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Abgeordneten-Interview „Onlineshop für kleine Läden“

Laura Heyer

Eine Innenstadt wieder attraktiv zu machen, das hat Michael Kießling als Bürgermeister versucht. Warum eine coole Stadt nicht nur WLAN braucht und wie kleine Läden online verkaufen können, erzählt der CSU-Politiker im Interview.

Portraitfoto

Menschen treffen, Kaffee trinken, Eis kaufen, bummeln - so sollte es in Innenstädten laufen, sagt Michael Kießling. ©DBT Stella von Saldern

Herr Kießling, sie waren selbst Bürgermeister von Denklingen, einer Gemeinde in Oberbayern mit knapp 3000 Einwohnern. Wie sieht dort das Zentrum aus?

Ja, das stimmt, ich war von 2014 bis 2017 in Denklingen Bürgermeister. Als ich dort begonnen habe, gab es noch einen Edeka, eine Metzgerei und eine Gaststätte. Nach und nach haben diese Geschäfte aber zugemacht. Als Gemeinde mussten wir schon damals überlegen, wie wir unser Dorf wiederbeleben. Wir haben dann die Gaststätte umgebaut zum Rathaus und über eine Bürgerinitiative einen Dorfladen gegründet.

Gehen Sie (natürlich außerhalb des Corona-Lockdowns) noch häufig vor Ort einkaufen oder kaufen Sie mehr online ein?

Ich gehe sehr gern vor Ort einkaufen. Mein Büro ist mitten in Landsberg in Bayern. Das Besondere ist ja, dass man vielleicht sogar den Einzelhändler oder den Gastronomen in seinem Ort kennt, es ist also auch das soziale Umfeld.

Das Einkaufsverhalten der meisten Menschen hat sich aber verändert – besonders junge Leute kaufen heute eher online ein. Wie können sich Innenstädte verändern, um wieder interessant zu werden?

Viele gehen in die Stadt einkaufen, weil es als Erlebnis wahrgenommen wird. Man trifft Menschen, trinkt einen Kaffee, kauft ein Eis und macht einen Einkaufsbummel. Es vermittelt eben nicht nur das Gefühl, dass man schnell virtuell Sachen in den Warenkorb legt. Denn dabei ist Einkaufen oft eher Mittel zum Zweck. Damit Einkaufen wieder offline interessant wird, muss einerseits das Angebot der Läden stimmen. Gerade für junge Leute muss es die Möglichkeit geben, sich mit anderen Menschen zu treffen, zum Beispiel in Bars. Dazu gehört auch eine gute Infrastruktur wie der öffentliche Nahverkehr. Andererseits muss es auch für die Menschen, die direkt in der Stadt leben, noch lebenswert sein – zum Bespiel, wenn es um das Thema Lärm geht. Wie sich das von Stadt zu Stadt umsetzen lässt, ist aber sehr unterschiedlich.

Die Opposition hat fünf Anträge vorgelegt mit Ideen. Die AfD fordert etwa ein Rettungspaket für Innenstädte mit mehr WLAN, Platz für Autos in der Stadt und Innenstadtmanager. Was halten Sie von diesen Vorschlägen?

Das ist aus meiner Sicht der falsche Ansatz. Die AfD will vorgeben, welche Geschäfte es in der Stadt geben soll. Aber die Situation ist von Stadt zu Stadt sehr unterschiedlich. Dort Vermietern oder Ladenbesitzern Vorgaben zu machen, ist nicht zielführend. Schließlich muss es sich für die Läden auch lohnen, ein Geschäft oder eine Filiale in dieser bestimmten Stadt zu eröffnen.

Ähnlich ist es beim Thema Verkehr. In kleinen Gemeinden – wie in der Ortschaft Denklingen – fährt der Bus nur ein paar Mal am Tag in die Stadt. Da braucht man ein Auto, um einkaufen zu können. Deshalb ist es wichtig, dass es in den Einkaufsstädten das Angebot eines ÖPNV´s oder an Parkflächen gibt. Das Konzept „Park and Ride“ könnte dort eine Möglichkeit sein – also außerhalb des Stadtkerns parken und dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt fahren. Denn es will ja auch keiner in einem Stadtzentrum einkaufen, in dem unzählige Autos unterwegs sind.

Experten haben in einer Anhörung davor gewarnt, dass Corona und der Lockdown die Situation der Geschäfte noch verschlimmern wird und Innenstädte regelrecht veröden könnten, weil viele Geschäfte schließen müssen. Was schlagen Sie konkret als Lösung vor?

Kurzfristig müssen natürlich die vereinbarten Soforthilfen bei den Geschäften ankommen. Also ein Ausgleich für das Geld, das sie aktuell nicht einnehmen können. Aber das eigentliche Problem ist schon länger da und wird durch die Pandemie nochmals verstärkt. Aus meiner Sicht darf man trotzdem den Onlinehandel nicht verurteilen, sondern muss ihn nutzen. Kleine Läden können zum Beispiel auch einen Onlineshop anbieten. Einige Städte testen auch ganze Plattformen, auf denen sich Händler zusammenschließen können. So müsste man dann nicht auf die bekannten großen Onlinehändler zurückgreifen.

(lh)

Über Michael Kießling

Michael Kießling ist 47 Jahre alt und kommt ursprünglich aus der Schweiz. Der Bauingenieur sitzt im Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen und im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. Von 2014 bis 2017 war der CSU-Politiker Bürgermeister in Denklingen, einer Gemeinde in Oberbayern. Mehr über Michael Kießling erfahrt ihr auch auf bundestag.de.

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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