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IPS Arabische Staaten 2024 Ein Stück Heimat in der Ferne

Naomi Webster-Grundl und Jasmin Nimmrich

Ich packe meinen Koffer und bringe mit: ein besonderes Ding. So lautete der Arbeitsauftrag für die Stipendiatinnen und Stipendiaten des IPS-Programms Arabische Staaten 2024. Was sie aus ihren Heimatländern mitgebracht haben, erfährst du hier.

Blick auf einen langen weißen Arbeitstisch, an dem mehrere Menschen sitzen und an Laptops arbeiten.

Im Programmpunkt „Das besondere Ding“ sollen sich die IPS-Stipendiatinnen und -Stipendiaten untereinander sowie die unterschiedlichen Kulturen, aus denen sie kommen, besser kennenlernen. © mitmischen.de

Während des Internationalen Parlaments-Stipendiums (IPS) treffen junge Menschen aus verschiedenen Kulturen aufeinander. Um sich untereinander besser kennenzulernen, sollen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Programmpunkt „Das besondere Ding“ ein Produkt, eine Subkultur oder ein generelles Phänomen aus ihrem Heimatland vorstellen.

Auch die Stipendiatinnen und Stipendiaten des diesjährigen IPS-Programms Arabische Staaten haben ein Stück ihrer Heimat mit nach Berlin gebracht. Neben nationalen Unterschieden wurde während der Vorstellungen auch immer wieder deutlich, dass, so unterschiedlich die Herkunftsländer der Stipendiatinnen und Stipendiaten auch sein mögen, sich viele von ihnen in Identität und Kultur ähneln. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden während der Präsentationen Gemeinsamkeiten und diskutierten Unterschiede.

Ägypten – Das Erbe der Pharaonen und Hollywood des Nahen Ostens  

Die ägyptischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Merit, Andrew und Ahmed hatten einen Stoff im Gepäck, den wohl alle kennen: feinstes Leinen. Der Stoff wird aus den Stängeln der Flachspflanze, die keinerlei künstlicher Bewässerung oder Düngung bedarf, hergestellt. Im alten Ägypten stand Leinen zum einen für Reichtum, als auch, aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften, für Reinheit. Zeitweise galt Leinen sogar als Währung, und es gilt auch heute noch als qualitativ hochwertiger und nachhaltiger Stoff.

Und ein weiterer ägyptischer Kassenschlager: die Film- und Musikindustrie. Mit den ersten Anfängen im Studio Misr in Kairo in den 1930er Jahren erlangte der ägyptische Film internationale Anerkennung und positionierte Kairo somit neben den Film-Hauptstädten Hollywood und Bombay. Und auch in der Gegenwart prägen die ägyptische Kunst- und Kulturproduktion die arabische Welt. Denn Darstellerinnen und Darsteller sowie Sängerinnen und Sänger aus anderen arabischen Ländern wurden und werden durch die ägyptischen Produktionen weltbekannt. Auch in einem kleinen Musikquiz von Mariam und Miral wurde im Kreis der Stipendiatinnen und Stipendiaten schnell klar, dass ägyptische Lieder und Interpreten weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus bekannt sind.

Blick auf eine Gruppe, die an einem langen weißen Tisch sitzt und einer Präsentation zuhört.

Wie bekannt die ägyptischen Stars aus Film, Theater und Radio sind, stellten Miriam und Miral mit einem Quiz unter Beweis. © mitmischen.de

Marokko – Handwerkskunst und edle Kulinarik

Aus Marokko brachten Nada, Omar und Lamiaa etwas für Auge und Gaumen mit. Zellige – bunt glasierte kleine Fliesen, kunstvoll geformt und jede Fliese ein Einzelstück – zieren in reich verzierten und detaillierten Mustern gelegt zahlreiche historische wie neu gebaute Wände, Fassaden und Böden in Marokko und vielen anderen Orten der Welt. Alle Anwesenden bekamen eine eigene Zellige-Fliese geschenkt – ein Stück Marokko zum mit nach Hause nehmen.

Fotocollage von zwei Bildern, auf dem einen zwei Steine, auf dem anderen eine Gruppe, die einem Vortrag lauscht.

