Zukunftsstrategie Lösungen aus der Wissenschaft
Anton Nikolaus Neidhardt
Klimakrise und technologischer Wandel: Aktuell gibt es viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Zukunftsstrategie „Forschung und Innovation“ der Bundesregierung soll helfen. Im Plenum wurde darüber diskutiert.
In den nächsten Jahren gibt es eine Menge an gesellschaftlichen Herausforderungen zu bewältigen. Zum Beispiel muss ein Umgang mit der Klimakrise gefunden und die Digitalisierung muss weiter vorangetrieben werden. Die Lösungen für diese Probleme soll die „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ der Bundesregierung konkretisieren. Innovation steht dabei für neue Ideen und Erfindungen, die in der Praxis umgesetzt werden.
Stärkung der Innovationsfähigkeit
Weltweit habe Deutschland den Ruf, ein Land des Fortschritts und der Innovation zu sein, heißt es im Bericht zur Strategie, den die Bundesregierung am 17. Februar vorgelegt hat. Um sich diesen Status auch in Zukunft zu sichern, bedürfe es aber einer gezielten Stärkung der „gesamten Innovationsfähigkeit Deutschlands”, heißt es weiter.
Sechs Felder und Missionsteams
Um diesem Ziel näher zu kommen, werden in der Zukunftsstrategie der Bundesregierung sechs zentrale Felder genannt, die besondere Herausforderungen mit sich bringen. Dazu gehören:
nachhaltiges Wirtschaften
Klimaschutz und Ernährungssicherheit
Gesundheit
digitale und technologische Unabhängigkeit Deutschlands und Europas
Raumfahrt und Meere
gesellschaftliche Resilienz
In diesen Bereichen soll die Forschungs- und Innovationspolitik mit anderen Politikfeldern stärker verknüpft und Aktivitäten stärker fokussiert werden. Durch sogenannte Missionsteams sollen die beschlossenen Ziele so schnell wie möglich angegangen und erreicht werden. Diese Missionsteams sollen aus Experten aus der Wissenschaft, aus der Praxis und mit Mitarbeitern aus anderen beteiligten Bereichen besetzt sein und so für mehr Austausch untereinander sorgen.
Nachhaltige Ernährung, technologische Unabhängigkeit
Konkret nennt die Strategie Ziele wie nachhaltige Ernährung ohne Verlust von Biodiversität oder eine Verbesserung des Gesundheitssystems in puncto Krisenfestigkeit oder Barrierefreiheit. Außerdem sei technologische Souveränität, also Unabhängigkeit, wichtiger denn je. Hier müsse man kritische Abhängigkeiten in Technologiefeldern rechtzeitig erkennen und ihnen entgegenwirken.
Gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit
Der letzte Punkt, die „gesellschaftliche Resilienz“, bezieht sich auf jene Herausforderungen, die die freiheitlich-demokratischen Gesellschaften in Deutschland und Europa bedrohen. Denn Probleme wie die Klimakrise, der Krieg in Europa oder eine alternde Gesellschaft verlangten nach neuen Antworten, heißt es im Bericht. Die freiheitlichen Demokratien stünden derzeit oft in Konkurrenz zu autoritären Systemen und extremistischen Aktivitäten. Resilienz bezeichnet die Fähigkeit einer Gesellschaft, schwierige Situationen ohne dauerhafte Beeinträchtigung zu bestehen, etwa indem man sich daran anpasst.
Über das 68-seitige Strategiepapier debattierte der Bundestag nun erstmalig im Plenum. Im Anschluss an die Debatte wurde die Vorlage zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen.
FDP: „Zukunftsstrategie ist gebündelte Zuversicht“
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) stellte in ihrer Rede fest, dass die neue Zukunftsstrategie für sie gebündelte Zuversicht sei . Man könne positiv in die Zukunft blicken, wenn man offen für Innovation und das Tempo sei, mit dem neue Technologien das Land veränderten. Zwei Aspekte seien hierbei aber ganz besonders wichtig: Technologieoffenheit und Transfer. Zu Erklärung: Transfer meint hier, dass die Erkenntnisse aus der Wissenschaft in der Praxis angewendet werden. Zudem müsse man Abhängigkeiten von anderen Ländern reduzieren. Das habe auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine gezeigt.
Stark-Watzinger betonte, die Zukunftsstrategie sei das neue Fundament für eine ressortübergreifende Forschungs- und Innovationspolitik. Durch die Missionsteams komme man „raus aus dem Silodenken“. Die Verabschiedung der Zukunftsstrategie sei nicht der Endpunkt, sondern der Startpunkt, betonte die Ministerin.
