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CDU-Abgeordneter „Ich sehe hoffnungsvolle Zeichen“

Sollte man mit den Corona-Hilfen besonders nachhaltige Branchen unterstützen? In welchen Bereichen macht das Sinn? Matthias Zimmer (CDU/CSU) erklärt, was nachhaltiges Wachstum bedeutet.

Porträt des Abgeordneten Matthias Zimmer (CDU/CSU)

„Wir verbrauchen weniger Ressourcen, wenn wir die Dinge digital angehen“, sagt Matthias Zimmer (CDU/CSU). Foto: Steven Kunert

In der Corona-Krise will die Bundesregierung die Wirtschaft ankurbeln. Manche Politiker fordern, das neue Wachstum solle nachhaltig sein. Was ist das denn genau, dieses Wachstum – und wie kann es nachhaltig sein?

Wachstum bedeutet zunächst einmal nur einen Anstieg der wirtschaftlichen Leistungen eines Landes, also des Bruttoinlandprodukts. Das sagt noch nicht viel darüber aus, ob es den Menschen danach besser geht oder nicht.

Ein nachhaltiges Wachstum ist eines, das unsere Ressourcen nicht überfordert. Insofern ist nachhaltiges Wirtschaften schon länger ein Thema, nicht erst seit der Corona-Krise. Ich glaube, wir können uns heute gar kein anderes Wachstum mehr leisten als ein nachhaltiges.

Nachhaltigkeit umfasst viele Bereiche: Umwelt, Bildung, Gesundheit... Welche sind jetzt besonders wichtig?

Der Begriff Nachhaltigkeit kommt aus der Wirtschaft und charakterisiert das Verhältnis zur Umwelt. Wir kennen das zum Beispiel aus der Forstwirtschaft: Man soll nicht mehr Bäume schlagen, als nachwachsen. Das ist die Grundidee von Nachhaltigkeit.

Ich glaube, wir haben jetzt die Chance auf einen erheblichen Schub bei der Digitalisierung. Das bedeutet eben auch, dass wir nachhaltiger wirtschaften, weil wir weniger Ressourcen verbrauchen, wenn wir die Dinge digital angehen.

Die Grünen zum Beispiel fordern, die Corona-Hilfen an Bedingungen zu knüpfen und so nachhaltige Branchen zu unterstützen. Eine gute Idee?

Das ist grundsätzlich eine gute Idee. Aber man muss genau hingucken, in welchen Bereichen das geht und sinnvoll ist.

In welchen Bereichen ist es zum Beispiel sinnvoll?

Wir haben ja bestimmte Förderungen beschlossen, zum Beispiel in der Automobilbranche, die gezielt auf Wasserstoff setzen. Das ist dann nicht mehr die klassische Abwrackprämie, bei der jeder, der irgendein neues Auto kauft, unterstützt wird, sondern da werden eben bestimmte ressourcenschonende Technologien gefördert.

Trotzdem kritisieren manche, dass mit der Autoindustrie oder auch mit der Flugbranche Unternehmen gefördert würden, die prinzipiell eher klimaschädigend sind. Was sagen Sie dazu?

Gerade wenn man sich den Flugverkehr anschaut, wird man feststellen, dass sich da ein ziemlich dramatischer Wandel ankündigt. Allein dadurch, dass die Anzahl der Dienstreisen wahrscheinlich dauerhaft deutlich nach unten gehen wird. Ich erlebe viele Wirtschaftsvertreter, die sagen: Ist doch prima, was wir durch Video-Konferenzen und anderen technische Neuerungen an Möglichkeiten haben. Alles jenseits von Dienstreisen liegt ja auch beim Einzelnen: Man kann durchaus auf private Flugreisen verzichten – auch in Deutschland gibt es schöne Reiseziele.

Grüne und FDP hatten kürzlich je einen Antrag vorgelegt mit konkreten Vorschlägen, die Bundesregierung setzt jetzt mit den Konjunkturpaketen eigene Ideen zur Ankurbelung der Wirtschaft um. Wo gehen Sie bei FDP und Grünen mit und wo nicht?

Die FDP setzt stark auf Technologie-Neutralität. Alle Technologien sollen prinzipiell gleichbehandelt und nicht gewertet werden. Wenn wir aber beispielsweise bei der Frage des CO2-Ausstoßes auf Technologie-Neutralität setzen, dann haben wir die Atomkraft wieder – und das wollen wir nicht.

Bei den Grünen gibt es viele Punkte, bei denen man schon mitgehen könnte. Aber man kann sich eben nur für eine Strategie entscheiden. Und ich glaube, die Bundesregierung hat sehr gut daran getan, zum Beispiel massiv auf Wasserstoff als Kraftstoff-Quelle zu setzen – das ist durchaus im Sinne der Nachhaltigkeit.

Das Thema nachhaltiges Wachstum dürfte Ihnen bekannt vorkommen, sie waren von 2011 bis 2013 stellvertretender Vorsitzender der Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“, bei der es auch genau darum ging. Was hat sich seitdem geändert?

Die großen Erwartungen, die die Enquete-Kommission damals begleitet haben, haben sich leider nicht erfüllt. Wir hatten zum Beispiel gehofft, dass alternative Wachstumsindikatoren zur Anwendung kommen, dass wir also Wachstum nicht mehr nur mit Waren und Dienstleistungen bemessen. Auch andere Vorschläge wurden nicht umgesetzt, das ist sehr schade.

Ich glaube, unser Enquete-Bericht ist nach wie vor eine ausgezeichnete Quelle für unterschiedliche Vorschläge und Modelle zum Thema Nachhaltigkeit – auch wenn die Wissenschaft heute natürlich auf einem anderen Stand ist. Ich denke immer noch, dass vieles von dem, was wir damals empfohlen haben, richtig ist.

Die Beschäftigung der Enquete-Kommission mit dem Thema hat insgesamt Wirkung gezeigt. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit ist deutlich größer geworden. Vor allem in der Fridays-For-Future-Bewegung sehe ich da ein hoffnungsvolles Zeichen.

Über Matthias Zimmer

Matthias Zimmer, 59, sitzt seit 2009 für die CDU/CSU im Bundestag. Er ist Obmann im Ausschuss für Arbeit und Soziales und Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.

(jk)

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