Landwirtschaft Stärkung – aber wie?
Alexandra Meister
Die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Doch die Bauern stehen vor immer größeren Herausforderungen. Deshalb braucht es neue Perspektiven, findet die AfD – und hat dazu Anträge eingebracht.
Bauernhof – das klingt nach Milchkühen auf der Weide, Getreide auf den Feldern und idyllischem Landleben. Oder auch nach Mähdreschern und Erntemaschinen. Die deutsche Landwirtschaft ist der viertgrößte Erzeuger in der Europäischen Union. Rund eine Million Menschen stellen in rund 270.000 landwirtschaftlichen Betrieben Waren im Wert von rund 50 Milliarden Euro im Jahr her.
Viele Aspekte der Landwirtschaft, zum Beispiel die Preise für Milch oder Fleisch, werden heute auf europäischer Ebene bestimmt. Grund dafür ist die "Gemeinsame Agrarpolitik" (GAP). Sie soll zum Beispiel dafür sorgen, dass alle EU-Länder ihre Waren leichter austauschen können, und EU-Produke Vorrang vor Importprodukten haben.
Doch die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland geht in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Auch der Klimawandel und der technische Fortschritt stellen viele Betriebe vor Herausforderungen. Im letzten Jahr kamen zudem noch die Auswirkungen der Corona-Pandemie hinzu. Um die Zukunftsperspektiven der Landwirtschaft ging es daher in mehreren Anträgen der AfD-Fraktion, die in den vergangenen Monaten im Bundestag diskutiert wurden.
Das fordert die AfD
In ihrem Antrag mit dem Titel „Deutsche Landwirtschaft stärken – Bäuerliche Familienbetriebe in Deutschland nachhaltig schützen und erhalten“ fordert die AfD-Fraktion, die vielfältigen Verbote und Auflagen für landwirtschaftliche Betriebe zu reduzieren. Der „Bürokratieaufwand“ treibt aus Sicht der Fraktion die Kosten besonders für kleine Betriebe in die Höhe. Zudem will die AfD verhindern, dass Güter aus dem Ausland auf dem deutschen Markt zu „Dumpingpreisen“ verkauf werden und somit kein fairer Wettbewerb möglich ist.
Darüber hinaus soll der „Zusammenschluss landwirtschaftlicher Betriebe zu Erzeugergemeinschaften“ gefördert werden. Produkte sollen stärker regional vermarktet und auch so gekennzeichnet werden, damit Verbraucher schneller erkennen, ob die Produkte im Supermarkt auch aus ihrer Region stammen. In ihrem zweiten Antrag „Deutsche Landwirtschaft stärken – Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln, um Bürgern eine selbstbestimmte und transparente Kaufentscheidung zu ermöglichen“ forderte die AfD-Fraktion zudem, diese Kennzeichnung auch für verarbeitete Lebensmittel, wie es zum Beispiel bei Fertiggerichten der Fall ist, einzuführen.
Auswirkungen der Pandemie
In einem dritten Antrag beschäftigt sich die AfD außerdem mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aufgrund der „pandemiebedingten Einreisebeschränkungen“ fehlten vielen Betrieben aktuell Saisonarbeiter, heißt es darin. Saisonarbeiter arbeiten für einen bestimmten Zeitraum auf Höfen, um die Bauern bei der Ernte etwa von Erdbeeren oder Spargel zu unterstützen.
Daher fordert die Fraktion, „die Möglichkeit der kurzfristigen Beschäftigung – die sogenannte 70-Tage-Regelung – befristet bis zum 31. Oktober 2021 erneut auf 115 Tage auszuweiten, um damit die geringe Verfügbarkeit von Saisonarbeitskräften teilweise auszugleichen“.
