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Aktuelle Debatte Schlagabtausch zum Mauerfall

Vor 30 Jahren fiel die Berliner Mauer, die die DDR von der Bundesrepublik Deutschland trennte. Der Bundestag erinnerte heute in einer Debatte an die Ereignisse von 1989.

Glückliche Menschen vor der Berliner Mauer

Jubelnde Menschen überqueren in der Nacht vom 9. zum 10. November 1989 die Grenze der DDR zur Bundesrepublik Deutschland. © dpa/picture alliance

Anlässlich des Jahrestags des Mauerfalls am 9. November 1989 debattiert der Bundestag das Thema in einer streckenweise sehr emotionalen Sitzung. Neben Erinnerungen an das historische Ereignis kam es zu einem Schlagabtausch. Konkret ging es dabei um die Frage, wie mit dem geistigen Erbe der sogenannten Friedlichen Revolution umgegangen werden müsse. Teile der DDR-Bevölkerung hatten im Herbst 1989 für Freiheit und Demokratie demonstriert und damit die Deutsch-Deutsche Wiedervereinigung eingeläutet.

CDU/CSU: „Glücklichster Tag in unserer Geschichte“

Der Vorsitzende der Fraktion von CDU/CSU Ralph Brinkhaus warf einen Blick zurück. „Das ist das große Wunder“, sagte er, „es war eine friedliche Revolution“. Vor dem Engagement und dem Mut der Menschen in der DDR verneigte er sich im Geiste. Brinkhaus hob die Rolle der „stillen Helden“ hervor, die sich in den Jahrzehnten vor dem Mauerfall für Freiheit und gegen das DDR-Regime engagiert hätten und dafür verfolgt wurden. Er erinnerte auch an die Menschen, die bei dem Versuch, die Mauer Richtung BRD zu überwinden, ihr Leben verloren hatten. Die DDR bezeichnete er als „Diktatur und einen Unrechtsstaat“.

Der Tag des Mauerfalls am 9. November 1989 sei „der glücklichste Tag in unserer Geschichte“, sagte Brinkhaus. Gleichzeitig räumte er Fehler ein, die im Zuge der Wiedervereinigung passiert seien. Man habe viel über Geld, aber nicht über die Menschen gesprochen, die sich nach der Einheit „komplett neu erfinden mussten“.

AfD: Mauer war ein „antideutscher Schutzwall“

Der Abgeordnete Tino Chrupalla von der AfD-Fraktion sorgte mit seiner Rede für lautstarken Protest aus den Reihen der anderen Fraktionen. Er bezeichnete die Mauer als „antideutschen Trennwall“ und war der Meinung, dass Deutschland heute wieder durch genau so einen Trennwall geteilt sei. Angela Merkel hätte mit ihrer Politik dazu beigetragen, das Land erneut zu spalten, sagte er. Er forderte deshalb, die Außengrenzen zu schließen, damit das Land nach innen erneut geeint werden könne.

Das Leben tausender Menschen im Osten sei zerstört worden, kritisierte der AfD-Abgeordnete. Grund dafür sei etwa die Arbeit der Treuhandgesellschaft, die nach der Wiedervereinigung gegründet wurde, um Betriebe in den Kapitalismus zu überführen, die vorher sozialistisch organisiert waren. Chrupalla warf der Kanzlerin vor, sie würde „wenig Mitgefühl und Liebe“ für das von ihr regierte Volk empfinden.

SPD: „Demokratie verteidigen“

Die Abgeordnete Katrin Budde mahnte in ihrer Rede, dass die Ereignisse von damals heute verfälscht dargestellt würden. Sie wehrte sich gegen den Begriff „Wende“. Denn der sei vom letzten Staatsratsvorsitzende der DDR, Egon Krenz, geprägt worden, sagte sie. Sie plädierte daher, nicht von der Wende, sondern von der Freidlichen Revolution zu sprechen. Damit kritisierte sie auch die AfD, die bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg mit dem Slogan „Vollende die Wende“ warb.

Budde erzählte, dass sie sich 1989 in der DDR geweigert habe, an den Feierlichkeiten zur Gründung der DDR teilzunehmen. Dafür freue sie sich jetzt schon auf den 40. Jahrestag des Mauerfalls, den sie feiern wolle. Im Gegensatz zu damals in der DDR sei sie heute bereit, den Staat und die Demokratie zu verteidigen.

FDP: "Es war eine Revolution"

Auch die Generalsekretärin der FDP Linda Teuteberg kritisierte in ihrer Rede den Begriff „Wende“. Er ignoriere den Mut der vielen Menschen in der DDR, die sich gegen das SED-Regime gewandt hätten. „Es war eine Revolution“, sagte sie. Sie erinnerte außerdem an die Menschen, die wegen dieses Regimes ihr Leben verloren hatten.

Teuteberg war außerdem der Meinung, dass nicht die Treuhand für die wirtschaftlichen Probleme im Osten verantwortlich sei, sondern die „40 Jahre Misswirtschaft“ zuvor. Die FDP-Abgeordnete rief dazu auf, mehr über die DDR und die Erfahrungen der Menschen in Ostdeutschland zu sprechen. Allerdings dürfe dies nicht dazu führen, die Taten des DDR-Regimes als weniger schlimm anzusehen.

Linke: "Lebensleistung anerkennen"

Für Die Linke kristierte Dr. Gregor Gysi die Beschränkungen der Freiheit in der DDR. Allerdings wies er den Begriff „Unrechtsstaat“ zurück. Dieser Begriff sei in den 1960er-Jahren vom damaligen hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer für das nationalsozialistische Deutschland geprägt worden und könne nicht auf die DDR übertragen werden. Gysi mahnte, die Lebensleistung der Menschen in Ostdeutschland müsse endlich angemessen gewürdigt werden - etwa durch höhere Löhne. Außerdem betonte er, dass die Revolution auch deshalb friedlich abgelaufen sei, weil das DDR-Regime auf den Einsatz von Waffen verzichtete.

Gysi kritisierte die AfD scharf: „Sie haben nichts mit der Friedlichen Revolution zu tun.“ Die Menschen in der DDR seien nicht für Hass, Rassismus und Nationalismus auf die Straße gegangen, sondern um die Mauer zu beseitigen. Die AfD aber wolle neue Mauern errichten, sagte er.

Grüne: "Angst kann niemals Leitidee sein"

Auch Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, warf einen persönlichen Blick zurück. „Angst kann niemals die Leitidee von Politik sein“. Das habe sie bei der Friedlichen Revolution gelernt. Deshalb dürfe man auch nicht den „Rattenfängern mit den einfachen Antworten hinterherrennen“, sagte sie. Freiheit sei auch eine Zumutung, weil sie mit Scheitern verbunden sein könne. Viele Menschen in Ostdeutschland hätten in den vergangenen 30 Jahren viele Zumutungen erlebt.

Zu den Zumutungen der Freiheit gehöre auch, die Meinungen anderer zu ertragen – auch die der AfD. Allerdings bedeute Meinungsfreiheit auch, Widerspruch zu ertragen. Die AfD müsse es deshalb ertragen, dass man ihren Hassreden entgentritt. „Die Demokratie ist stärker als Sie“, rief sie in die Reihen der AfD. Göring-Eckardt zählte auch Errungenschaften der DDR auf, die es heute auch in der Bundesrepublik gibt. Darunter Biosphärenreservate, Polikliniken, Ganztagesbetreuung oder Spätshops.

(DBT/tl)

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