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Fachgespräch Eine Welt ohne Bargeld?

Diana Podoynitsyn

Immer mehr Menschen in Deutschland bezahlen ohne Münzen und Scheine. Eine komplette Abschaffung des Bargelds in naher Zukunft sah aber keiner der Experten im Bundestag.

Junge Frau bezahlt im Café mit ihrem Smartphone.

Jedes Jahr zahlen mehr Menschen beim Einkauf und im Café bargeldlos. © shutterstock.com/XArtProduction

Wer schon mal in einem Land wie etwa Schweden, England oder den USA Urlaub gemacht hat, dem ist es vielleicht aufgefallen: Dort bezahlen die Menschen wesentlich seltener mit Münzen und Scheinen als in Deutschland. Hier bei uns käme niemand auf die Idee, eine Kugel Eis oder ein Brötchen mit der EC-Karte oder dem Smartphone zu bezahlen. Aber das sieht in anderen Ländern ganz anders aus.

Wie hat sich das Bezahlen in Deutschland entwickelt und welche Folgen hat das? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung vor der Sommerpause gemeinsam mit neun Experten. Hintergrund der Diskussion war eine vom Ausschuss in Auftrag gegebene Studie zum Thema, die aktuell erarbeitet wird.

Pro und Contra Bargeld

Die Pandemie, in der wir uns derzeit befinden, wirkt sich auch auf den Umgang mit Bargeld aus: Der Trend zum bargeldlosen Zahlen verstärkt sich. Ohnehin werden es von Jahr zu Jahr mehr Menschen, die alternative Zahlmethoden nutzen. Das hat aktuell den Vorteil, dass wir Rechnungen begleichen können, ohne viel anfassen zu müssen.

Auch über die Corona-Krise hinaus fanden sich im Experten-Gespräch Argumente für das bargeldlose Zahlen: So könnte es Betrugsversuche mit Falschgeld oder Geldwäsche erschweren.

Allerdings berge das zunehmende Bezahlen ohne Bargeld auch Gefahren. Wenn der Anteil der Barzahlungen zu niedrig wäre, könne es – wie in Schweden schon geschehen – passieren, dass Händler gar kein Bargeld mehr akzeptierten.

Mehrere Experten äußerten die Sorge, dass Menschen mit geringen Budgets sich ohne Bargeld leichter überschulden könnten. Mit Bargeld lasse sich besser haushalten. Außerdem brauche man für alternative Bezahlmethoden eine Bankkarte, ein Smartphone, Internet-Zugang. Wer all das nicht besitze, sei im Nachteil.

Mehr Digitalisierung wagen

Die Sachverständigen waren sich deshalb einig, dass man das Bargeld nicht komplett abschaffen sollte. Eine bargeldlose Gesellschaft in den nächsten Jahren sei nicht realistisch.

Dennoch forderten viele Experten mehr Mut zur Innovation. Deutschland dürfe den technologischen Anschluss nicht verlieren, sondern müsse sich im Wettbewerb klar positionieren. Kritisiert wurde zum Beispiel, dass es in Deutschland immer noch kein aus ihrer Sicht überzeugendes Online-Zahlverfahren gebe.

Was die Sicherheit und den Datenschutz etwa bei QR-basierten Apps anbelangt, gab es kaum Bedenken: Nicht einmal der Händler kenne die Kundendaten. Auch über Kryptowährungen äußerte sich niemand negativ. Sie würden, anders als in Staaten wie Venezuela oder China, hierzulande keine große Rolle spielen, hieß es.

Das Fachgespräch seht ihr hier im Video:

Zur geplanten Studie

Das Unternehmen VDI/VDE Innovation + Technik GmbH führt die erwähnte Studie durch. Sie soll einen Überblick über die Möglichkeiten des bargeldlosen Bezahlens inklusive Chancen und Risiken bieten. Dafür wird unter anderem auf andere Länder geschaut, die eine Vorreiterrolle einnehmen.

Das Projekt liegt beim Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Zwar ist die Studie noch nicht abgeschlossen. Es gibt aber schon ein Thesenpapier mit sieben Kernaussagen. Das könnt ihr euch hier anschauen.

Portraitfoto von mitmischen-Autorin Diana Podoynitsyn
Mitmischen-Autorin

Diana Podoynitsyn

lebt in Trier. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in der Kommunalpolitik, bei "Demokratie leben!" sowie im Altersheim. Sie liest und philosophiert gern. Manchmal gestikuliert sie so stark, dass ihre Mitmenschen lieber Abstand zu ihr halten.

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