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UN-Planspiel Gebügelte Hemden, hohe Hacken

Lisa Pramann

Über Weltpolitik debattieren, das geht bei Model United Nations. Studenten und Schüler schlüpfen dort in die Rolle von Delegierten. Lisa war dabei – und hat Russland vertreten.

Junge Menschen schauen in die Kamera

Lisa (vorne links) mit anderen herausgeputzten Planspiel-Teilnehmern. Der strenge Dresscode gehört dazu. © privat

Zehn Uhr morgens in meinem Münsteraner WG-Zimmer: Ich suche verzweifelt die passende Bluse zu meinem schwarzen Blazer und quäle mich schlussendlich erfolgreich in meine hochhackigen Schühchen. Ich bin in Eile. Die Registrierung der Delegierten der MUIMUN 2017 läuft schon.

Was passiert?

Die MUIMUN (Münster University International Model United Nations) ist das UN-Planspiel der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. An Schulen und Universitäten auf dem ganzen Globus organisieren zumeist Studierende eigenverantwortlich die Simulation der Vereinten Nationen, ihrer Hauptorgane, wie den Sicherheitsrat, aber auch Unter- und Nebenorgane. Die Vereinten Nationen sind ein zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 193 Staaten. Die Teilnehmer dieser Veranstaltungen kommen deshalb ebenfalls aus Europa und der ganzen Welt. Sie übernehmen für einige Tage die Funktion des Delegierten eines Mitgliedstaates.

Was ist das Ziel?

Die Veranstalter jeder MUN wollen mit ihrem Planspiel das Verständnis über die Vereinten Nationen und ihre Arbeitsweise schärfen, Debatten fördern und den kulturellen Austausch unter den Delegierten anregen. Ich bin nervös, weil ich zum ersten Mal an einem so großen Planspiel teilnehmen werde. Damit man sich besser in die Rolle hineinversetzen kann, ist der Dresscode sehr strikt und zumindest in den ersten Tagen halten sich auch alle daran. Die Jungs tragen mehr oder weniger säuberlich gebügelte Hemden und die Mädels laufen holprig in ihren schicken Schuhen über das Parkett.

Warum mache ich mit?

Als Politikstudentin habe ich die Vereinten Nationen gerade theoretisch in der Uni behandelt und so bekam ich Lust, mich dem Ganzen auch Mal praktisch zu nähern. Neben den Rollen als Delegierte in verschiedenen Räten, können sich die Teilnehmer unter anderem auch als Journalisten registrieren. Wichtig ist nur, dass die Delegierten nicht ihr eigenes Herkunftsland repräsentieren.

Wenige Wochen nach meiner Anmeldung bekam ich mein Land und meinen Rat zugeteilt. Ich darf die Russische Föderation vertreten und zusammen mit 25 anderen Delegierten in dem UNHCR-Gremium, dem Flüchtlingsrat der Vereinten Nationen, debattieren.

Welches Land vertrete ich?

Als eine Vetomacht hat Russland mit seinem permanenten Sitz im Sicherheitsrat der UN eine wichtige Funktion. Die Veto-Macht erlaubt es der Russischen Föderation, Initiativen abzulehnen, die ihrem Verständnis von Menschenrechten oder der nationalen Souveränität nicht entsprechen. Im Fokus der medialen Berichterstattung steht Russland deshalb vor allem dann, wenn es wichtige Beschlüsse des Sicherheitsrates blockiert.

Im UNHCR, meinem Planspiel-Gremium, hat Russland aber keine besondere Superkraft. Generell hat der Rat eher eine beratende Funktion. Er ist mit dem Schutz von Flüchtlingen und Staatenlosen beauftragt und auch im Bereich der humanitären Hilfe tätig.

Was ist unsere Aufgabe?

Unsere Aufgabe ist es, eine Resolution zu verabschieden. Das ist ein Dokument, das die Schlüsselpunkte einer formellen Vereinbarung festhält, zu denen sich alle Staaten bekennen. Rechtlich bindend ist so ein Dokument nicht. Das Thema, über das wir die nächsten Tage debattieren, ist die Unterstützung für sogenannte "Klimaflüchtlinge", also Menschen, die sich aufgrund von Umweltveränderungen oder Naturkatastrophen gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen. Im Vorfeld müssen wir ein Papier formulieren, in dem wir die Position unseres Landes in Bezug auf die beiden Themenfelder vorstellen. Russlands Position ist dahingehend dezent zurückhaltend, auch wenn es den Klimawandel als reale Gefahr ansieht (im Gegensatz zu den USA) und sich zu dem Pariser Klimaabkommen bekennt.

Die Debatten im Flüchtlingsrat

Es ist dann auch mein Job, diese Position zu vertreten. Ich bin ziemlich nervös, weil ich mit den formellen Regeln der MUN nicht vertraut bin und die Debatten in englischer Sprache stattfinden. Jedes Gremium wird jedoch angeleitet von den sogenannten "Chairs". Unsere sind sehr geduldig und erklären uns zu Beginn nochmal die wichtigsten Regeln. Zum Beispiel müssen wir unser Namensschild heben, wenn wir etwas sagen wollen, kommen dann erst mal auf eine Liste und haben nur knapp eine Minute Redezeit.

Um ehrlich zu sein, habe ich mich den ersten Tag auch nicht viel zu Wort gemeldet und das Geschehen erstmal beobachtet. Neben einigen Münsteraner Studenten sind unter anderem auch Delegierte aus Marokko und Brasilien angereist. In den nächsten Tagen entstehen interessante Debatten und gegen Ende haben wir es sogar geschafft, eine fiktive Resolution zu verabschieden, die die Definition von Klimaflüchtlingen fordert und ihnen Unterstützung zusichert.

Was passiert noch?

Neben den eigentlichen Debatten gibt es nachmittags und abends eine Stadtführung, Kneipentour und eine "Global Village Party", bei der jeder neben einem typischen Outfit auch ein Essen seines Landes mitbringt.

Was ich mitgenommen habe...

Ich habe nicht nur viele nette Leute, sondern auch inhaltlich einiges kennengelernt. Besonders gefallen hat es mir, die Russische Föderation zu vertreten, deren Positionen oft auch mal anecken und die nicht unbedingt mit meinen persönlichen übereinstimmen. Aber das schafft Toleranz für andere Meinungen und es macht auch einfach Spaß, mal den "Bad Guy" zu spielen. Weil mir die MUIMUN so gut gefallen hat, habe ich Anfang dieses Jahres auch an einer Simulation der Europäischen Union teilgenommen. Ich glaube, dass es fast kein besseres Format gibt, um Interesse an und Verständnis für internationale Politik zu entwickeln.

Und falls ich eure Lust wecken konnte: An vielen Schulen und Universitäten in Deutschland gibt es solche Planspiele, an denen ihr teilnehmen könnt. Nicht zu vergessen, die Planspiele, an denen ihr im Deutschen Bundestag teilnehmen könnt! Und falls eure Schule noch nicht dazu gehört: Sucht euch einen engagierten Lehrer und organisiert eure eigene MUN!

Lisa Pramann

Mitmischen-Autorin

Lisa Pramann

Studentin aus Münster

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