40 Jahre PPP - Berlin-Tag 2024 „Rucksack an Erfahrungen“
Naomi Webster-Grundl und Jasmin Nimmrich
Zwischen der deutschen und der US-amerikanischen Hauptstadt liegen Luftlinie knapp 6.700 km Entfernung. Das Parlamentarische Patenschafts-Programm zwischen dem US-Kongress und dem Deutschen Bundestag macht diese Entfernung überbrückbar. Und zum alljährlichen Berlin-Tag, an dem die US-Stipendiaten ihre Paten-Abgeordneten treffen, sind sich Deutschland und die USA besonders nahe.
Die lichtdurchflutete Halle des Paul-Löbe-Hauses füllt sich. Es ergibt sich ein ungewohntes Bild: Viele sehr junge Menschen tummeln sich rund um die aufgebaute Bühne und die ausgerichteten Stuhlreihen. Es sind die insgesamt 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, deren PPP-Stipendium und damit auch ihre Zeit in Deutschland sich dem Ende neigt.
Was ist das Parlamentarische Patenschafts-Programm?
Seit 1984 ermöglicht das Parlamentarischen Patenschafts-Programm (PPP) Jugendlichen und jungen Berufstätigen aus den USA und aus Deutschland einen Einblick in das jeweils andere Land. Für ein Jahr leben die deutschen Stipendiatinnen und Stipendiaten in den USA bei einer Gastfamilie und besuchen eine Highschool oder ein Community College und können ein Praktikum in einem amerikanischen Betrieb absolvieren. Ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete aus dem Kongress der Vereinigten Staaten wird den Stipendiaten zur Seite gestellt. Ein umfangreiches Programm über das Austauschjahr hinweg ermöglicht einen Einblicke in die amerikanische Gesellschaft, Kultur und Politik. Interesse geweckt? Die Bewerbungsfrist für den mittlerweile 42. PPP-Jahrgang ist aktuell geöffnet.
Transatlantische Brücken
Das Austauschjahr des 40. amerikanischen PPP-Jahrganges, auf Englisch CBYX, hat im Sommer des vergangenen Jahres begonnen. Hinter den Stipendiatinnen und Stipendiaten liegt eine intensive Zeit: Viele von ihnen haben begonnen eine komplett neue Sprache zu lernen, für manche war es das erste Mal so weit weg vom eigenen Zuhause, alle haben neue Freundschaften geschlossen, unvergessliche Erfahrungen gemacht und Deutschland in den vergangenen Monaten intensiv kennengelernt.
Der Berlin-Tag markiert das Ende ihres Austausches und bietet die Möglichkeit, gemeinsam die deutsch-amerikanische Freundschaft, die durch die jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer gelebt wird, zu feiern. Neben dem Austausch untereinander treffen die Stipendiatinnen und Stipendiaten in Berlin auch auf ihre Paten-Abgeordneten und sie können mit ihnen diskutieren.
Unter anderem kamen dabei Fragen zu Integration, der deutschen Position im Nahostkonflikt, den Auswirkungen der US-Wahl auf Deutschland, der Extremismusbekämpfung und dem eigenen politischen Engagement auf. Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD) berichtet in einer der vier Diskussionsrunden über ihre eigenen familiären Verbindungen in die USA: 1967 in Hamburg geboren, erhielt sie vorerst selbst keinen deutschen Pass, während ihre Cousins und Cousinen, die in den USA geboren wurden, dort von Anfang an als Staatsbürger galten. Seitdem habe sich vieles ins Positive verändert, doch Teilhabe und Integration blieben weiterhin ein wichtiges Thema in der Politik. Die Zeiten änderten sich aber nicht nur zum Guten, denn Kriege seien sehr viel näher gerückt. Die Art miteinander zu sprechen sei, auch in den USA, sehr viel härter geworden, so Özoğuz.
„Partnerschaft gelingt, wenn man sich kennt“
Arden, Schülerin aus Texas, hat in den vergangenen Monaten bei ihrer Gastfamilie im Hochsauerlandkreis, dem Wahlkreis ihres Paten-Abgeordneten Carl-Julius Cronenberg (FDP), gelebt. In der kommenden Woche wird sie ihn in seinem Wahlkreisbüro unterstützen. Durch den Berlin-Tag hat sie nun auch das erste Mal die Möglichkeit, den Deutschen Bundestag zu besuchen. Ihr Resümee zu ihrem PPP-Jahr: „Am meisten hat mir in meiner Zeit in Deutschland gefallen, Reisen mit meiner Gastfamilie und mit Freunden aus der Schule zu unternehmen. Aber ich fand es vor allem großartig, hier zu leben und zu erleben, wie anders vieles funktioniert und wie anders die Leute hier leben als in den USA.“
Ihr parlamentarischer Pate Carl-Julius Cronenberg, der auch der Berichterstatter für internationale Austauschprogramme in seiner Fraktion ist, freut sich bereits sehr auf Ardens Wahlkreis-Besuch. Für ihn steht fest, dass „Partnerschaft gelingt, wenn man sich kennt“. Deswegen sei es so großartig, dass 350 Amerikaner in Deutschland und 350 Deutsche in den USA seien, um das andere Land besser kennenzulernen. Mit der Rückkehr nach Hause, sei man dann wie ein Botschafter der geteilten Werte und des gelungenen Austausches.
Botschafter unserer Zeit
Im Anschluss an die Diskussionsrunden fanden sich alle Stipendiaten und die Bundestagsabgeordneten in der Halle des Paul-Löbe-Hauses ein. Aydan Özoğuz wandte sich in dieser Runde an alle Stipendiatinnen und Stipendiaten. Hinter ihnen liege eine Zeit der Anpassung, denn in den Gastfamilien lebt man mit Menschen zusammen, die teilweise ganz andere Ansichten haben als man selbst. Um eine andere Kultur zu verstehen, müsse man in der Lage sein, die eigene Perspektive wechseln zu können. Diese Fähigkeit können die PPP-Stipendiaten nun mit nach Hause nehmen. Auch nehmen sie alle einen „Rucksack an Erfahrungen“ mit auf ihren Rückflug. Der Austausch zwischen den USA und Deutschland habe viele Brücken zwischen beiden Ländern gebaut.
Auch die US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann, richtete ihr Wort an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer und ernannte sie zu „Botschaftern unserer Zeit“. Ein Austausch wie das Parlamentarische Patenschafts-Programm verwandle die abstrakte Vorstellung eines Landes in echte Menschen und Freundschaften. Und dadurch würden aus jungen US-Amerikanern und deutschen Schülerinnen und Schülern Bewohner der Welt, in der wir gemeinsam leben.