SPD: Stärkere gesellschaftliche Verankerung der Wissenschaft
Mit der Zukunftsstrategie sprächen die Bundesregierung und die Koalition der Wissenschaft Vertrauen aus, sagte Holger Mann von der SPD-Fraktion - Vertrauen, dass man gemeinsam die großen gesellschaftlichen Herausforderungen bewältigen könne. Die Strategie formuliere außerdem Kriterien, um bestehende Schwächen im System zu beheben – etwa den zunehmenden Fachkräftemangel oder den geringen Frauenanteil in der Wissenschaft.
Neu an der Strategie sei auch die bessere Zusammenarbeit der Ministerien. Der SPD sei eine bessere und stärkere gesellschaftliche Verankerung der Wissenschaft besonders wichtig gewesen, so Mann. Nur wenn man mit der Wissenschaft kommuniziere, könnten Herausforderungen wie die Energiewende, der Klimawandel oder auch antidemokratische Bestrebungen bewältigt werden.
Innovationsförderung in Deutschland
Exist: Mit dem Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz soll das Gründungsklima an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen verbessert werden
Zukunftscluster-Initiative: Hier sollen regionale Partner, die exzellente Ergebnisse aus grundlegender Forschung hervorgebracht haben, in Innovationsnetzwerken zusammengeführt werden. So sollen neue Netzwerke entstehen.
Das Spitzencluster ist dazu da, bereits bestehende Netzwerke – Cluster – zu fördern und so Kräfte für Forschung und Innovation zu bündeln.
CDU/CSU: „Keine Leidenschaft für Forschung, Innovation und Technologie“
Kritisch äußerte sich Thomas Jarzombek (CDU/CSU) zu der Strategie: Die Ministerin könne nicht führen, sie zeige kein Leadership und vor allem keine Leidenschaft für Forschung, Innovation und Technologie. Jarzombek merkt an, dass das Thema Energiekrise und die Frage, wie Deutschland sich von russischem Gas unabhängig machen könne, in der Strategie vollständig fehlten.
Auch Nadine Schön (CDU/CSU) zeigte sich nicht überzeugt von der Strategie und kritisierte, dass es anderthalb Jahre gedauert habe, bis die Strategie vorgelegt wurde. Das spreche nicht für die versprochene Schnelligkeit. Zudem habe sie nicht den Eindruck, dass die Bundesregierung eine gemeinsame Vision davon habe, wo sie hinwolle.
Grüne: „Klare Missionsorientierung“
Nach der Startup-Strategie im vergangenen Sommer und der Digitalstrategie im Herbst sei die Zukunftsstrategie bereits die dritte innovationspolitisch relevante Strategie, die von der Bundesregierung vorgelegt werde, betonte Anna Christmann von der Grünenfraktion. Trotz Krisenzeiten habe man die Innovationsfähigkeit es Landes fest im Blick. Man habe eine klare Missionsorientierung und widme sich der grünen Industrie, dem Klimaschutz und der Biodiversität, aber auch Themen wie dem gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dabei nehme man sich die Ziele nicht nur vor, sondern gehe auch konkret in die Umsetzung, so die Abgeordnete. Das geschehe, indem die Missionsteams dafür zuständig sein werden, konkrete Missionen voranzutreiben.
AfD: „Klare Strategie und Ausrichtung fehlt“
Michael Kaufmann von der AfD-Fraktion sprach von „Floskeln und vagen Absichtserklärungen” in der Zukunftsstrategie. Er erwarte mehr Konkretes und weniger Worthülsen und kritisierte das Tempo, mit dem die Bundesregierung im Bereich Zukunft und Innovation arbeite. Problematisch fand Kaufmann auch den geplanten Ausbau von Zuwanderungsmöglichkeiten für Fachkräfte. Dieser Punkt sei der Regierung längst gelungen, merkte er an, nur nicht für „hochqualifizierte Fachkräfte und Akademiker”.
Linke: „Armut unter Studierenden bekämpfen“
Petra Sitte von der Linksfraktion bemängelte, dass die Zukunftsstrategie so viele Ziele setze, dass eine strategische Ausrichtung kaum noch zu erkennen sei. Außerdem kritisierte Sitte, dass keine zusätzlichen Mittel für die Lösung der großen gesellschaftlichen Herausforderungen aufgebracht würden. Zudem werde Armutsbekämpfung nur einmal erwähnt werden, obwohl Armut mit allen Zukunftsproblemen verschränkt sei. Sitte führte außerdem an, dass es sinnvoll wäre, die Armut unter Studierenden und die Jobunsicherheit unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern endlich zu bekämpfen.
Die komplette Bundestagsdebatte seht ihr hier im Video, das Protokoll findet ihr wie immer auf bundestag.de.
Anton Nikolaus Neidhardt
wurde 2002 geboren und lebt in Dresden, wo er 2021 sein Abi machte. Danach leistete er einen Freiwilligendienst in Uganda. In seiner Freizeit produziert er Musik und geht gerne klettern, vor allem in der Sächsischen Schweiz.