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Experte für Waldschutz „Der Wald ist unersetzbar“

Paula Meister

Waldbrände haben im letzten Sommer in Deutschland große Zerstörung angerichtet. Edward Olson von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald erklärt, wie sich Brände in Zukunft verhindern lassen könnten.

Porträt von Edward Olson

„Der Wald schützt Böden, liefert Trinkwasser und Sauerstoff“, erklärt Edward Olson. Man müsse ihn deshalb schützen. © privat

2022 war ein Rekordjahr für Waldbrände in Europa. Warum?

Die zunehmende Häufung von Waldbränden ist ein allgemeiner Trend in unserem Klima, das sich verändert. Das akute Risiko für starke Waldbrände hängt immer davon ab, wie das Wetter war, aktuell ist und wie die Vorhersage aussieht. Heißere und trockenere Bedingungen bestimmen die Intensität des Brandverhaltens und wie schwierig es ist, die Brände unter Kontrolle zu bekommen.

Wenn man sich die letzten Jahre ansieht, stellt man fest, dass der Boden in den Jahren 2018, 2019 und 2020 stark ausgetrocknet ist. 2021 war in Deutschland zwar ein feuchtes Jahr, aber die Trockenheit, die sich über die Jahre in den Wäldern angesammelt hatte, konnte auch hier nicht ausgeglichen werden. 2022 war dann wieder ein sehr trockenes Jahr. Alles in allem führte das leider zu einer sehr trockenen Vegetation und somit zu einer guten Grundlage für Waldbrände.

Sie sind Mitarbeiter der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Dazu gehört auch die Deutsche Waldjugend (DWJ). Ihr Verein will junge Menschen darauf aufmerksam machen, wie wertvoll ein intakter Wald ist. Warum ist ein gesunder Wald wichtig?

Der Wald ist für unsere Umwelt unersetzbar. Das Ökosystem Wald schützt unsere Böden, liefert uns frisches Trinkwasser, Sauerstoff und ist Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Der Wald ist auch eine Quelle für nachwachsende Rohstoffe und ein Ort für geistige Erholung. So hat er für unsere Gesellschaft einen großen Wert.

Wir sagen immer, was man kennt, sollte man schätzen und schützen. Und andersherum: Man kann nur schützen, was man schätzt. Deswegen arbeiten wir insbesondere mit jungen Leuten, aber auch Menschen jeden Alters, um ihnen den Wald näherzubringen.

Wie versucht Ihr Verein den Wald zu schützen?

Wir sind auf Bundes- und Landesebene tätig und haben viele Gruppen vor Ort. Auf Landesebene spielt Bildung zum Thema Natur eine wichtige Rolle. In den Ortsgruppen erhalten wir zum Beispiel Streuobstwiesen oder legen diese an, organisieren Müllsammelaktionen im Wald und bieten Wald-Führungen an. Wir beschäftigen uns mit Aufforstungsmaßnahmen, engagieren uns auch politisch und sitzen in vielen Naturschutzgremien. Die örtlichen Vereine sowie die Landesvereine organisieren beispielweise Petitionen und machen damit auf Baumaßnahmen aufmerksam, die vorsehen, Teile des Waldes zu roden.

Waldbrände werden mitunter durch menschliche Fehler verursacht, zum Beispiel wenn jemand in einem trockenen Wald ein Feuer macht. Wie sollten wir uns im Wald verhalten, damit es dazu nicht kommt?

Man sollte sich so verhalten, wie an einem schönen Bergsee. Wir sind es gewohnt dort aufzupassen, dass kein Müll und keine schädlichen Substanzen ins Wasser gelangen. Uns ist bewusst, wie wichtig sauberes Wasser ist. Und so ähnliche müssen wir auch mit dem Wald umgehen.

Ein Feuer im Wald kann – wie eine Öl-Verschmutzung im See – das gesamte System zerstören. Wenn man in den Wald geht, muss man dieses Risiko im Blick haben und besonders auf Zündquellen achten. Jeder weiß, dass durch Zigaretten oder Feuerwerk ein Feuer ausgelöst werden kann, aber auch ein heißer Auspuff eines Autos oder Motorrads kann gefährlich werden und einen Brand auslösen.

Selbstverständlich gilt: Wenn man ein Lagerfeuer macht, sollte man besonders auf Trockenheit achten. Direkt im und um den Wald herum sollte man kein Feuer machen. Und wenn doch, dann nur an sicheren Feuerstellen – weit weg von der Vegetation. Und bevor man geht, muss sichergestellt werden, dass das Feuer wirklich aus und abgekühlt ist.

Wie kann man möglichst viele Menschen für dieses Verhalten sensibilisieren?

Mit Aufklärungsarbeit – damit haben wir in den 1970er Jahren schon einmal gute Erfahrungen gemacht. Damals gab es einen der größten Waldbrände Deutschlands, mehrere Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Im Anschluss haben wir gemeinsam mit anderen Vereinen verschiedene Kampagnen gemacht.

Die Ursachen für Waldbrände in Deutschland sind fast immer Menschen. Wir sind deshalb dabei, eine Informationskampagne zu gestalten, die sich auf die Aufklärung der Menschen konzentriert. Nur durch Aufklärung über diese Gefahren lässt sich hier etwas erreichen.

Welche Regelungen und Gesetze könnten Ihrer Meinung nach helfen, den Wald besser vor Bränden zu schützen?

Man könnte noch strengere Regeln dafür aufstellen, dass man im Wald kein Feuer machen darf und die Strafen erhöhen. Aber ich glaube, das würde das Risiko für Waldbrände nicht wirklich vermindern. Es wird immer Leute geben, die Fehler machen und es wird auch immer Brandstiftung geben.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, den Wald anders zu gestalten. So, dass sich Waldbrände nicht auf derart riesige Flächen ausbreiten können, sondern klein bleiben und so besser in den Griff zu bekommen sind.

Dafür kann man auf zwei Ebenen handeln. Zum einen im Wald selbst: Großflächige Brände passieren besonders in Nadelwäldern, sie sind trockener. Denn in Kieferwäldern scheint beispielsweise besonders viel Sonne durch die Baumkronen und der Waldboden trocknet aus. Idealerweise sollten diese Wälder mit Laubbäumen ergänzt werden, die in der Vegetationsperiode mehr Schatten spenden. Das Ziel ist ein vielfältiger Mischwald.

Zum anderen kann man die Feuerwehrleute besser auf Waldbrandsituationen vorbereiten. Meiner Einschätzung zufolge sind wir, was die Feuerwehr betrifft, zwar personell gut aufgestellt. Aber man muss das Training in der Ausbildung anpassen.

Wie kann man Feuerwehrleute denn auf Waldbrände vorbereiten?

Ein Wald unterscheidet sich stark von einem Bauwerk, für das die Einsatzkräfte klassischerweise ausgebildet sind. Es gibt andere Methoden für die Waldbrandbekämpfung. So kann man sich zum Beispiel nicht auf das Löschen mit Wasser verlassen. Oft muss man strategische Brandschneisen legen. Das heißt, dass mit kontrollierten Bränden Schneisen freigelegt werden, erreicht das große Feuer diese Schneise, gibt es keinen neuen Brennstoff mehr und es kann so unter Kontrolle gebracht werden.

Hier gibt es bereits einen Austausch zwischen deutschen Feuerwehrleuten und solchen aus trockeneren Regionen in Europa wie Spanien, Portugal und Frankreich. Und so eine spezielle Ausbildung sollte für Einsatzkräfte in deutschen Risikoregionen stattfinden.

Tausende Hektar an Wald sind in diesem Jahr verbrannt. Wie sollte der Wald nach so einem Brand gepflegt werden?

Das ist umstritten. Manche Experten vertreten die Meinung, dass man diese Flächen komplett der Natur überlassen sollte und sich so langlebige Baumarten nach und nach von selbst ansiedeln könnten.

Andere Experten gehen davon aus, dass die Bäume abgebrannt sind, weil sie ohnehin nicht an den Standort angepasst waren und nicht mit der Trockenheit umgehen konnten. Demnach müsste man gezielt andere Baumarten pflanzen, die besser in die Umgebung passen.

Ich glaube, die Lösung liegt in der Mitte. Ich halte es nicht für sinnvoll, flächenweise neue Baumarten anzupflanzen, sondern einige standortgerechte Baumarten einzubringen und den Rest der Natur zu überlassen.

Zur Person

Edward Olson

Edward Olson ist 32 Jahre alt, kommt aus den USA und lebt in Deutschland. Er studierte Forstwirtschaft und Waldökologie in Göttingen und arbeitete mehrere Jahre lang als Waldbrandbekämpfer im Westen der USA. Seit 2020 arbeitet er für die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Olson beschäftigt sich dort zum Beispiel mit Naturschutzprojekten und Wiederbewaldungsmaßnahmen.

Mitmischen-Autorin

Paula Meister

studiert Politik, Wirtschaft, Geschichte und Soziologie in Frankreich. Besonders gerne trägt sie bunte Socken und bastelt. Aus diesem Grund sammelt sie das bei Bastlern beliebte Washitape und gemusterte Socken.

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