Debatte zu Glasgow Klima im Bundestag
Laura Heyer
Auf dem Weltklimagipfel in Glasgow berieten 196 Staaten über die Zukunft der Welt. Dabei ging es um Kohle, Autos und das 1,5-Grad-Ziel. Im Bundestag debattierten die Abgeordneten über die internationale Konferenz – und sparten nicht mit Kritik am Gegenüber.
„Ein großer Erfolg“, „enttäuschend“, „viele Fragen noch ungelöst“ – so lauten einige Kommentare zum 26. Weltklimagipfel im britischen Glasgow, der kürzlich zu Ende ging. Auch die allermeisten Abgeordneten des Deutschen Bundestages schauten in den vergangenen Wochen erwartungsvoll nach Großbritannien. Die CDU/CSU-Fraktion setzte die Klimakonferenz am 11. November auf die Tagesordnung des Bundestages. Das war drei Tage vor Ende des Gipfels.
Was sagen anerkannte Forscher?
Die Fakten sind inzwischen weitgehend bekannt: Die Erde wird wärmer. Seit Jahrzehnten messen Wissenschaftler die Temperatur der Luft und der Ozeane und stellen fest, dass die globale Durchschnittstemperatur steigt. Das Phänomen wird Klimawandel genannt.
Ist das der normale Lauf der Dinge? Nein. Seit rund drei Jahrzehnten belegen unabhängige Forscher, die weltweit ein hohes Ansehen bei anderen Forschern genießen, mit Daten in Studien: Die globale Erwärmung entsteht vor allem durch Verbrennung von Kohle, Öl und Erdgas. Man spricht also vom menschengemachten Klimawandel.
Wenn Kühe pupsen
Ursachen für die stetige Erwärmung der Erde sind demnach sogenannte Treibhausgase. Das sind insbesondere Kohlenstoffdioxid (CO2), das durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Öl entsteht, Methan und Distickstoffmonoxid. Kühe pupsen zum Beispiel Methan – durch Massentierhaltung kann auch das zu einer Belastung für die Umwelt werden.
Die Gase sammeln sich in der Atmosphäre und sorgen dafür, dass die Wärme der Erde nicht ins All entweichen kann. Bis zu einem gewissen Grad ist das super – so bleibt es warm auf der Erde. Ist aber zu viel Treibhausgas in der Luft, wird es langsam immer wärmer.
Das 1,5 Grad-Ziel
Viele Regierungen bemühen sich seit längerem um Lösungen. So beschlossen die Vereinten Nationen 1997 das sogenannte Kyoto-Protokoll, in dem sich die Staaten verpflichteten, gegen den Klimawandel vorzugehen. 2015 schlossen 195 Staaten das Klimaabkommen von Paris mit strengeren Zielen.
Die Idee: Die Erwärmung sollte auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter sinken; wenn möglich sollten es nur 1,5 Grad sein. Diese Zahl wird häufig als Richtwert genommen – nur dann, sagen weltweit angesehene Forscher, lassen sich die Folgen des Klimawandels wirklich verringern.
Was in Glasgow beschlossen wurde
Jetzt also die Weltklimakonferenz in Glasgow. Der Klimaschutz ist inzwischen in vielen Ländern in den Vordergrund gerückt. Aktivisten und Aktivistinnen wir Greta Thunberg oder Fridays for Future machen Druck auf die Regierungen. Der Nobelpreis für Physik ging 2021 an einen deutschen Forscher, der Modelle zur Prognose der Erderwärmung entwickelt hat.
Die wichtigsten Ergebnisse von Glasgow auf einen Blick:
Das 1,5-Grad-Ziel soll strenger eingehalten werden und wenn nötig sollen die Staaten in ihrer Politik bis zum Jahr 2030 nachzubessern.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden auch konkrete Klimaschutzmaßnahmen benannt, zum Beispiel das Ende der Subventionen (staatliche Zuschüsse) für fossile Brennstoffe wie Kohle. Die Staaten werden zur Abkehr von der Kohleverstromung aufgefordert.
