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29. BAföG-Novelle „Ein nötiger Chancen-Booster!“

Jasmin Nimmrich

Das Bundes­ausbildungs­förderungs­gesetz, kurz BAföG, wurde zum 29. Mal novelliert. Was sich zum neuen Schuljahr und Wintersemester 2024/25 ändert: die Erhöhung der Bedarfssätze und Elternfreibeträge sowie die Einführung einer Studienstarthilfe. Wir haben den Vorsitzenden des Bildungsausschusses Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) gefragt, ob diese Neuerungen reichen, um Bildungsgerechtigkeit zu schaffen.

Blick auf einen Tischreihe mit Mikrofonen. Ein Mann mit kurzen Haaren und leichtem Bart schaut in die Kamera. Alle anderen sitzenden Personen sind unscharf.

Für Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) ist die 29. BAföG-Novelle ein wichtiger Schritt in Richtung Bildungsgerechtigkeit. © DBT / Marc-Steffen Unger

Herr Gehring, warum braucht es das BAföG?

Das BAföG ist das zentrale Instrument für Bildungsgerechtigkeit, das junge Menschen dabei unterstützen soll, ihre Bildungs- und Berufsziele unabhängig von ihrer sozialen Herkunft zu erreichen. Denn ein Studium sollte nicht am Geldbeutel der Eltern scheitern, sondern finanzierbar sein und allen offenstehen. Studierende können diese Unterstützungsleistung beantragen und erhalten dann einen Grundbedarfssatz, abhängig vom Einkommen der Eltern. Für diejenigen, die nicht mehr zuhause wohnen, gibt es zudem einen Wohnkostenzuschuss. Meine Empfehlung: Bitte checkt, ob ihr BAföG-berechtigt seid, und lasst diese Unterstützung fürs Studium nicht liegen, sondern nutzt es als Startkapital.

Was ändert sich jetzt am Bundesausbildungsförderungsgesetz?

Mit dieser 29. BAföG-Novelle heben wir den Grundbedarfssatz um fünf Prozent an und den Wohnkostenzuschuss um 5,5 Prozent. Damit steigt der BAföG-Höchstsatz von bisher 812 auf 855 Euro im Monat. Gleichzeitig steigen die Elternfreibeträge, das heißt, die Einkommen der Eltern, deren Kinder BAföG-berechtigt sind, dürfen also höher sein als zuvor. Damit sorgen wir dafür, dass mehr Studierende BAföG erhalten können. Auch Schülerinnen und Schüler, die das BAföG beantragen können, erhalten mehr Geld. Ganz neu ist die Studienstarthilfe, eine Einmalzahlung in Höhe von 1.000 Euro für junge Menschen aus Familien mit Sozialhilfebezug. Die Studienstarthilfe soll somit die erste Hürde zum Studienanfang senken. Auch wird das BAföG weiter an die Lebensrealität der Studierenden angepasst, indem Fachrichtungswechsel erleichtert und ein Flexibilitätssemester eingeführt werden.

Warum sind die aktuellen Änderungen wichtig?

Fachschüler und Studierende benötigen finanzielle Sicherheit, um sich auf ihre Ausbildung konzentrieren zu können. Ob junge Menschen ein Studium aufnehmen, hängt nach wie vor zu stark von der sozialen Herkunft ab. Darum ist es wichtig, dass wir das BAföG erhöht haben und damit mehr junge Menschen aus einkommensärmeren Haushalten wirksam unterstützen. Die Studienstarthilfe macht das BAföG zum Sprungbrett für diejenigen, denen der Schritt an die Hochschule am schwersten fällt. Kosten, die zum Beginn des Studiums anfallen, wie die Mietkaution, Umzug, Lernmaterialien oder ein Laptop, sind eine finanzielle Belastung, die wir durch diese Neuerung abmildern.

Welche Änderungen sind, Ihrer Meinung nach, noch notwendig? 

Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zu Beginn des Jahres einen Fünf-Punkte-Plan zur Modernisierung des BAföG vorgelegt. Viele der Forderungen konnten wir bereits umsetzen, etwa die Studienstarthilfe sowie die Einführung eines BAföG-Rechners. Auch bei der Digitalisierung erfolgten Fortschritte. Aber natürlich gibt es noch Luft nach oben: Ein Mechanismus, mit dem die BAföG-Sätze regelmäßig auf eine angemessene Höhe angepasst würden, wie es ihn unter anderem bei Renten und Bürgergeld gibt, würde BAföG besser und Anpassungen planbar machen. Außerdem muss die Kindergrundsicherung kommen: Sie würde auch die Studienfinanzierung elternunabhängiger machen. Es ist geplant, dass der zukünftige „Garantiebetrag“ in Höhe von 250 Euro – dabei handelt es sich ums aktuelle Kindergeld – künftig direkt an Studierende ausgezahlt werden kann, die älter als 18 Jahre alt sind.

