Vorbereitung Auslandsjahr „Das Heimweh geht vorüber“
Wie geht man mit Heimweh um? Wie steht es um Polizeigewalt in den USA? In Vorbereitungscamps werden Schüler und Schülerinnen auf ihr Auslandsjahr mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm des Bundestages vorbereitet. Betreuer Kilian (22) erzählt, was er ihnen mit auf den Weg gibt.
Wie viele Vorbereitungscamps durchlaufen die Jugendlichen, bevor es ins Ausland geht?
AFS ist eine von mehreren Austauschorganisationen, die das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) für den Bundestag betreuen. Und wir veranstalten eine große Vorbereitung auf das PPP, die in Berlin stattfindet. Die letzte hat vergangene Woche für die Schülerinnen und Schüler stattgefunden, die in diesem Sommer ins Ausland starten. Wir, die Betreuer und Betreuerinnen, sind selbst ehemalige Austauschschüler. Die meisten waren mit dem PPP in den USA. Außerdem kommen zwei politische Bildungsreferenten zu der Vorbereitung. Politische Bildung macht einen großen Teil des Camps aus, das fast eine Woche geht.
Zusätzlich gibt es ein weiteres Vorbereitungstreffen, bei dem die PPP-Schülerinnen und -Schüler zusammen mit anderen Austauschschülern, die in die USA gehen, auf das Land vorbereitet werden. In den USA gibt es dann meistens auch noch mal ein Willkommenscamp mit der Austauschorganisation vor Ort, in unserem Fall ist das also AFS.
Worauf werden die Jugendlichen an diesen Wochenenden vorbereitet?
Die Woche ist in verschiedene Parts aufgeteilt. An den ersten 3 Tagen übernehmen die Bildungsreferenten den gemeinsamen Einstieg und die Themen zur deutschen Identität und Geschichte: das geteilte Deutschland, die Zeit seit der Wiedervereinigung und den Nationalsozialismus.
Am Donnerstag simulieren wir in einer Teamübung die Überquerung des Atlantiks. Dann befinden wir uns in den USA und der Tag ist der Geschichte und Politik der USA gewidmet. In diesem Teil gehen wir auch auf aktuelle gesellschaftliche Probleme in den USA ein, zum Beispiel geht es um Rassismus und Homophobie. Ziel dieser Vorbereitung ist es, dass die PPP-Austauschschüler und -schülerinnen auf alles gefasst sind, denn sie gehen als junge Botschafter für den Bundestag in die USA.
Die anderen Tage sind die AFS-Betreuer und -Betreuerinnen dran. Da geht es eher um die allgemeinere Vorbereitung auf das Auslandsjahr und das Gastland. Unser Schwerpunkt ist das kulturelle Lernen: Wie begegne ich einer anderen Kultur? Wie ist im Ausland zu leben? Wie gehe ich mit Heimweh um?
Wir betonen auch die positiven Seiten des Jahres: Die Betreuerinnen und Betreuer erzählen viel von ihren eigenen Erfahrungen im Ausland. Außerdem gibt es eine große Fragerunde, in der die künftigen Austauschschüler und -schülerinnen ihre Anliegen klären können. Und ganz wichtig: Wir Betreuerinnen und Betreuer machen jede Menge „Energizer“ mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Was sind denn Energizer?
Das sind kleine Spiele oder Übungen, die zur Auflockerung gedacht sind. Meistens wird dabei gesungen, sich bewegt oder auch mal getanzt. Die Energizer finden oft an der frischen Luft statt. Es geht dabei darum, den Körper wieder wach zu rütteln. Und außerdem sind die Energizer auch ein bisschen albern. Wenn man so etwas Lustiges voreinander macht, verliert man Hemmungen, lernt sich besser kennen und fühlt sich verbunden. Es ist regelmäßig so, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ende der Camps, die Energizer allein starten, ganz ohne Betreuer und Betreuerinnen.
Noch einmal zurück zur Fragerunde: Welche Fragen beschäftigen die Jugendlichen besonders?