Die farbig glasierten Keramikelemente ergeben beim Zellige kunstvolle geometrische Muster. © mitmischen.de

Außerdem stellten sie Arganöl, das auch als „flüssiges Gold“ bezeichnet wird, vor. Der Anbau des Arganbaumes ist nur in wenigen Regionen Marokkos möglich. Das Öl, das aus den Samenplättchen der reifen Beerenfrucht gewonnen wird, findet Anwendung in der Küche, der Medizin und in kosmetischen Produkten. Arganöl und Brot standen zum Verkosten bereit. Doch nicht nur pur ist das Öl zum Verzehr geeignet, auch in unterschiedlichen Gerichten wie Tagine, Amlou, in Dips und Salatdressings wird dieses verwendet. Außerdem verleiht es vielen Handseifen, Körpercremes sowie Haaröl einen besonders pflegenden Charakter.

Fotocollage aus dem Bild einer Präsentation, der mehrere Personen lauschen und kleinen Tellern mit Öl drauf.

Ob pur, als Salatdressing, für die Haut oder für die Haare, Arganöl aus Marokko findet zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten. © mitmischen.de

Tunesien – Harissa („Im Mörser zerstoßen“)

Wer hat's erfunden? Das ist bei der Gewürzpaste Harissa ein ewiger Streitpunkt: Tunesien oder Marokko? Die Stipendiatinnen und Stipendiaten Sana und Mohamed aus Tunesien entschieden mit ihrer Präsentation diese Frage für sich. Denn die erste Dose der scharfen Würzpaste Harissa, die in Tunesien produzierte wurde, ist auf 1948 zu datieren. Seither hat sich die Zusammensetzung etwas verändert. Ursprünglich war Harissa eine einfache Paste aus getrockneten Chillies und Öl, heute finden sich viele Variationen mit Kreuzkümmel, Koriandersamen, Knoblauch, Salz und Olivenöl. Die Paste wird oft zu Teigwaren sowie Reisgerichten gereicht und auch in Suppen und Soßen verwendet.

Fotocollage, zwei Personen mischen Öl und eine rote Paste, auf dem anderen Bild ist geschnittenes Baguette zu sehen.

Die Chillipaste Harissa schmeckt mit ein bisschen Öl und frischem Brot besonders gut. © mitmischen.de

Syrien – Aleppo-Seife

Die Ursprungsregion steckt schon im Namen: Die Aleppo-Seife – vorgestellt von Wissam – wurde in der nordsyrischen Provinz Aleppo erfunden. Mehr als 2000 Jahre ist die Seife alt, das Rezept aus Lorbeer- und Olivenöl ist dabei immer noch unverändert. Das Besondere an der Aleppo-Seife ist die Herstellung: Die Seife wird dafür auf den Boden gegossen und getrocknet, um dann monatelang in Tongefäßen gelagert zu werden. Die traditionelle Seife steht bis heute für eine Handwerkskunst, von der sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten auch selbst überzeugen konnten. Ein nach wie vor wichtiges Markenzeichen: Die hochwertige Seife wird so minimal wie möglich verpackt. Und: Je älter die Seife, desto teurer ist sie.

Kurdisches Tuch – Zeichen des Widerstandes

Weniger minimalistisch, sondern bunt gemustert, war das Mitbringsel des kurdischen Stipendiaten Monzer: Ein bunt gemustertes Tuch, die Verzierungen auf dem feinen Stoff erinnern an die Natur seiner Heimatregion in Syrien. Die Geschichten, die die Muster erzählen, seien ein „Spiegel der Natur und der Menschen“ der kurdischen Kultur und Tradition und gelten in dem krisengeschüttelten Gebiet auch als weit verbreitetes Zeichen des Widerstandes. Außerdem führte er vor, dass man das Tuch auf unterschiedliche Weisen tragen kann: zum Beispiel als Schal oder als Kopftuch. Während der Präsentation wurden die Stipendiatinnen und Stipendiaten auf kulturelle Gemeinsamkeit aufmerksam, so werden ähnliche Tücher auch in Algerien getragen, dort bindet man sie nur oftmals etwas anders zu einem Schal.

Fotocollage aus zwei Bildern, links eine Gruppe, die einer Präsentation lauscht, rechts ein junger Mann mit Brille, der ein bunt verziertes Tuch vor sich hält.

Monzer präsentiert eines traditionell besticktes und farbenfrohes Tuch, wie es Kundinnen und Kurden zum Schutz gegen die Sonne, als Accessoires, aber auch als Zeichen des Widerstandes tragen. © mitmischen.de

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