Bundeskanzler „Wir haben gezeigt, was in uns steckt“
Das große Thema der gestrigen Regierungsbefragung mit Bundeskanzler Olaf Scholz waren die geplanten Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine.
Gerade habe er noch mit dem ukrainischen Präsidenten gesprochen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz zu Beginn seines Eingangsstatements - über die aktuelle Lage in der Ukraine und auch über Deutschlands Unterstützung. Damit spielte der Kanzler auf die eben beschlossenen Lieferungen von Leopard-2-Kampfpanzern an, die auch die späteren Fragen der Abgeordneten dominierten.
Doch zunächst reflektierte Scholz die vergangenen Monate und ihre Krisen. „Die meisten haben wohl gedacht: Das wird nicht klappen“, so der Kanzler. Wegen der ausbleibenden Gas-Lieferungen aus Russland hätten viele Menschen eine „massive Wirtschaftskrise und Versorgungsengpässe“ befürchtet. „Das ist nicht eingetreten“, stellte Scholz klar. „Wir sitzen hier und es ist warm.“ Die Bundesregierung habe die Energieversorgung gesichert, eine Wirtschaftskrise verhindert und die Menschen angesichts der hohen Energiepreise entlastet. „Wir haben gezeigt, was in uns steckt.“
Ursache für die Herausforderungen, betonte der Kanzler, sei der „furchtbare, imperialistische Angriffskrieg“ Russlands auf die Ukraine. Deshalb sei es richtig, dass Deutschland die Ukraine unterstütze - finanziell, mit humanitären Mitteln, „aber eben auch mit Waffenlieferungen“. Mit Bedacht habe die Bundesregierung entschieden, Kampfpanzer des Typs Leopard 2 an die Ukraine zu liefern: „Es war richtig, dass wir uns nicht haben treiben lassen.“ Ihm sei bewusst, dass viele Menschen sich angesichts des Krieges Sorgen machten. „Vertrauen Sie mir, vertrauen Sie der Bundesregierung!“, sagte Scholz. „Wir werden weiter sicherstellen, dass diese Unterstützung möglich ist, ohne dass die Risiken für unser Land wachsen.“
Union: „Erheblicher Flurschaden“
Jürgen Hardt (CDU/CSU) nannte die Entscheidung, Kampfpanzer zu liefern, „richtig“. Dadurch, dass Deutschland zu lange gezögert habe, sei aber „ein erheblicher Flurschaden“ entstanden.
Er sei „vollständig anderer Meinung“, konterte der Kanzler. Es wäre „ein schlimmer Fehler“ gewesen, diese Entscheidung vorschnell und alleine zu treffen. Es sei sehr wichtig, sich eng mit den Verbündeten abzustimmen und Schritt für Schritt vorzugehen, um „Frieden und Sicherheit“ zu gewährleisten.
Hardts Fraktionskollege Florian Hahn wollte von Scholz wissen, wann der „endlich sein Wort halten“ und die Bundeswehr zukunftsfähig aufstellen wolle. Der Kanzler antwortete, das Sondervermögen habe die Grundlage dafür geschaffen. „Was wir jetzt brauchen, sind konkrete Entscheidungen für konkrete Systeme.“ Die Lieferung dieser Systeme könne wegen ihrer Komplexität aber eine Weile dauern.
Grüne: „Was brauchen die Menschen in der Ukraine noch?“
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, die Entscheidung, Kampfpanzer zu liefern, sei „richtig“ und „dringend geboten“ gewesen, da die Menschen in der Ukraine eine neue „Großoffensive“ Russlands zu befürchten hätten. Brugger wollte wissen, was die Ukraine über Waffen hinaus brauche.
Scholz erklärte, Deutschland unterstütze die Ukraine auch finanziell und humanitär. „Das Wichtigste ist jetzt, die Energie-Infrastruktur zu sichern“, sagte er. Außerdem müsse man sich frühzeitig Gedanken zum Wiederaufbau machen, denn es werde „viele Jahre und Jahrzehnte“ brauchen, bis die Ukraine sich vom Krieg erholt haben werde.
AfD: „Gegen die Mehrheit der eigenen Bevölkerung“
Petr Bystron (AfD) warf dem Kanzler vor: „Sie haben gerade die Fundamente der deutschen Außenpolitik der Nachkriegszeit über Bord geworfen.“ Die damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt und Willy Brandt hätten sich für Frieden und Versöhnung in Europa eingesetzt. „Sie werden in die Geschichte eingehen als der Kanzler, der dieses Vermächtnis mit Füßen getreten hat“, behauptete Bystron. Scholz handele damit „gegen die Mehrheit der eigenen Bevölkerung“, so der AfD-Abgeordnete.
Der Bruch mit den Errungenschaften der Nachkriegszeit bestehe im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, stellte Scholz klar. Deutschland unterstütze die Ukraine darin, ihre „Souveränität und Integrität“ zu verteidigen, und werde das auch weiter tun.
FDP: „Gute Nachricht“
Als „gute Nachricht“ bezeichnete dagegen Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) die Entscheidung, Leopard-2-Panzer zu liefern. Sie gratulierte dem neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius zu seinem neuen Amt und wünschte ihm für die Umsetzung viel Erfolg. Vom Kanzler wollte sie wissen, wie Deutschland bei der Waffenlieferung mit seinen Partnern zusammenarbeite.
Deutschland werde zum einen alle Partner „ermuntern und in die Lage versetzen“, sich an der Waffenlieferung zu beteiligen, so Scholz. Außerdem werde man die Kräfte bündeln und die gemeinsame Aktion koordinieren.
Weitere Themen
Gegen Ende der Befragung brachten die Fraktionen auch noch andere Themen neben den Waffenlieferungen an die Ukraine ein.
So mahnte Die Linke an, die Tarifbindung in Deutschland sei „in freiem Fall“, was dramatisch sei, weil Tarifverträge „die Basis für gute Arbeit“ seien. Scholz stimmte zu, dass es wichtig sei, „dass wir viele Tarifverträge haben“. Er werde sich bemühen, wieder mehr Arbeitgeber dafür zu gewinnen. Das sei aber nicht mit Zwang zu erreichen.
Die Union zweifelte die „Glaubwürdigkeit“ des Kanzlers wegen ungenauer Aussagen im sogenannten Cum-Ex-Fall im Finanzbereich an, worauf Scholz erwiderte, Vorwürfe gegen ihn konnten trotz ausgiebiger Ermittlungen nicht erhärtet werden: „Das hat sich mehrfach als heiße Luft erwiesen.“
Die Grünenfraktion sprach das Thema Kindergrundsicherung an, das Scholz als „großes Vorhaben der Bundesregierung“ bezeichnete, das sie vorantreiben werde.
Hier seht ihr die Regierungsbefragung im Video: