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Youth Space Konferenz 2024 „Die Jugend ist nicht die Zukunft, die Jugend ist die Gegenwart“

Naomi Webster-Grundl

Junge Menschen haben eine Meinung. Doch die sehen sie oft nicht in den Entscheidungen der Politik widergespiegelt. Bei der Youth Space Konferenz haben Jugendvertreter Handlungsempfehlungen für den Europarat erarbeitet, um die Perspektiven junger Menschen in die europäischen Parlamente zu bringen.

Ein Gruppenbild mit knapp 60 jungen Menschen, die auf einer grauen Treppe stehe und in die Kamera blicken.

Mehr als 50 Jugendvertreterinnen und -vertreter kommen für die Youth Space Berlin Konferenz 2024 im Deutschen Bundestag zusammen, sie diskutieren unter anderem mit Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz (SPD, Mitte erste Reihe) über politische Anliegen der europäischen Jugend. © Marc Beckmann

Vom 13. bis 15. November sind 55 junge Menschen aus 21 europäischen Ländern im Deutschen Bundestag zusammen gekommen, um ihre Perspektiven auf Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit miteinander zu diskutieren. In diesem Jahr steht die Konferenz unter dem Titel „Celebrating 75 Years of the Council of Europe – Challenges and Opportunities in Shaping Europe’s Future“ („75 Jahre Europarat - Herausforderungen und Chancen für die Gestaltung der Zukunft Europas”). Die Delegierten der nationalen Jugendringe haben im Laufe der Konferenz gemeinsame Handlungsempfehlungen zur Stärkung demokratischer Prozesse und jugendgerechter Institutionen entwickelt, die im Anschluss an die 46 Mitgliedstaaten des Europarates übergeben werden. Organisiert wird die Youth Space Konferenz in Zusammenarbeit des Bundesjugendrings (DBJR) mit dem Deutschen Bundestag und der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE).

Paneldiskussion mit Vertretern des Europarates 

Nachdem sie den ganzen Tag an ihren Handlungsempfehlungen gearbeitet hatten, begrüßten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Youth Space Konferenz 2024 in einem der Ausschusssäle des Paul-Löbe-Hauses ihre Gäste für eine Paneldiskussion mit dem Titel „Building Confidence in Tomorrow: Shaping Youth Policy in the Council of Europe“ („Vertrauen in die Zukunft schaffen: Die Gestaltung der Jugendpolitik im Europarat“), die von Özge Erdoğan, der stellvertretenden Vorsitzenden des Deutschen Bundesjugendrings, moderiert wurde.

Zunächst waren Dr. Despina Chatzivassiliou-Tsovilis, Generalsekretärin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE), Sören Schumacher, Vorsitzender der deutschen Delegation im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates, und Margo Vorykhava, stellvertretende Vorsitzende des Jugendbeirats des Europarates, gefragt. Sie sollten das Statement, dass die Jugend immer schon ein Kompass dafür sei, wo es politisch hingehen sollte, einordnen. Wie steht es um die Jugendbeteiligung auf politischer Ebene?

Dr. Chatzivassiliou-Tsovilis erklärte, dass Jugendbeteiligung für sie keine Hoffnung, sondern Realität sei. Sie sei auch von den Handlungsempfehlungen der Konferenz im vergangenen Jahr begeistert gewesen. In der Parlamentarischen Versammlungen des Europarates würde hart daran gearbeitet werden, Jugendvertretern die Teilnahme an den Sitzungen und Debatten zu ermöglichen.

Sören Schumacher stellte klar: „Die Jugend ist nicht die Zukunft, die Jugend ist die Gegenwart.“ Deswegen solle sie auch in alles eingebunden werden, denn die Politik profitiere enorm von den Perspektiven junger Menschen.

Margo Vorykhava – selbst Teil der Youth Space Konferenz – erklärte, dass es toll sei, dass Veranstaltungen wie diese stattfänden und es Bemühungen um mehr Jugendbeteiligung gebe. Doch das sei erst ein Anfang. Und sie mahnte, nicht zu vergessen, dass viele junge Leute in Europa im Augenblick um einen normalen Zugang zum Leben, vielleicht sogar um ihr Leben selbst, kämpften. „Teilhabe ist das Wichtigste. Doch wie stellt man sicher, dass junge Leute mitmachen und wählen gehen?“ Für sie sei eine klare Antwort darauf, dass die Politik die Ängste der Jugend vor der Zukunft adressieren und dadurch zeigen müsse, dass sie ihre Anliegen verstehe und ernst nehme.

Präsentation der Handlungsempfehlungen

Im Anschluss an den Austausch hatten die Delegierten der Youth Space Konferenz die Gelegenheit, ihre Ergebnisse aus den Workshops – also ihre Handlungsempfehlungen – vorzustellen.

Handlungsempfehlungen aus dem Workshop „Demokratische Rückschritte“:

  • Korruption konsequent bekämpfen

  • mehr Leute befähigen, Verhältnisse zu adressieren, die sie beeinflussen, zum Beispiel demokratische Teilhabe für Nicht-Staatsbürger

  • Jugendräte in Entscheidungsprozesse zum Thema Soziale Gerechtigkeit mit einbeziehen, zum Beispiel Bekämpfung von Wohnungslosigkeit

Handlungsempfehlungen aus dem Workshop „Inklusive Governance“:

  • sicherstellen, dass Perspektiven von jungen Menschen in parlamentarische Strukturen inkludiert sind

  • Institutionen für verschiedene Diskriminierungsformen sensibilisieren

  • Kommunikation an junge Zielgruppe anpassen

Handlungsempfehlungen aus dem Workshop „Stärkere Sichtbarkeit junger Menschen in Institutionen“:

  • das Wahlalter auf 16 Jahre senken

  • die Dringlichkeit von Jugendbeteiligung in verpflichtenden Trainings für Politiker, Abgeordnete und Repräsentanten vermitteln

  • sicherstellen, dass alle Zugang zu Informationen haben, zum Beispiel finanzielle oder sprachliche Hürden abbauen

  • Parlamente zur Jugendbeteiligung ermutigen

Dr. Despina Chatzivassiliou-Tsovilis ist auch dieses Jahr so beeindruckt von den Ergebnissen, die die Jugendvertreter innerhalb so kurzer Zeit erarbeitet haben, dass sie zur Erheiterung des ganzen Saals meint: „ Ich sollte direkt jemanden von Ihnen einstellen.“ Ob, wie sehr und wie viele der Handlungsempfehlungen sich der Europarat zu Herzen nehmen wird, wird sich zeigen. Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist klar: Sie wollen dranbleiben und sind bereit, zu arbeiten, um positive Veränderungen zu bewirken.

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