Dies ist bereits die dritte BAföG-Reform in dieser Legislaturperiode. Was macht das BAföG-Gesetz seit der Einführung im Jahr 1971 so änderungsanfällig?

Nachdem das BAföG leider jahrelang schleifen gelassen wurde und die Lebenshaltungskosten von Studierenden gestiegen sind, waren die drei Reformen dringend notwendig, damit das BAföG bessere Bildungschancen ermöglicht. Insgesamt konnten wir das BAföG so deutlich anheben wie noch nie in seiner Geschichte: Die Bedarfssätze sind um rund elf Prozent gestiegen, der Wohnkostenzuschuss um fast 17 und die Freibeträge um ganze 27 Prozent. Neben vielen strukturellen Reformen haben wir auch einen Notfallmechanismus eingeführt. Damit haben wir in Zukunft die Möglichkeit, in Notsituationen zügig zusätzliche Mittel an Studierende auszuzahlen, die auch jenen helfen, die bislang kein BAföG erhalten. Damit haben wir eine Konsequenz aus der Covid-19-Pandemie gezogen, sodass niemand in Krisenzeiten das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen muss.

Als ein Grund für die Novelle wird die sinkende Zahl von BAföG-Empfängerinnen und Empfängern angegeben. Wie viele Personen sollen im Optimalfall vom BAföG profitieren? 

Laut der jüngsten Sozialerhebung, welche die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden vermisst, haben 37 Prozent der Studierenden im Monat weniger als 800 Euro zur Verfügung. Nachdem wir 2022 mit der 27. BAföG-Novelle unter anderem eine BAföG-Erhöhung beschlossen sowie die Antragstellung erleichtert haben, ist die Zahl der BAföG-Empfängerinnen und Empfänger zum ersten Mal seit zehn Jahren auf rund 13 Prozent der Studierenden gestiegen. Ich gehe fest davon aus, dass sich die Reformschritte dieser Regierungskoalition an der Zahl künftiger BAföG-Empfängerinnen und Empfänger ablesen lassen. 

In welcher Form hat der Bildungsausschuss zu der verabschiedeten Reform beigetragen?

Als Ausschuss sind wir für die Detailarbeit zuständig, weshalb wir uns in unseren Sitzungen jede Änderung genau angeguckt und mit zahlreichen Expertinnen und Experten beraten haben. Dazu gehören auch die Perspektiven der Betroffenen. Daher pflegen wir als Ausschuss einen guten und regelmäßigen Austausch mit Studierenden-Vertretungen, dem Studierendenwerk und Sozialverbänden. In den Fachgesprächen und Anhörungen mit Sachverständigen, die wir als Ausschuss durchführen, bringen auch Studierende ihre vielfältigen Sorgen und Erwartungen an das BAföG kontinuierlich ein.

Was halten Sie Kritikerinnen und Kritikern dieser Novelle entgegen? 

Nimmt man alle Reformschritte dieser Regierungskoalition zusammen, kann man sagen: Wir kümmern uns ums BAföG wie keine Koalition zuvor – ein nötiger BAföG- und Chancen-Booster! Auch darüber hinaus setzen wir uns ein: Das bundesweite Semesterticket ist Realität. Studierende wurden im Winter 2022/23 mit der 200-Euro-Einmalzahlung entlastet. Dafür wurden 560 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger haben zusätzlich zwei Heizkostenzuschüsse erhalten. Seit 2023 fördern wir mit dem Programm „Junges Wohnen“ bezahlbaren Wohnraum für Studierende und Auszubildende mit jährlich 500 Millionen Euro. Das ist eine sehr ordentliche Bilanz für die Studierenden und die Bildungsgerechtigkeit.

Der BAföG Rechner

Das BAföG soll die Chancengleichheit im Bildungswesen sichern. Mittels des BAföG Rechners kannst kannst du erfahren, ob du bzw. wie viel Anspruch du auf staatliche Förderung hast:

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