Fehlende Zukunftsperspektive
Stephan Protschka (AfD) betonte zu Beginn der Debatte, dass die bäuerlichen Familienbetriebe seit einigen Jahren einem erhöhten wirtschaftlichen Druck ausgesetzt seien. Daher würden auch so viele Bauern auf die Straße gehen. Außerdem sei es „nicht fair“, dass sich „unsere heimischen Bauern“ im internationalen Wettbewerb behaupten und mit Dumping-Importen konkurrieren müssten.
Populistische Politik
Artur Auernhammer (CDU/CSU) sagte, er habe ein Problem damit, „wenn mit der ehrlichen Arbeit unserer Bäuerinnen und Bauern populistische Politik gemacht wird – egal von welcher Seite dieses Hauses“. Die Landwirte arbeiteten fleißig und ehrlich und hätten Respekt und Anerkennung verdient. Die vorliegenden Anträge, so der Unionabgeordnete, würden zwar schön klingen und sich auch gut vermarkten lassen. Mit der Realität hätten sie aber „wenig am Hut“.
Lebensmittelverschwendung missachtet
Ursula Schulte (SPD) stellte das Problem der Lebensmittelverschwendung, das viel zu lange vernachlässigt worden sei, in den Mittelpunkt ihrer Rede. „Eine Gesellschaft, in der einwandfreie Nahrungsmittel massenhaft weggeworfen werden, ist ethisch auf dem falschen Weg“, sagte sie. Während 700 Millionen Menschen auf der Welt Hunger litten, werde in Deutschland Brot aussortiert, „weil es vom Vortag ist“, und Tomaten, „weil sie eine Macke haben“. Außerdem verursache Lebensmittelverschwendung in Deutschland etwa vier Prozent der Treibhausgasemissionen.
FDP: Forderungen bestehen Praxistest nicht
Dr. Gero Hocker (FDP) sagte, dass die Forderungen der AfD den Praxistest nicht bestehen würden. „Sie wollen, wie ein Staubsauger, all jene, die zu Recht unzufrieden sind mit der Landwirtschaftspolitik dieser Bundesregierung, einsammeln“, äußerte er. Außerdem warf Hocker der AfD Widersprüchlichkeit vor. Arbeitsmigranten würde sie sonst immer in ein schlechtes Licht rücken. Und nun stelle sie in ihrem Antrag die Frage, wie Saisonarbeitskräfte leichter nach Deutschland einreisen könnten.
Verschiebung der Prioritäten
Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) war der Meinung, dass die landwirtschaftlichen Probleme „zu lange ausgesessen“ worden seien. Sie erwähnte, dass die Prioritäten bei jeder Diskussion anders gesetzt werden würden. Jedoch müsse man beachten, dass sich alle Krisen gegenseitig bedingen und verstärken würden. „Das System der ruinösen Konkurrenz auf Kosten von Mensch und Natur“ sei ihrer Meinung nach die Ursache für die Probleme in der Landwirtschaft.
Grüne: Agrarpolitisches Desaster
Harald Ebner (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Union vor, dass sie ein agrarpolitisches Desaster hinterlasse. Laut ihm blockiere die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) den Systemwechsel bei Beratungen zur "Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik", wodurch das Insekten- und Höfesterben nicht aufgehalten werden würde.
Abgelehnte Anträge
Einen vierten Antrag der AfD, in dem es um eine nachhaltige Reduzierung der Lebensmittelverschwendung und die Abgabe überschüssiger Produkte an gemeinnützige Organisationen ging, wurde abgelehnt. Die anderen drei Anträge wurden an den Ausschuss für Landwirtschaft überwiesen.
So wurden auch zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Alle Anträge und die gesamte Debatte findet ihr auf bundestag.de.
Alexandra Meister
ist 16 Jahre alt und Schülerin in Nordrhein-Westfalen. Sie interessiert sich für Politik und Weltgeschehen, aber auch für Pferde: Sie reitet aktiv und kümmert sich auch um ein eigenes Pferd. Seit Beginn der Coronapandemie desinfiziert sie alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist.