Gleichberechtigung Was macht die Corona-Krise mit Frauen und Männern?
Paula Meister
Kommen Frauen in der Corona-Krise schlechter weg? Dies befürchten drei Fraktionen der Opposition. Kurz vor der Sommerpause debattierte der Bundestag mehrere Anträge zur Geschlechtergerechtigkeit - mit unterschiedlichen Akzenten.
Was ist Geschlechtergerechtigkeit?
Geschlechtergerechtigkeit bedeutet, dass Frauen und Männer im öffentlichen und privaten Leben die gleichen Chancen haben. Ob ich ein Mann oder eine Frau bin soll nicht darüber entscheiden, wie schwer es für mich ist, meine Träume umzusetzen, was ich arbeite oder wieviel ich verdiene. Die Rollenbilder, dass Frauen sich automatisch um die Kinder kümmern und Männer das Geld nach Hause bringen, sind damit vom Tisch.
So will es auch das Grundgesetz. In Artikel 3 steht: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin."
Einige Fraktionen des Bundestages nehmen die aktuelle Corona-Krise zum Anlass, genau hinzuschauen, wie es in Deutschland um die Geschlechtergerechtigkeit bestellt ist. Schließlich arbeiten in vielen Branchen, die besonders betroffen sind, überproportional viele Frauen. Durch Homeschooling und Homeoffice sahen sich zudem viele Familien vor besondere Herausforderungen gestellt.
Fünf Ideen auf dem Tisch
Fünf Anträge der Oppositionsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDP und AfD lagen kurz vor der Sommerpause dazu auf dem Tisch. Am 17. Juni sprachen die Abgeordneten zum ersten Mal darüber. Die Anträge unterscheiden sich teilweise sehr.
FDP: Rückfall in traditionelle Rollenbilder?
Die FDP-Fraktion hatte gleich zwei Anträge gestellt. Im ersten Antrag verlangt sie zum Beispiel für Eltern, die wegen der Corona-Pandemie von zuhause aus arbeiten und gleichzeitig Kinder betreuen mussten, Entschädigungszahlungen.
Im zweiten Antrag fordert die Fraktion unter anderem, dass ein „Zukunftsgipfel“ einberufen werden sollte. Dieser soll sich mit der Frage beschäftigen, ob Frauen und Männer in der Corona-Krise in traditionelle Rollenbilder zurückgefallen sind und wie man gegebenenfalls diesem Trend entgegenwirken könne.
AfD: Männer als Gleichstellungsbeauftragte
Die AfD setzte einen anderen Schwerpunkt. Die Fraktion kritisiert in ihrem Antrag besonders das Bundesgleichstellungsgesetz. Dieses Gesetz aus dem Jahr 2015 soll helfen, dass Gleichstellung in Dienststellen des Bundes umgesetzt wird. Benachteiligungen durch das Geschlecht, insbesondere bei Frauen, sollen verhindert und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden.
Die AfD findet, das Gesetz verstoße gegen andere Regelungen und die Verfassung und verfehle das Ziel, Männer und Frauen gleichzustellen. Die AfD fordert unter anderem, dass auch Männer als Gleichstellungsbeauftrage gewählt werden dürfen. Derzeit können nur Frauen dieses Amt ausführen.
Linke: Situation für Pflegekräfte verbessern
Die Fraktion der Linken wirft mit ihrem Antrag ein Schlaglicht auf die Pflegeberufe, in denen überproportional viele Frauen beschäftigt sind. Sie fordert etwa von der Bundesregierung, die Arbeitssituation der Pflegekräfte in Deutschland zu verbessern. Unter anderem sollen mehr Pflegekräfte eingestellt und besser bezahlt sowie Arbeitszeiten verkürzt werden.
Die Linke fordert zudem, dass soziale Einrichtungen, wie zum Beispiel Krankenhäuser, nicht mehr profit-, sondern gemeinwohlorientiert arbeiten sollen. Um die Coronakrise zu bewältigen, fordert die Fraktion eine Vermögenssteuer für Millionäre.
Bündnis 90/Die Grünen: Prüfen, ob alle profitieren
Die Bundesregierung unterstützt im Zuge der Coronakrise viele Menschen finanziell. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fordert in ihrem Antrag, dass Männer und Frauen gleichberechtigt von dieser Unterstützung profitieren sollen. Krisenmaßnahmen und Gesetzesvorschläge sollen überprüft werden, ob sie sich negativ auf die Gleichstellung von Frauen und Männern auswirken und gegebenenfalls angepasst werden.
Die Fraktion fordert weiterhin, dass ein unabhängiger „Gleichstellungs-Krisenrat“ jedes halbe Jahr überprüfen soll, wie sich die wirtschaftliche Situation von Frauen und Männern entwickelt hat. Unternehmen, die zukünftig staatlich gefördert werden wollen, sollen die Geschlechtergerechtigkeit in ihrer Firma voranbringen.
Nach der Diskussion wurden die Anträge an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur weiteren Beratung verwiesen. Hier könnt ihr euch das Video der Debatte anschauen:
Paula Meister
studiert Politik, Wirtschaft, Geschichte und Soziologie in Frankreich. Besonders gerne trägt sie bunte Socken und bastelt. Aus diesem Grund sammelt sie das bei Bastlern beliebte Washitape und gemusterte Socken.