Neue Statistik Wie viele Wohnungslose leben in Deutschland?
In Zukunft soll offiziell gezählt werden, wie viele Menschen keine Wohnung haben. Die Opposition begrüßt das, fordert aber noch mehr.
Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland haben keine Wohnung. Das sagen zumindest Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe. Genau weiß das niemand, da es bisher keine Erhebungen dazu gibt. Das macht es schwierig einzuschätzen, wie groß das Problem der Wohnungslosigkeit in Deutschland ist und wie man am besten helfen kann.
Die Bundesregierung will das nun mit einer neuen Statistik ändern. Ab dem Jahr 2022 soll das Statistische Bundesamt jährlich veröffentlichen, wie viele Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Wohnungslos bedeutet, dass man keine eigene Wohnung hat, aber sporadisch in einer Pension, bei Freunden oder Verwandten oder in einer Unterkunft unterkommen kann. Als obdachlos werden Menschen bezeichnet, die selbst darauf nicht zurückgreifen können und auf der Straße, in Bauruinen oder unter ähnlichen Umständen leben.
In seiner Sitzung am 16. Januar 2020 stimmte der Bundestag für den Gesetzentwurf der Bundesregierung.
So funktioniert die Statistik
Wer in Deutschland keine eigene Wohnung besitzt, kann in Notunterkünften unterkommen. Dass es genügend dieser Einrichtungen gibt, liegt in der Verantwortung der Kommunen. Diese sind zukünftig verpflichtet, die Anzahl der von ihnen untergebrachten Wohnungslosen zu erfassen und an das Statistische Bundesamt weiterzuleiten. Das Bundesamt sammelt die Zahlen und fasst sie einmal im Jahr zusammen. Die Bundesregierung erhofft sich dadurch, Wohnungslosen in Zukunft besser helfen zu können.
Schwierig wird das bei Menschen, die nicht auf die Notunterkünfte zurückgreifen und stattdessen in inoffiziellen Unterkünften leben - ob nun auf der Straße oder auf der Couch bei Verwandten. Sie sollen mit einer ergänzenden Wohnungslosenberichterstattung erfasst werden, die vom Ministerium für Arbeit und Soziales durchgeführt werden soll.
Anträge der Opposition
Die vier Fraktionen der Opposition begrüßten grundsätzlich, dass eine Statistik zur Wohnungslosigkeit eingeführt werden soll. Sie hatten aber ergänzend eigene Anträge zu dem Thema eingebracht.
Die AfD forderte mit ihrem Antrag ein „Sofortprogramm Zentralstatistik Wohnungs- und Obdachlosigkeit“, mit dem auch zu vergangenen Jahren und sehr viel detaillierter Daten über die von Wohnungslosigkeit Betroffenen erhoben werden soll.
Die FDP schlägt in ihrem Antrag „Wohnungs- und Obdachlosigkeit in Deutschland gemeinschaftlich beenden“ eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen Kommunen und der Bund gegen Wohnungslosigkeit vorgehen sollten.
Die Linke forderte mit ihrem Antrag „Wohnungs- und Obdachlosigkeit bekämpfen, Zwangsräumungen verhindern“ viele verschiedene sozialpolitische Reformen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit.
Bündnis 90/Die Grünen schlagen mit ihrem Antrag „Berichterstattung weiterentwickeln und alle Wohnungslosen statistisch erfassen“ ein „Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit“ vor. Mit ihm sollte der Kreis von Personen, die von der Statistik erfasst werden, erweitert werden.
Eine detailliertere Übersicht zu den Anträgen der Opposition findet ihr auf bundestag.de und den Verlauf der Debatte im Video:
(tl)