Die erste Bundestagswahl 1949 Was damals anders war
Jan Hummel
Wahlalter, Fünfprozenthürde, Nachwahlen – seit 1949 die erste Wahl zum Deutschen Bundestag stattfand, haben sich manche der Regeln unseres Wahlsystems verändert. mitmischen-Autor Jan hat fünf Unterschiede zwischen der ersten Bundestagswahl und heute herausgefunden.
Nachdem am 23. Mai 1949 das Grundgesetz feierlich in Bonn verkündet und die Bundesrepublik somit gegründet worden war, fand am 14. August 1949 die erste Bundestagswahl statt. Es war die erste demokratische Wahl in Deutschland seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Manche Regeln, nach denen 1949 gewählt wurde, haben sich seitdem verändert:
Erst- und Zweitstimme
Bei der ersten Bundestagswahl konnten die Wählenden nur eine Stimme vergeben. Mit dieser Stimme wurden zugleich das Direktmandat des Wahlkreises und der Anteil der Sitze für eine Partei im Bundestag festgelegt. 1953, pünktlich zur zweiten Bundestagswahl, wurde unser heutiges System mit Erst- und Zweitstimmen eingeführt.
Die landesweite Fünfprozenthürde
Heute kennen wir die Fünfprozenthürde. Eine Partei muss bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen gewinnen, um in den Bundestag einziehen zu können. Das war nicht immer so. 1949 galt diese Hürde nur landesweit. Das heißt, eine Partei musste in einem der damaligen elf Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland fünf Prozent der Stimmen erhalten. So konnten auch Parteien wie die „Bayernpartei“, die man nur im Bundesland Bayern wählen konnte, Abgeordnete in den Bundestag entsenden. Am 25. Juni 1952 wurde die landesweite in eine bundesweite Fünf-Prozent-Hürde umgewandelt. Bei der Bundestagswahl 1990 gab es dann noch einmal eine Sonderregel: Damals galt die Hürde getrennt für Ost- und Westdeutschland.
Das Wahlalter
1949 lag das Mindestalter, um bei einer Bundestagswahl wählen zu dürfen, bei 21 Jahren. Das passive Wahlrecht, also das Recht, sich bei einer Wahl aufstellen zu lassen, lag bei 25 Jahren. Am 31. Juli 1970 beschloss der Bundestag aufgrund vieler Proteste der Studentenbewegung, das Mindestwahlalter auf 18 Jahre zu senken. Das passive Wahlalter wurde damals auf 21 Jahre gesenkt. Erst seit 1975 gilt man in Deutschland mit Vollendung des 18. Lebensjahres als volljährig und hat damit automatisch auch das passive Wahlrecht inne.
Nachwahlen
Das Wahlgesetz zur ersten Bundestagswahl schrieb vor, bei dem Ausscheiden eines oder einer Abgeordneten während der Wahlperiode in dem entsprechenden Wahlkreis eine sogenannte Nachwahl abzuhalten. So fanden in der ersten Legislaturperiode 14 Nachwahlen statt. Dies geschah in den meisten Fällen, weil der oder die Abgeordnete verstarb. Aber auch aus anderen Gründen, wie der Annahme eines Amtes als Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin, wurde nachgewählt. Im Januar 1953 wurde dieses Gesetz geändert und durch die heutige Regelung ersetzt. Heute findet eine Nachwahl nur noch statt, wenn entweder die Wahl nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde oder wenn der Kandidat oder die Kandidatin zwischen der Wahlzulassung und der Wahl verstirbt.
Die Berliner Abgeordneten
Die Stadt Berlin beziehungsweise der westliche Teil, der 1949 zur Bundesrepublik gehörte, hatte in Deutschland einen Sonderstatus. So fanden dort aufgrund des sogenannten Vier-Mächte-Status der Stadt von 1949 bis 1990 keine Bundestagswahlen statt. Die West-Berliner Bürgerinnen und Bürger durften ihre Abgeordneten nicht selbst wählen. Stattdessen wurden die Abgeordneten aus Berlin vom Berliner Landesparlament gewählt. In Bonn, dem Sitz von Parlament und Regierung der Bundesrepublik, hatten diese Abgeordneten aber nur ein eingeschränktes Stimmrecht. Die Abgeordneten aus Berlin waren nur bei Abstimmungen zur Geschäftsordnung stimmberechtigt. Ihre Stimmen wurden gesondert gezählt und auch die Ergebnisse separiert bekannt gegeben.
Jan Hummel
…ist Schüler an einem Gymnasium in Schriesheim, nahe Heidelberg, in Baden-Württemberg. In seinem Heimatort ist er Mitglied des Jugendgemeinderates. Seit 2024 ist er Autor für mitmischen.de.