Oft sind das organisatorische Fragen: Wie handhabe ich Geld? Welche Kreditkarte nutze ich? Es kommen auch konkrete Fragen, die das PPP betreffen, zum Beispiel: Wo kann ich den Freiwilligendienst machen, der auch Teil des Programms ist.
Es wird auch viel nach möglichen Gefahren gefragt, zum Beispiel wie präsent Polizeigewalt wirklich ist. In solchen Fällen ist es super, dass wir als Betreuerinnen und Betreuer von unterschiedlichen Erfahrungen berichten können. Sieben Leute bringen sieben unterschiedliche Erfahrungen mit. Und darum geht es letztlich auch: Wir möchten vermitteln, dass das Auslandsjahr eine sehr individuelle Erfahrung ist.
Mit welchen Hoffnungen blicken die jungen Leute ihren Auslandsaufenthalten entgegen?
Ganz oft wünschen sich die künftigen Austauschschüler und -schülerinnen, das typisch amerikanische Leben kennenzulernen, das sie aus Filmen kennen. Es kommen deshalb auch viele Fragen zu Prom, Homecoming, Graduation, Fast Food. Sie wünschen sich, dass es so amerikanisch wie möglich ist. Von dieser Vorstellung versuchen wir, die Schüler und Schülerinnen etwas runterzuholen.
Außerdem sagen wir ihnen, dass sie alles mitnehmen sollen, was sie an Erfahrungen mitnehmen können. Ich habe zum Beispiel als Prom-King kandidiert – und bin zweiter geworden. Eine Erfahrung, die ich nie wieder in meinem Leben machen werde.
Welche Tipps gibt es im Umgang mit Heimweh? Kann man sich auf Heimweh überhaupt vorbereiten?
Dazu gibt es auch meistens einen eigenen Programmpunkt bei der Vorbereitung. Wir sagen den Kids, dass sie immer Leute vor Ort haben werden, mit denen sie über Heimweh sprechen können, entweder andere Austauschschülerinnen und -schüler oder Betreuer und Betreuerinnen der Austauschorganisationen.
Zu sehen, dass man mit seinem Heimweh nicht allein ist, hilft ungemein. Am Ende des Vorbereitungscamps haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich immer alle sehr in ihre Herzen geschlossen und sind zu einer Gemeinschaft geworden, auf die sie im Ausland zurückgreifen können.
Wir bereiten sie auch darauf vor, nicht so viel Kontakt nach Deutschland zu haben. Gerade wenn man Heimweh hat, sollte man auf keinen Fall zu Hause anrufen. Das verschlimmert die Traurigkeit nur. Deshalb raten wir: Redet stattdessen miteinander, ihr macht alle dasselbe durch.
Außerdem muss man sich klar machen, dass man nur für eine begrenzte Zeit in den USA ist und dass man wieder nach Hause kommt. Das Auslandsjahr sowie das Heimweh gehen vorüber.
Wie werden die Jugendlichen in den USA betreut? Werden sie vor Ort weitere Camps besuchen?
Betreuung gibt es auf jeden Fall, jeder hat vor Ort bestimmte Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner. Wie viele Gruppen-Treffen es gibt, hängt immer von dem regionalen AFS-Büro ab.
Aber im Rahmen des PPPs gibt es zwei feste Besuche in Washington DC. Einmal ein Camp, das eine Woche geht. Das ist eine sehr politische Erfahrung. Da bewegen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Capitol Hill, dem Regierungsbezirk in Washington, und treffen sich mit amerikanischen Abgeordneten. Und bevor man die USA verlässt, verbringt man noch einmal zwei Tage in DC, bekommt eine Urkunde und sieht alle anderen PPPler wieder. Hier wird gemeinsam das Auslandsjahr abgeschlossen.
Über Kilian
Kilian ist 22 Jahre alt und studiert Chemie im Mono-Bachelor an der Freie Universität Berlin. 2016/2017 war er mit dem Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP) des Deutschen Bundestages und des US-Kongresses in den USA, in Columbus, Ohio. Seit seiner Rückkehr nach Deutschland betreut Kilian künftige Austauschschülerinnen und -schüler auf ihrem Weg ins Ausland.
(Mira Knauf)