Corona-Pandemie Wie die Kanzlerin den verlängerten Lockdown verteidigt
Der Lockdown geht weiter. Das haben Bund und Länder beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel rechtfertigte dies in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag – von der Opposition erntete sie Kritik.
Warum werden die Corona-Maßnahmen nicht gelockert, obwohl sich immer weniger Menschen mit dem Virus anstecken? Wie erfolgreich war die Strategie der Regierung bisher? Und welches Ziel verfolgt sie im Kampf gegen Corona? Diese Fragen stellen sich im Moment wohl viele Menschen in Deutschland.
Am Donnerstag gab Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag Antworten. Dass der Lockdown weitergehen soll, hatten Merkel und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer bereits Mitte der Woche beschlossen.
Die meisten Maßnahmen werden bis zum 7. März verlängert. Nur für Friseure, Schulen und Kitas gibt es Ausnahmen: Sie dürfen schon früher wieder öffnen. Für alle anderen gilt: Die Türen bleiben erstmal geschlossen.
Merkel: „Das vergesse ich keinen einzigen Tag“
Der Kampf gegen Corona sei für alle eine Kraftanstrengung, sagte Merkel im Plenarsaal. Ziel der Regierung sei es, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern – bislang mit Erfolg. Die Kanzlerin sagte: „Wer mit schweren Folgen einer Corona-Infektion in die Klinik muss, der bekommt überall in Deutschland die Versorgung, die er braucht.“ Damit das so bleibt, seien die Corona-Maßnahmen notwendig.
Auch, wenn sie wisse, dass der Preis hoch sei: Einschränkungen der Freiheit, Einsamkeit, finanzielle Sorgen und Ängste. „Ich vergesse [das] keinen einzigen Tag“, sagte Merkel. Aktuell sei Deutschland auf einem guten Weg.
Die Zahl der Menschen, die sich mit dem Virus anstecken, geht zurück und auch auf den Intensivstationen der Krankenhäuser liegen immer weniger Corona-Patienten. Außerdem haben die Impfungen begonnen.
Warum geht der Lockdown trotzdem weiter?
Die Kanzlerin sagte, es gebe eine große Gefahr für diesen guten Weg, auf dem wir uns befänden: nämlich sogenannte Mutationen. So nennt man es, wenn sich ein Virus verändert hat und eine neue Variante entstanden ist. Forscher sagen: Manche Corona-Mutationen führen dazu, dass sich das Virus schneller verbreitet. Das ist zum Beispiel bei einer Variante der Fall, die in Großbritannien entdeckt wurde, mittlerweile aber auch in Deutschland aufgetreten ist.
Wenn sich diese Virus-Varianten ausbreiten, könnte das die bisherigen Erfolge zunichtemachen, sagte die Kanzlerin. Um die Mutation kleinzuhalten, müssten deshalb alle noch einmal bis zum 7. März durchhalten. „Wir sind nicht mehr sehr weit von Infektionszahlen entfernt, die uns Schritt um Schritt wieder Öffnungen und Freiheiten ermöglichen können.“
Bildung ist Ländersache
Wie das dann genau aussehe, darüber würden Bund und Länder gemeinsam beraten, sagte Merkel. Dabei machte die Kanzlerin auch klar, dass sie nicht immer einer Meinung mit den Länderchefs sei.
Wäre es nach ihr gegangen, würden zum Beispiel die Schulen noch geschlossen bleiben. Aber: Bildung ist in Deutschland Ländersache, der Bund muss sich bei dem Thema raushalten. Deshalb entscheiden die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten darüber, wann in ihrem Bundesland die Schulen und Kitas wieder aufmachen.
AfD fordert neue Corona-Politik
Von den Oppositionsfraktionen gab es zum Teil heftigen Gegenwind für den Kurs der Regierung. Mit Blick auf die Bund-Länder-Gespräche sagte Alice Weidel, Fraktionsvorsitzende der AfD, eine „Kungelrunde“ beschließe im Hinterzimmer weitreichende Eingriffe in das Leben und die Freiheit der Bürger. Die Kanzlerin lege vorher fest, was dabei herauskommen solle und das Parlament dürfe hinterher ein bisschen darüber debattieren. Weidel befand: „Was für eine peinliche Inszenierung, was für eine dreiste Zurschaustellung von Arroganz der Macht.“
Die Regierung betreibe eine „falsche Politik, die nur Verbot und Zwang zu kennen scheint“, kritisierte die AfD-Abgeordnete. Das nehme den Menschen wertvolle Lebenszeit, befördere Einsamkeit und wirtschaftlichen Ruin. Die Fraktionschefin forderte: „Die Corona-Politik in unserem Land muss grundlegend neu ausgerichtet werden.“
SPD: „Angemessen, notwendig und gut begründet“
Anders sieht das die SPD-Fraktion: Sie sagt, die Beschlüsse seien „angemessen, notwendig und gut begründet“. Denn die Erfolge der anstrengenden vergangenen Wochen seien zerbrechlich, so Fraktionschef Rolf Mützenich.
Bei der Rückkehr zu einem weniger beschränkten Alltag sollten Kinder und Jugendliche zuerst entlastet werden. Außerdem mahnte Mützenich, konkrete Hilfen für die Wirtschaft müssten endlich ankommen.
FDP: „Keine klare Perspektive“
Nach Meinung der FDP-Fraktion war die Erklärung der Kanzlerin dringend notwendig. „Selten zuvor war die Politik der Regierung so erklärungsbedürftig“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Lindner.
Die Gesellschaft sei mittlerweile erschöpft, deshalb seien die Erwartungen an die Bund-Länder-Runde groß gewesen. „Diese Hoffnungen sind enttäuscht worden“, sagte Lindner. Die FDP kritisierte: Die Regierung gebe keine klaren Perspektiven.
CDU/CSU: „Diese Politik ist richtig“
Im Gegensatz zur FDP-Fraktion sagte die CDU/CSU: „Diese Politik ist richtig“. Es sei wichtig, zu allererst für niedrige Corona-Zahlen zu sorgen, meinte Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Die niedriger werdenden Infektionszahlen zeigten, dass der Lockdown wirke.
Er sagte, es brauche Konzepte, für die Schulen ebenso wie für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Auch müsse es besser klappen mit den Impfterminen. Brinkhaus forderte, die richtigen Lehren aus der Corona-Krise zu ziehen. Denn: „Diese Pandemie wird nicht die letzte Katastrophe sein.“
Linke forderte Selbstkritik der Regierung
Die Linke forderte, die Regierung müsse Fehler eingestehen. In den vergangenen Monaten sei einiges schiefgelaufen, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. Als Beispiel nannte er, dass Alten- und Pflegeheime nicht ausreichend geschützt worden seien. „Das Sterben in den Heimen ist das vielleicht dunkelste Kapitel der letzten Jahrzehnte“, sagte Bartsch.
Grüne: „Klar machen, woraufhin wir arbeiten“
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sagte, es fehle an einer Perspektive für die Gesellschaft. Dabei gehe es nicht um Öffnungen, erklärte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Es gehe darum, „dass wir allen klarmachen in unserem Land, woraufhin wir gemeinsam arbeiten.“
Außerdem kritisierte sie, dass die Corona-Hilfen zu spät bei den Betroffenen ankämen. „Das ist ein riesiges Versagen der Bundesregierung.“ Auch beim Thema Schulen müsse nachgebessert werden.
Die gesamte Debatte seht ihr hier im Video.