Aktuelle Stunde Wie soll sich Deutschland zur Türkei verhalten?
Vergangene Woche ist die Türkei in Syrien einmarschiert. Wie geht Deutschland damit um? Das war gestern Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag.
Seit 2011 herrscht in Syrien Bürgerkrieg, an dem sich immer mehr Kriegsparteien und andere Länder beteiligen. Seit vergangener Woche auch die Türkei. Sie kämpft dort gegen kurdische Milizen in Nordsyrien. Zur Erklärung: Die Kurden sind eine Volksgruppe, die keinen eigenen Staat hat. Kurden leben größtenteils in den Ländern Türkei, Irak, Iran und Syrien. Milizen sind Streitkräfte, deren Angehörige eine nur kurzfristige militärische Ausbildung haben und erst im Kriegsfall einberufen werden.
Die Kurden haben die Regierung Syriens um Hilfe gebeten, der Präsident dort heißt Assad, daher spricht man auch vom Assad-Regime. Nun stehen sich die türkische und die syrische Armee gegenüber.
Die Bundesregierung hat daraufhin entschieden, die Waffenlieferungen an die Türkei einzuschränken, woraufhin der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Verteidigungsminister Heiko Maas (SPD) scharf angegriffen hat.
Auf Wunsch der Linken fand gestern eine Aktuelle Stunde zu dem Thema statt: „Haltung der Bundesregierung zum Einmarsch der Türkei in Syrien – Einmarsch als völkerrechtswidrig verurteilen“ war der Titel.
Was sagt die Koalition?
Die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD kritisierten im Plenum das Handeln der Türkei, für die es keine völkerrechtliche Grundlage gebe. Zur Erklärung: Beim Völkerrecht handelt es sich um eine Rechtsordnung, nach der sich alle Staaten der Welt zu richten haben. Man müsse Erdoğan klar machen, dass er nicht die Werte von EU und Nato „mit den Füßen treten“ könne, wenn er gleichzeitig mit ihnen Handel betreiben wolle, sagte Johann David Wadephul für die CDU/CSU.
Niels Annen ergänzte für die SPD, die EU habe angekündigt, keine Waffen mehr an die Türkei zu liefern und damit ein „klares Signal“ gesetzt.
Was sagt die Opposition?
Die Oppositionsfraktionen sahen das anders. Ihnen geht das Eingreifen der Bundesregierung nicht weit genug. Sevim Dağdelen (Die Linke) warf der Regierung „Schaufensterpolitik“ vor. Aus Presse-Berichten ginge hervor, dass sie in der EU eine entschlossene Entscheidung gegen Waffenlieferungen an die Türkei verhindert habe.
Auch Agnieszka Brugger von den Grünen formulierte diesen Vorwurf und forderte: „Stoppen Sie endlich alle Rüstungsexporte!“
Bijan Djir-Sarai (FDP) meinte, die Türkei ermögliche ein Widererstarken der Terror-Organisation Islamischer Staat (IS) und stürze somit „die gesamte Region ins Chaos“. Europa müsse endlich handeln. Zur Erklärung: Der IS hatte sich auf syrischem Staatsgebiet in den letzten Jahren zunächst ausgebreitet und war in jüngster Zeit von allen anderen Kriegsparteien zurückgedrängt worden.
Rüdiger Lucassen (AfD) sagte, das Handeln der Türkei bringe die Nato als Bündnis ins Wanken. Das sei „brandgefährlich“. Zur Erläuterung: Die Nato ist ein Verteidigungsbündnis aus 29 europäischen und nordamerikanischen Mitgliedstaaten, mit dem Ziel eigener Sicherheit und weltweiter Stabilität. Mitglieder sind z.B. die USA, Deutschland und auch die Türkei.
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(DBT/jk)