Stimmzettel Wen oder was wählt man mit Erst- und Zweitstimme?
Naomi Webster-Grundl
Wer zur Bundestagswahl volljährig ist und die deutsche Staatsbürgerschaft hat, darf wählen. Aber warum hat man dabei eine Erst- und eine Zweitstimme? Und wen oder was wählt man mit diesen genau?
Der Deutsche Bundestag wird nach dem Prinzip der personalisierten Verhältniswahl gewählt. Jede Wählerin und jeder Wähler hat dabei zwei Stimmen: Die Erst- und die Zweitstimme.
Was wählt man mit der Erststimme?
Die Wahlberechtigten wählen mit ihrer Erststimme einen Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin aus ihrem Wahlkreis. Wer die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis erhält, ist Gewinner beziehungsweise Gewinnerin dieses Wahlkreises. Durch die Wahlrechtsreform 2023 ziehen diese Direktmandat-Gewinner aber nicht mehr zwingend in den Bundestag ein. Denn das gewonnene Direktmandat muss vom Zweitstimmenergebnis der jeweiligen Partei des Gewinners oder der Gewinnerin gedeckt sein. Es gibt keine Überhangs- und Ausgleichsmandate mehr.
…einmal bitte konkret
Das bedeutet: Wenn einer Partei durch die Zweitstimmen beispielsweise 48 Sitze im Bundestag zustehen, sie aber 50 Direktmandate gewinnt, dann ziehen nur die 48 Direktkandidaten mit den meisten Stimmen in den Bundestag ein. Im umgekehrten Fall, wenn also der Partei 50 Sitze zustehen und allen erfolgreichen Wahlkreisbewerbern ein Sitz zugeteilt wurde, würden die verbliebenen freien Sitze nach der Landesliste vergeben. Und damit sind wir bei der Zweitstimme.
Was wählt man mit der Zweitstimme?
Mit der Zweitstimme wählen die Wahlberechtigten eine Partei, die zuvor eine Landesliste mit Kandidatinnen und Kandidaten aufgestellt hat. Erhält eine Partei beispielsweise bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen, stehen ihr 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu. Die Zweitstimme ist also maßgebend für die Zusammensetzung des Bundestages, dessen Mitgliederzahl mit der Wahlrechtsreform aus dem Jahr 2023 auf 630 Sitze festgelegt wurde.
Was bedeutet die Fünf-Prozent-Hürde?
Durch die Fünf-Prozent-Hürde ziehen nur die Parteien in den Bundestag ein, die bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen erhalten. Das soll einer Zersplitterung des Parteiensystems entgegenwirken. Eine Ausnahme gibt es durch die Grundmandatsklausel, die besagt, dass eine Partei, die weniger als fünf Prozent der gesamten Zweitstimmen erhalten hat, in den Bundestag einzieht, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewonnen hat.