Ernährungspolitik Wie können wir gesünder leben?
Trotz besseren Wissens essen wir zu ungesund. Brauchen wir Regeln und Gesetze, die uns zu einer besseren Ernährung zwingen? Darüber diskutierten Abgeordnete, Ärzte und Wissenschaftler im Bundestag.
Pommes, Pizza, Limo – dass eine gesunde, ausgewogene Ernährung anders aussieht, ist den meisten von uns schon irgendwie klar. Trotzdem haben wir noch ganz schön Aufholbedarf: Es wird geschätzt, dass mehr als 20 Prozent aller Todesfälle weltweit auf schlechte Ernährung zurückgeführt werden können. In Deutschland ist Experten zufolge mittlerweile jedes siebte Kind übergewichtig. Das ist eine unerfreuliche Entwicklung. Denn Übergewicht zieht Folgeerkrankungen nach sich, die einen Menschen lebenslang belasten können.
Am 24. Juni 2019 fand im Bundestag eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft statt, bei der Sachverständige – also Ärzte und Ernährungswissenschaftler – wirkungsvolle Maßnahmen für gesunde Ernährung forderten. Zudem wurden drei Anträge von den Oppositionsfraktionen FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen besprochen. Bei der Diskussion ging es den Rednern vor allem darum, auch Kindern, Jugendlichen und Menschen mit wenig Geld eine ausgewogene und gesunde Esskultur zu ermöglichen.
Was die Experten kritisieren
Die Fachleute kritisierten, dass die Politik hauptsächlich darauf setzen würde, dass Lebensmittelkonzerne freiwillig gesündere Produkte herstellen. Das sei aber nicht effektiv genug. Daher forderten die Experten verbindliche Vorgaben, wie zum Beispiel die Besteuerung zuckerhaltiger Softdrinks. Sie beriefen sich dabei aur die über 40 Länder, die so eine Steuer schon erfolgreich eingeführt hätten.
An Kitas und Schulen, so die Fachleute, solle es ein kostenloses Essensangebot geben. Außerdem wollen sie, dass mehr Geld für die Erforschung ungesunder Ernährungsweisen ausgegeben wird. Denn um sinnvolle Maßnahmen einzuleiten, bräuchte man zu allererst aussagekräftige Daten. Wichtig wäre nach Ansicht der Sachverständigen auch eine bewegungsfreundliche Umgebung. Mehr Spielplätze und sichere Schulwege könnten beispielsweise dazu beitragen, dass sich Kinder mehr bewegen und so der Fettleibigkeit vorbeugen.
Die Linke: „Soziale Ernährungspolitik“
Der Antrag der Linken beinhaltet viele Vorschläge. Auch sie sehen die Lebensmittelindustrie in der Verantwortung und wollen eine verbindliche Strategie, um ungesunde Stoffe wie Zucker, ungesättigte Fettsäuren und Salz in Fertignahrungsmitteln zu reduzieren.
Abgesehen davon hat die Fraktion noch zwei andere Ideen. Zum einen möchten sie, dass in Kinder- und Jugendeinrichtungen mehr gemeinsam gekocht wird, um gesunde Ernährung in der Praxis zu erlernen. Das nennt man anwendungsorientierte Ernährungsbildung. Außerdem möchte sie ein gesetzliches Verbot von Werbung etwa für Fastfood, Süßigkeiten und zuckerhaltige Getränke – also für solche Produkte, die vor allem von jungen Leuten konsumiert werden.
FDP will Obst und Gemüse schmackhafter machen
Im Antrag der Liberalen wird eine Bildungsoffensive an Kitas und Schulen gefordert. Die FDP will eine frühzeitige Vermittlung von wichtigem Ernährungswissen. Bisher käme das nach Ansicht der Fraktion zu kurz. Dabei sollen auch die Erwachsenen mit einbezogen werden, denn schließlich seien sie Vorbilder für die Jüngeren.
Der Antrag sieht auch vor, dass das EU-Schulprogramm für Obst, Gemüse und Milch finanziell mehr unterstützt wird. Dieses Programm wurde ins Leben gerufen, um Kinder durch kostenloses Obst und Gemüse näher an gesunde Lebensmittel heranzuführen.
Die Grünen: „Ernährungswende“
Die Vorstellungen von Bündnis 90/Die Grünen sind denen von FDP und Linken teilweise sehr ähnlich. Auch sie verlangen in ihrem Antrag gesünderes Essen in öffentlichen Einrichtungen wie Kitas, Schulen, Universitäten, aber auch Krankenhäusern und Betriebskantinen. Außerdem fordern sie nachhaltige Maßnahmen zur Vermeidung von ungesunden Inhaltsstoffen in Lebensmitteln.
Gerade im Alltag müsse eine gesundere Ernährung einfacher werden. Zusammen mit den Bundesländern soll daran gearbeitet werden, dass eine gesunde Lebensweise Teil der Stadtentwicklung werde. Zum Beispiel, indem lokal verankerte Lebensmittelhersteller besser gefördert werden und sich die Menschen mehr von den Produkten ernähren, die in ihrer Region erzeugt werden.