Kinderbetreuung Mehr Geld für Kitas
Ist der Name besser als der Ruf? Mit dem "Gute-Kita-Gesetz" will die Bundesregierung die Qualität in der Kinderbetreuung heben. Doch die Opposition hat Zweifel.
Einen schönen Namen braucht das Kind
Familienministerin Dr. Franziska Giffey (SPD) hatte Ende vergangenen Jahres einen Gesetzentwurfvorgelegt, dessen Name so sperrig klingt, wie die Namen von Gesetzentwürfen das nicht selten tun: "Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung". Dann dachte sie sich wohl, dass so ein Bandwurmbegriff kein guter Start ins Leben ist, auch nicht für ein Gesetz. Im Zusammenhang mit dem Entwurf sprachen sie und ihre Mitarbeiter immer nur vom "Gute-Kita-Gesetz" und das setzte sich durch, auch in den Medien.
Aber werden Kindergärten durch das Gesetz wirklich "gut"? Vor der Abstimmung am 14. Dezember gab es zumindest von der Opposition heftige Kritik.
Wozu soll das gut sein?
Zwar ist in Deutschland der Schulbesuch kostenlos, der Besuch einer Kita oft aber nicht. Zwar sind die Beiträge in vielen Bundesländern nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt, doch Geld kosten Kindergärten meist schon.
Dazu kommt: Obwohl die Eltern meist dafür zahlen müssen, lässt die Betreuung ihrer Kinder in der Kita zuweilen zu wünschen übrig. Weil zum Beispiel das Personal fehlt. Mit dem Gesetz will Giffey den Ländern nun 5,5 Milliarden Euro aus der Kasse des Bundes beisteuern. Damit die Länder das Geld sinnvoll verwenden, soll der Bund ein Auge darauf haben.
Dafür gibt es Geld
Geld gibt es zum Beispiel, wenn die Länder Fachkräfte ausbilden, wenn die Kitas mehr Betreuer für eine bestimmte Anzahl an Kindern einsetzen oder wenn die Kitas innen und außen kindgerechter gestaltet werden. Zudem sollen Eltern mit geringem Einkommen geringere oder keine Gebühren mehr zahlen. Wie diese Staffelung der Elternbeiträge aussieht, entscheiden allerdings die Länder. Von dem Gesetz würden 3,1 Millionen Kinder sowie die vielen Erzieherinnen und Erzieher in Deutschland profitieren, erklärte die Ministerin in der Debatte.
Union: Länder sollen selbst entscheiden
Nadine Schön (CDU/CSU) verwies in der Debatte auf eines der großen Probleme: Die "Betreuungsrelationen" in deutschen Kitas seien höchst unterschiedlich: Während sich in Baden-Württemberg eine Erzieherin um drei unter Dreijährige kümmere, seien es in Mecklenburg-Vorpommern sieben. Hier müsse sich auf jeden Fall etwas ändern.
An einer anderen Stelle wollte die Union die Pläne aus dem Ministerium des Koalitionspartners aber nicht mittragen. Giffey hatte ursprünglich vorgesehen, dass der Bund auch bei der sozialen Staffelung der Elternbeiträge ein gewichtiges Wörtchen mitzureden hat. Das wurde nun wieder aus dem Entwurf rausgestrichen, weil die Länder "das selbst hinbekommen", argumentierte Schön. Dafür soll es auf Druck der Union Schutzkonzepte gegen sexuellen Kindesmissbrauch in den Kitas geben; dies sei enorm wichtig.
SPD: Überall gebührenfrei
Katja Mast (SPD) meinte, es gehe um "mehr Qualität und weniger Gebühren" – dies sei das Ergebnis eines vierjährigen Prozesses, in dem Betroffene, Experten, Bund und Länder gemeinsam Qualitätskriterien für Kitas entwickelt hätten. Nicht nur Familien, die von Sozialleistungen leben, sollen nun unterstützt werden, sondern auch solche mit kleinem Einkommen. Langfristig sei es das Ziel der SPD, so Mast, Kita-Gebühren überall komplett abzuschaffen. In vielen Bundesländern ist das bereits geschehen.
FDP: Gebühren sozial staffeln
Damit kann nun die FDP gar nichts anfangen. Matthias Seestern-Pauly meinte, statt einer pauschalen Gebührenbefreiung sei eine sozial faire Staffelung nötig. Für die Beitragsbefreiung werde Geld verwendet, das dann bei Sprachförderung oder für mehr Betreuer fehle. Außerdem bemängelte er, dass die Förderung durch den Bund auf vier Jahre begrenzt sei. Um mehr Personal einstellen zu können, sei eine dauerhafte Finanzierung nötig.
Linke: Geld reicht nicht
Auch Die Linke sieht die Gebührenbefreiung offenbar nicht ganz unkritisch. Norbert Müller erklärte im Namen seiner Fraktion, die Kostenfreiheit werde aktuell gegen mehr Qualität ausgespielt, weil das Geld für beides nicht reiche. "Mindestens zehn von 16 Bundesländern" würden das vom Bund bereitgestellte Geld für Beitragsfreiheit ausgeben und nicht mehr Personal einstellen.
Grüne: "Gut-für-Gutverdiener-Gesetz"
Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) sieht das auch so: Die geplante Beitragsfreiheit komme Familien zugute, die darauf nicht angewiesen seien; das Gesetz werde so zu einem "Gut-für-Gutverdiener-Gesetz". Die angekündigte höhere Qualität der Kitas sei aber gänzlich aus dem Entwurf "rausgeflogen".
AfD: Experten ignoriert
Für die AfD sagte Martin Reichardt, die Familienministerin fördere das Ausspitzeln von Kindern und Eltern an Kitas. Laut einer Broschüre (deren Herausgeber vom Ministerium unterstützt werden) seien nämlich Mädchen mit Kleidern und Zöpfen "ein eindeutiges Zeichen für eine völkisch-rechtsextreme Gesinnung im Elternhaus", die zu prüfen sei. Zum Gesetzentwurf sagte Reichhardt: Die Koalition habe Einwände der Sachverständigen ignoriert.
Anträge abgelehnt, Gesetz angenommen
Aufgrund der vielen Mängel, die das "Gute-Kita-Gesetz" aus Sicht der Opposition hat, haben Linke, Grüne und FDP verschiedene Anträge eingereicht, mit denen sie Änderungen an dem Entwurf erreichen wollten. Die wurden allerdings allesamt mit wechselnden Mehrheiten abgelehnt, Giffeys Gesetz hingegen mit den Stimmen von Union und SPD angenommen. Auch der Bundesrat stimmte dem Gesetz zu.
(DBT/ah)