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Nato Streit ums Geburtstagskind

Das westliche Verteidigungsbündnis, die Nato, wird 70. Doch auf Geburtstagsfeiern herrscht nicht immer eitel Sonnenschein: Im Bundestag würdigten die Abgeordneten die Nato, stritten aber über die Rolle Deutschlands.

Nato-Fahne.

Eigene Truppen hat die Nato eigentlich nicht, die kommen aus den Mitgliedsländern. Für bestimmte Missionen marschieren die aber auch mitunter unter der Nato-Flagge - wie diese Bundeswehreinheit in Litauen. © dpa

Die Nato, die Rüstung und die Bundeswehr

Jubiläen sind immer eine gute Gelegenheit, im Bundestag mal über das Geburtstagskind zu sprechen. Zumindest wenn das bedeutend genug ist. Die Nato ist das auf jeden Fall und mit 70 Jahren auch kein junger Hüpfer mehr. In der Debatte am 4. April zeigte sich, dass das Verteidigungsbündnis bei den Fraktionen sehr unterschiedlich beliebt ist. Und thematisch war die Natoauch nicht unbedingt der unumstrittene Star des Tages. Zwei Dinge drohten der Nato ein bisschen den Rang abzulaufen: die deutschen Verteidigungsausgaben und die Bundeswehr.

Was ist eigentlich diese Nato?

Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigte sich, dass die ehemaligen Verbündeten gegen Hitler nicht besonders gut miteinander auskamen. Auf der einen Seite standen die USA und verschiedene westeuropäische Staaten, die sich vor den Expansionsgelüsten der Sowjetunion fürchteten. Das war nicht ganz unbegründet, denn Josef Stalin, der Machthaber in Moskau, beeinflusste die Nachkriegsordnung in Ost- und Südosteuropa und im Osten Deutschlands massiv zu Gunsten der Sowjetunion. Als Reaktion gründeten die USA, Kanada und zehn westeuropäische Staaten ein Verteidigungsbündnis, die North Atlantic Treaty Organization, kurz Nato. Die Bundesrepublik (also Westdeutschland), trat 1955 bei, mittlerweile machen 26 Staaten in der Nato mit. Ursprünglich als Bollwerk gegen den Kommunismus gedacht, galt die Nato aber auch im Westen vor allem unter Linken und Friedensaktivisten bald auch als Motor eines atomaren Wettrüstens, das in den 1980er Jahren seinen Höhepunkt erreichte.

Die Nato seit dem Fall der Mauer

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte sich das erst mal erledigt und die Nato wurde so etwas wie eine Weltpolizei, die unter anderem in den 90er Jahren in die Kriege in Jugoslawien eingriff. Auch in Afghanistan, das Nato-Truppen seit knapp 20 Jahren zu befrieden versucht, ist sie beteiligt.

Spätestens seit der Annexion der Krim 2014 wird Russland zunehmend als Bedrohung gesehen, vor allem in den ex-sowjetischen Staaten im Baltikum, die heue Nato-Mitglieder sind. Seitdem kürzlich ein alter Atom-Abrüstungsvertrag aus den 1980er Jahren zwischen den USA und der damaligen Sowjetunion beendet worden ist, droht womöglich ein neues atomares Wettrüsten zwischen den USA und Russland, an dem auch Deutschland beteiligt ist – denn es ist ja Teil der Nato.

Ministerin will zwei Prozent

In der Geburtstagsdebatte bezeichnete Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Nato als „Garant für Sicherheit und Freiheit in Europa". Und wir ganz vorne mit dabei: Deutschland sei als Nato-Mitglied der zweitgrößte Truppensteller in Afghanistan, zweitgrößter Nettozahler im Bündnis und schütze maßgeblich die östliche Grenze des Bündnisses. Allerdings reicht das einigen Bündnispartnern nicht, sie verlangen, dass alle Nato-Mitglieder zwei Prozent ihres Bruttoinlandsproduktes (BIP) für die Verteidigung ausgeben. Das BIP ist der Wert aller Güter und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft erwirtschaftet werden, es ist also praktisch ein Maßstab für die Wirtschaftskraft eines Landes. Aktuell steckt Deutschland aber weniger als zwei Prozent in die Rüstung. Die Bundesregierung will das ändern, aber nicht auf einen Schlag. Bis 2024 will sie mindestens 1,5 Prozent des BIP für Verteidigung investieren und danach zwei Prozent anstreben.

AfD: Bundeswehr runtergewirtschaftet

Rüdiger Lucassen (AfD) nannte das einen „verteidigungspolitischen Offenbarungseid". Deutschland breche alle Zusagen, die es gegenüber der Nato eingegangen sei. Die Regierung Angela Merkels habe die Streitkräfte heruntergewirtschaftet, sodass sie als Ganzes nicht mehr einsetzbar seien. Nötig sei eine starke und einsatzbereite Bundeswehr innerhalb der Nato.

SPD: Sicherheit ist nicht nur Rüstung

Niels Annen (SPD), Staatsminister im Auswärtigen Amt, sah das anders. Es sei klar, dass wir Sicherheit nicht zum Nulltarif haben könnten. Aber mehr zusätzliche Beträge für Rüstung und das Kleben an einer Prozentzahl seien nicht hilfreich. Zu Sicherheitspolitik gehörten auch humanitäre Hilfe und Krisenprävention.

Linke: Verheerende Bilanz

Heike Hänsel nannte die Bilanz der Nato nach 70 Jahren "verheerend": Das Bündnis maße sich an, außerhalb des Bündnis-Gebietes völkerrechtswidrig Krieg zu führen. "Das dient weder dem Frieden in der Welt noch verhindert es internationalen Terrorismus." Hänsel wandte sich gegen die Nato-Osterweiterung und eine Konfrontation mit Russland.

Grüne wollen keine zwei Prozent

Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) erklärte: "Man schafft keine Sicherheit, wenn man nur aufrüstet und Diplomatie und Entwicklung zusammenstreicht." Bereits heute würden allein die europäischen Länder dreimal so viel für Verteidigung ausgeben wie Russland. "Deutschland wird die zwei Prozent nicht erfüllen, es gibt dafür keine militärische Notwendigkeit."

(DBT/ah)

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