bin ja auch ein anderer Mensch.

Auf welche Erfahrungen können Sie zurückgreifen?

Ich war sechs Jahre Parlamentarische Geschäftsführerin und danach stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Das sind wichtige Ämter, in denen ich viel mit den Abläufen im Parlamentsbetrieb zu tun hatte. Hilfreich ist vor allem meine lange Berufstätigkeit vor der Politik. Ich habe dabei unterschiedliche Menschen kennengelernt und wertvolle Erfahrungen gemacht. Das wird mir in meinem neuen Amt nützlich sein, denn ich möchte deutlich machen: der Bundestag ist für die Bürgerinnen und Bürger da.

Als Präsidentin müssen Sie im Plenarsaal auch in heiklen Situationen die Ruhe bewahren. Welche Eigenschaften und Fähigkeiten sind für das Amt darüber hinaus notwendig?

Um sicherzustellen, dass im Plenarsaal Regeln eingehalten werden und es fair zugeht, braucht es Gelassenheit, aber auch Schlagfertigkeit, um auch in heiklen Situationen angemessen zu reagieren.

Können Sie das erklären?

Es braucht zum Beispiel klare Ansagen an jene, die provozieren oder gezielt gegen die Würde des Hohen Hauses verstoßen. Wer mich kennt, weiß, dass ich das Parlament immer verteidigen werde. Das gilt auch für das gesamte Präsidium. Aydan Özoğuz, Yvonne Magwas, Claudia Roth, Wolfgang Kubicki und Petra Pau ziehen mit mir an einem Strang.

Dürfen Sie als Präsidentin auch eigene Themen voranbringen? Welche sind Ihnen wichtig und wie gehen Sie sie an?

Was mir besonders am Herzen liegt? Ich möchte die Digitalisierung beschleunigen, mehr Barrierefreiheit erreichen und – auch im Bundestag selbst – die Vereinbarkeit von Familie und Politik verbessern. Vor allem will ich unser Parlament noch bürgernäher machen.

Auf welche Weise?

Indem ich zum Beispiel eine Sprache einfordere, die jeder Mann und jede Frau versteht. Wir Politiker benutzen oft Fachbegriffe oder Abkürzungen, die sich nicht selbst erklären. Hier müssen wir besser werden. Damit alle verstehen, warum und wie politische Entscheidungen getroffen werden.

Wo sehen Sie außerdem noch Verbesserungsbedarf?

Wir müssen unbedingt das weitere Anwachsen des Parlaments verhindern. Der Bundestag ist mit 735 Abgeordneten sehr groß. Regulär sollten es 598 sein. Dafür müssen die Fraktionen das komplizierte Wahlrecht ändern. Anordnen kann ich das nicht. Beharrlich dafür werben aber schon! Dazu bin ich fest entschlossen. Außerdem unterstütze ich die Absicht, junge Menschen politisch mehr „mitmischen“ zu lassen – durch Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

Mehr zu Bärbel Bas

Bärbel Bas ist 53 Jahre alt, kommt aus Duisburg in Nordrhein-Westfalen und ist seit 2009 Mitglied im Deutschen Bundestag. Sie hat eine Ausbildung zur Bürofachgehilfin gemacht und später ein Abendstudium zur Personalmanagement-Ökonomin absolviert. Seit dem 26. Oktober 2021 ist sie Präsidentin des Deutschen Bundestages.

(loh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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