Die Industrieländer haben sich geeinigt, daran zu arbeiten, jährlich 100 Milliarden für den Klimaschutz an ärmere Länder zu geben.
Die Regeln, die schon 2015 in Paris beschlossen wurden, sind in einem Regelbuch festgehalten. Dies wurde nun endgültig fertiggestellt und macht es leichter zu prüfen, ob die Vorgaben erfüllt werden.
Was sagen die Abgeordneten?
Als die Abgeordneten im Bundestag berieten, tagte der Gipfel in Glasgow noch. Unter dem Titel „Klimagipfel in Glasgow, stockende Verhandlungen in Berlin – Haltung von SPD, Grünen und FDP zur künftigen Klimapolitik“, wurde nicht nur über das Klima, sondern auch über die aktuellen Koalitionsverhandlungen gesprochen. Die führen derzeit die Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die FDP, um gemeinsam eine Regierung zu bilden.
Dr. Anja Weisgerber (CDU/CSU) verwies zu Beginn der Debatte darauf, dass es nur dann eine Chance gebe, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, wenn alle Staaten mitzögen. Es müsse nachvollziehbar sein, ob alle Länder die vereinbarten Regeln auch einhalten, sagte Weisgerber sinngemäß. „Wer nur mit der nationalen Brille Klimapolitik macht, wie es bei manchem Ampelkoalitionär den Anschein hat, schadet unserer Volkswirtschaft und erweist auch dem Klimaschutz einen Bärendienst“, betonte die CSU-Abgeordnete.
Carsten Träger (SPD) verwies darauf, dass die Koalitionsverhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. Seine Wahrnehmung der Verhandlungen sei eine andere als die der Unionskollegin. „Wir werden ja sehen, wohin die Reise am Ende führt“, sagte Träger. „Diese Koalition ist eine Fortschrittskoalition, die das Thema Klimaschutz ganz oben auf der Agenda hat“, meinte Träger.
Kritik an der Union
Oliver Krischer (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich überrascht, dass die Unionsfraktion eine Aktuelle Stunde zur Klimapolitik einberufen habe. Schließlich hätten CDU und CSU 16 Jahre lang beim Klimaschutz auf der Bremse gestanden. „Investitionen in klimaneutralen Stahl etwa finden in anderen Ländern statt, aber nicht in Deutschland“, kritisierte Krischer. An Selbstkritik mangele es der Union. Dies wäre aber wichtig für einen klimapolitischen Neuanfang.
Dr. Lukas Köhler (FDP) rief dazu auf, gemeinsam den Blick nach vorn zu richten. „Klimapolitik kann nur dann funktionieren, wenn wir uns anschauen, was jetzt alles möglich wird“, sagte Köhler. Bei der Union werde die Klimapolitik aber hauptsächlich als Problem gesehen. Dabei sei Klimapolitik „eine fundamentale Chance für Deutschland“. Mehr zu seiner Einschätzung lest ihr im Interview.
Steffen Kotré (AfD) sagte, bei der Klimakonferenz von Glasgow werde nichts herauskommen. Das Klima könne nicht in eine bestimmte Richtung beeinflusst werden. Allerdings könne die Widerstandskraft der Gesellschaft gestärkt werden. Kotré sprach außerdem von einer Renaissance der Kernenergie weltweit.
Amira Mohamed Ali (Die Linke) kritisierte die Union, die es in den vergangenen 16 Jahren versäumt habe, die Weichen richtig zu stellen, „damit unser Land rechtzeitig CO2-neutral wird“. Wenn überhaupt Klimapolitik gemacht wurde, sei dies fast ausschließlich auf Kosten der Verbraucher gegangen.
Die ganze Debatte könnt ihr euch hier im Video anschauen, oder auf bundestag.de nachlesen.
(lh)
Laura Heyer
hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.