Bildung Dieses seltsame Corona-Schuljahr
Die Schüler kehren nach und nach wieder in den Unterricht zurück – allerdings unter verschiedenen Bedingungen, je nach Bundesland und Schule. Der Bundestag diskutierte, wie man trotzdem für mehr Chancengleichheit sorgen könnte.
Werden Leistungen aus dem Homeschooling benotet? Kann man im Corona-Schuljahr sitzen blieben? Wie können die laufenden Abschluss-Prüfungen fair bewertet werden?
Diese Fragen stellen sich aktuell viele Schülerinnen und Schüler. Die Bundesländer haben unterschiedliche Antworten darauf gefunden. In Bremen zum Beispiel dürfen Aufgaben aus der Zeit der Schulschließung nur bewertet werden, wenn die Schüler sich damit verbessern können. In Baden-Württemberg werden die Noten aus beiden Halbjahren zusammengerechnet. In Brandenburg sollen in die Zeugnisnoten für viele Schüler nur die Leistungen einfließen, die bis zum 18. März erbracht wurden.
Das Thema Sitzenbleiben handhaben die Länder ebenfalls unterschiedlich: In Hessen soll in diesem Jahr ausnahmsweise niemand sitzen bleiben. In Bayern wird ein Modell der Versetzung auf Probe geprüft. Und im Saarland sollen Lehrer im individuellen Gespräch mit den Eltern klären, ob der Schüler freiwillig das Jahr wiederholen möchten.
Und auch für die Abschluss-Prüfungen, die gerade überall laufen, gelten unterschiedliche Regelungen. Hanna hat uns von ihrem Abitur in Stuttgart berichtet, Kolja von seinem in Berlin. Wolfgang erzählt von seinem Hauptschulabschluss in Bayern und Zelal von ihrem Realschulabschluss in Hessen.
In den Ferien büffeln?
Die Grüne haben in einem Antrag nicht nur „ein schlüssiges Gesamtkonzept für die nachhaltige Verbesserung der Sanitärversorgung und Hygiene an Kitas und Schulen“ gefordert, sondern vor allem mehr Gerechtigkeit für die Schüler, die ohnehin Schwierigkeiten in der Schule haben und die deshalb unter den Schulschließungen besonders gelitten haben.
„Chancenungleichheiten dürfen sich nicht weiter verstärken“, heißt es in dem Antrag. „Wir dürfen kein Kind zurück lassen.“ Im Folgenden wird klar, wer damit vor allem gemeint ist: „Hausaufgabenhilfe, Lernförderung, soziale Kontakte und gemeinsames Spielen kommen gerade in jenen Familien zu kurz, in denen Laptops oder technisches Wissen fehlen, die Eltern die Sprache nicht gut genug sprechen oder Mütter und Väter schlicht keine Zeit haben, weil sie zwischen Arbeitsplatz, Home-Office und Haushalt selbst rund um die Uhr eingespannt sind.“
Um die Situation dieser Schüler zu verbessern, stellen die Grünen eine Reihe Forderungen auf: Sie wollen, dass die Bundesregierung zusammen mit den Ländern ein „Gerechtigkeitspaket für faire Bildungschancen“ auf den Weg bringt. Konkret schlagen sie zusätzliche Lernförderung, Schulsozialarbeit und Ferienangebote vor. Außerdem sollen Familien mit wenig Geld einen Zuschuss bekommen, damit sie ihren Kindern Laptops für das digitale Lernen finanzieren können.
„Kindergipfel“ mit Schülervertretern
Auch die Linke hat einen Antrag vorgelegt, der die Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Corona-Pandemie stärken soll. Die Fraktion befindet darin: „Abhängig von der sozialen Lage trifft die Corona-Krise Kinder, Jugendliche und ihre Familien unterschiedlich hart. Die soziale Spaltung hat zugenommen.“
Die Linke verweist etwa auf Kinder aus armen Verhältnissen, geflüchtete Kinder sowie Kinder mit Behinderung, die mehr Förderung brauchen als andere. Konkret schlägt sie einen Kindergipfel im Kanzleramt vor, auf dem die Belange von Kindern und Jugendlichen besprochen werden sollen. Dazu sollen unter anderem Schülervertretungen eingeladen werden.
"Kinderrechte gelten nicht nur bei gutem Wetter"
Auch Matthias Seestern-Pauly kritisierte für die FDP, dass den Rechten von Kindern und Jugendlichen nicht genügend Aufmerksamkeit geschenkt werde. Seine Fraktion habe bereits in der vergangenen Woche eine zügige Öffnung von Schulen gefordert.
Seine Kinderkommission-Kollegin Susann Rüthrich (SPD) stimmte zu: „Kinderrechte gelten nicht nur bei guten Wetter, sondern auch dann, wenn es gerade stürmt.“ Sie warnte: „Ungerechtigkeiten vertiefen sich, wenn Kinder allein auf das häusliche Lernen zurückgeworfen werden.“
Nadine Schön (CDU/CSU) wies darauf hin, dass es nach der Wiedereröffnung der Schulen nicht allein um das Nachholen von Schulstoff gehen dürfe. Die Schüler müssten auch die Möglichkeit haben, über ihre Erfahrungen während der Corona-Krise zu sprechen.
Allein Martin Reichardt von der AfD argumentierte in eine andere Richtung. „Sie wollen den Menschen einreden, Kinder würden verblöden, wenn sie nicht in staatliche Betreuung kämen“, warf er den Grünen vor und äußerte die Ansicht, mehr Zeit in der Familie täte Kindern gut.
Die Diskussion vom 14. Mai könnt ihr im Video nachverfolgen:
(DBT/jk)