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US-Wahl Eine Zitterpartie

Laura Heyer

Die USA wählen ihren 46. Präsidenten. Auch viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages fiebern mit. Acht von ihnen haben ein besonderes Auge auf die Wahl.

Gruppe von Menschen mit US-Fahnen

"Zählt jede Stimme!" – für eine faire Wahl, bei der alle Stimmen ausgezählt werden, gehen in den USA Menschen auf die Straße.©picture alliance/ZUMA Press

Alles ruhig?

So hatte sich Michael Georg Link diese Woche sicher nicht vorgestellt. Der FDP-Politiker ist Mitglied des Deutschen Bundestages und der Leiter der Wahlbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Link hält sich derzeit in den USA auf und schaut, ob bei der Wahl alles mit rechten Dingen zugeht. Mit ihm sind sieben weitere Parlamentarier aus dem Deutschen Bundestag vor Ort.

Links Zwischenbilanz am Nachmittag des 4. November: Bei der 59. Wahl in den USA ging es sehr ruhig und geordnet zu. Das sagte er bei der Vorstellung eines Zwischenberichtes, mit dem die OSZE erste Einblicke in ihre Erfahrungen am Wahltag gibt. Doch einer sieht das ganz anders: der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten, der Republikaner Donald Trump.

Und der Sieger ist ...

Zum jetzigen Zeitpunkt steht immer noch nicht sicher fest, wer der 46. Präsident der Vereinigten Staaten wird. Der Kampf zwischen Amtsinhaber Donald Trump von den Republikanern und seinem Herausforderer Joe Binden von den Demokraten ist noch nicht endgültig entschieden, weil noch nicht alle Stimmen ausgezählt sind.

Trump hat sich aber schon zum Sieger erklärt und versucht nun, über Gerichte die weitere Auszählung der Stimmen stoppen zu lassen. Er will sogar vor dem höchsten US-Gericht, dem Supreme Court, klagen.

Schaden für die Demokratie

Michael Georg Link und seine Kollegen von der OSZE finden Trumps Verhalten nicht richtig. Die Abgeordneten sind zwar keine „Wählerpolizei“ und können am Wahltag auch nicht in das Geschehen eingreifen. Einige von ihnen sind jedoch in Wahllokalen vor Ort und schauen, wie dort die Wahl abläuft.

Was wäre etwa bedenklich? Es könnte zum Beispiel sein, dass Wähler ihre Stimme durch Wahlcomputer nicht geheim abgeben können oder Unterlagen für die Briefwahl zu früh geöffnet werden. Das sei aber nicht der Fall gewesen, sagte Link. Aus seiner Sicht schadet Trump mit seinen Vorwürfen dem Vertrauen in die Demokratie. "Grundlose Behauptungen über systematische Mängel, insbesondere durch den amtierenden Präsidenten, auch in der Wahlnacht, schaden dem Vertrauen der Öffentlichkeit in die demokratischen Institutionen", zitiert ihn die OSZE.

The Winner takes all

Dass das Rennen um das Weiße Haus einem Krimi gleichkommt, hängt mit dem amerikanischen Wahlsystem zusammen. Denn die Amerikaner wählen ihren neuen Präsidenten nicht direkt, sondern über sogenannte Wahlmänner. Das Electoral College, das Wahlmännergremium, besteht aus 538 Wahlleuten aus den 50 Bundesstaaten. Jeder Staat erhält je nach Größe mehr oder weniger Wahlmänner – Kalifornien, mit mehr als 33 Millionen Einwohnern, stellt die meisten Wahlleute, nämlich 55. Im kleinen Bundesstaat Maine sind es zum Beispiel nur fünf.

Wer 270 der Wahlmänner auf seine Seite bringen kann, wird neuer Präsident. Aktuell hat Joe Binden 253 Wahlmänner auf seiner Seite, Donald Trump 213 (Quelle: CNN, 05.11.20, 14:22 Uhr). Das Ganze funktioniert in 48 der 50 Staaten nach dem sogenannten Winner-takes-all-Prinzip oder auch Mehrheitswahlrecht. Das heißt: Wer die Mehrheit der Stimmen in einem Bundesstaat erhält, zieht auch alle Wahlmänner auf seine Seite. Dabei ist egal, ob der Kandidat an mit einer oder zehntausend Stimmen vorne liegt.

In manchen Staaten ist es vorhersehbar, welcher Kandidat gewinnt. Aber es gibt auch sogenannte Swing-States. Dort hatten in der Vergangenheit mal die Demokraten und mal die Republikaner die Nase vorn. In diesen Staaten ist das Ergebnis oft sehr knapp und hängt nur von wenigen Stimmen ab.

Das Problem mit der Briefwahl

Dieses Jahr haben in den USA überdurchschnitt viele Menschen abgestimmt. Mit knapp 67 Prozent ist die Wahlbeteiligung gleichwohl noch niedriger als in vielen Staaten Europas. Auch das liegt am amerikanischen Wahlrecht. Anders als in Deutschland wird man dort nicht per Brief zur Wahl eingeladen und geht dann mit diesem Zettel ins Wahllokal oder fordert die Briefwahlunterlagen an. Man muss sich vorher registrieren lassen. Das ist in vielen Staaten sehr kompliziert: Schon ein falsch ausgefüllter Zettel oder eine fehlende Geburtsurkunde können dazu führen, dass man gar nicht wählen darf.

Auch das Wahlrecht ist je nach Staat unterschiedlich. In Oregon zum Beispiel gibt es nur Briefwahl. In anderen Staaten kann man mit Early Voting schon Tage oder Wochen früher wählen. Auch aufgrund der Corona-Krise haben in diesem Jahr sehr viele Menschen in den USA die Briefwahl genutzt. Diese Stimmen werden allerdings auch erst am Wahltag ausgezählt.

Wann wir mehr wissen

Dieses Vorgehen kritisierte Donald Trump schon vor der Wahl scharf und sprach immer wieder von Möglichkeiten zum Wahlbetrug. Diese Gefahr sehen die Beobachter der OSZE nicht. Die Grünen-Abgeordnete Katja Keul, die als Beobachterin in Michigan ist, konnte keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten sehen. Wer der neue Präsident der Vereinigten Staaten wird, wissen wir hoffentlich in den nächsten Tagen. Ganz gewiss jedoch am 20. Januar 2021 – dann wird er offiziell vereidigt.

Welcher Kandidat aktuell vorne liegt und viele weitere Infos zu Wahl findet ihr hier.

(lh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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