Digitalisierung Wo bleiben schnelle Netze?
Alle wollen mehr Digitalisierung, aber Deutschland tut sich schon schwer mit 5G. Deswegen war der neue Mobilfunkstandard auch das Hauptthema bei einer aktuellen Stunde im Bundestag.
Es ist kompliziert
Deutschland und die Digitalität, Beziehungsstatus: Es ist kompliziert. Die beiden tänzeln seit Jahren umeinander herum, aber so richtig will es nicht funken. Nun haben sich im Vorfeld des Digiltalgipfels 2018 die Bundestagsabgeordneten als Paartherapeuten betätigt. Im Rahmen einer aktuellen Stunde am 28. November berichteten einige vor allem darüber, was schiefläuft. Und auch die leidigen 5G-Frequenzen waren dabei natürlich wieder ganz weit vorn dabei.
Was ist 5G?
Wofür steht das G? Die Mobilfunkindustrie spricht von "Generationen" oder Gs, wenn sie einen neuen technischen Standard einführt. Jetzt geht es um eine Technologie, die schneller reagiert, Daten schneller überträgt und weniger Strom verbraucht. Die neuen Sendemasten für 5G sind kleiner als ein herkömmlicher Mobilfunk-Zellenturm. Sie müssen jedoch viel enger stehen.
Regierung: Flächendeckend
Dorothee Bär (CSU), Staatsministerin für Digitales, freute sich im Vorhinein schon mal auf den Digital-Gipfel, der "sicherlich ein Highlight wird". Sie äußerte sich zum Mobilfunkstandard der fünften Generation, kurz 5G genannt, wie folgt: "Wir wollen nach wie vor 5G-Leitmarkt werden, und wir wollen natürlich flächendeckend 5G", stellte die Staatsministerin klar, und betonte, dass das in der Bundesregierung unumstritten ist.
Sicher, um die neuste Staffel von Game of Thrones zu streamen, brauchen wir es nicht. Da bietet auch der aktuelle Standard namens LTE oder 4G genug Geschwindigkeit. Wenn wir über eine Zukunft mit vernetzten Städten und autonom fahrenden Fahrzeugen sprechen, sieht die Sache aber schon anders aus, dafür braucht es 5G.
Wohl auch deswegen meinte Bär, es würden Frequenzen "exklusiv für innovative Industrieanwendungen zur Verfügung gestellt". Das Problem ist nämlich: Für flächendeckendes 5G bräuchte man eine große Dichte von Sendemasten, dadurch wird die Sache nicht gerade ein Schnäppchen.
AfD: Mehr als Familienfotos
Uwe Schulz (AfD) warf der Bundesregierung vor, sie habe sich bisher in einem "permanenten Ankündigungsmodus" befunden. In vielen anderen Ländern habe man verstanden, dass Digitalisierung viel mehr ist, als das Einscannen alter Familienfotos. Digitalisierung sei dort eine Geisteshaltung, "um die Bürger auf das Neue vorzubereiten, um sie mitzunehmen".
In Deutschland hingegen glaubten einige, man könne die Digitalisierung einfach mal entschleunigen, etwa dann, "wenn man es nicht schafft, die notwendigen Rahmenbedingungen zu setzen", bemängelte der AfD-Abgeordnete.
SPD: Weg ist ok
Dr. Jens Zimmermann (SPD) sieht allerdings die Bundesregierung in Sachen 5G-Lizenzvergabe "nicht auf dem schlechtesten Weg". Die einen sagten zwar, das sei immer noch nicht genug und die Mobilfunkkonzerne meinten, sie wollten jetzt erst mal Geld, damit sie ausbauen. Das müsse man eben jetzt austarieren, so der Abgeordnete. Und dann sind da auch noch Ängste. Vor der Digitalisierung. Die müsse man ernst nehmen, so Zimmermann, der der Koalition insgesamt zutraut, "die digitale Zukunft in Deutschland erfolgreich zu gestalten".
FDP: Schlechter als Rumänien
Bezugnehmend auf den anstehenden Digital-Gipfel sagte Manuel Höferlin (FDP): "Wir haben mehr Gipfel als die Schweiz, aber schlechtere Netzabdeckung als Rumänien." Der Koalitionsvertrag und die verschiedenen Digitalisierungspläne der Bundesregierung seien "hervorragende Problemanalysen", es mangle aber an Konsequenzen daraus und an der Umsetzung einer Strategie. Mit Blick auf 5Gkritisierte Höferlin, dass es derzeit keinen Plan gebe, "wie wir die 5G-Netze in die Fläche bekommen".
Linke: Keine Strategie
Auch Anke Domscheit-Berg (Die Linke) kritisierte die digitale Strategie der Bundesregierung und meinte, genaugenommen gebe es gar keine. Die Bundesregierung erkläre zwar, Deutschland zum Leitmarkt für 5G machen zu wollen, nenne aber "nicht ein einziges Ziel, bis wann und wo sie eine 5G-Versorgung erreichen will".
Grüne mit Anwendungsbeispielen
Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen) warnte: "Wenn wir die Digitalisierung nicht deutlich ambitionierter gestalten, dann werden wir von ihr gestaltet." Das Energiesystem smarter machen, die Mobilität intelligenter steuern, im ländlichen Raum neue Geschäftsmodelle in die Fläche bringen, damit die Menschen auf ihr Zweitauto verzichten können, wären aus Sicht des Grünenabgeordneten Elemente einer Digitalisierungsstrategie, die die Menschen mitnimmt. Zur Erinnerung: Für all das braucht man 5G.
Union: Tempo muss sein
Nadine Schön (CDU) verglich die Digitalisierung mit der industriellen Revolution. "Die Geschichte zeigt, dass bei Revolutionen die Karten neu gemischt werden", sagte sie. Derjenige sei erfolgreich, der bereit sei, Dinge zu ändern, um das zu bewahren, was ihm wichtig ist. "Wenn wir also bewahren wollen, was uns wichtig ist, müssen wir den Wandel gestalten, müssen wir offen sein, Dinge zu verändern, und Neues wagen."
Deutschland müsse die Art, wie es Innovationen hervorbringe, ändern. "Unsere Stärke in Deutschland ist ja die Perfektion. Das ist auch nicht schlecht. Aber Perfektion braucht Zeit. Wir müssen uns daran gewöhnen und den Mut haben, Dinge schneller auf den Markt zu bringen und danach erst zu optimieren; sonst werden immer andere vor uns sein", sagte Schön.
Schaut euch hier die Debatte im Video an.
(DBT/ah)