Arzttermine Patienten warten zu lange
Damit, wenn's ernst wird, jeder zügig zum Arzt kommt, will die Bundesregierung die Mediziner zu mehr Sprechstunden verpflichten. Nun waren Experten eingeladen, viele sehen die Pläne kritisch.
Mehr Sprechstunden?
Wer hin und wieder zum Facharzt muss, kennt das vielleicht: Ein Termin ist oft erst in sechs Wochen zu kriegen oder noch nicht mal das. Für Patienten, die nicht nur zur Vorsorgeuntersuchung wollen, sondern ernsthafte Probleme haben, kann das ziemlich übel sein.
Daher will die Bundesregierung Ärzte mit einem Gesetzentwurf verpflichten, mehr Sprechstunden anzubieten. Dafür sollen sie auch Geld bekommen. Nun hatte der Gesundheitsausschuss am 16. Januar Experten aus Verbänden eingeladen, um ihre Meinung zu den Plänen der Regierung zu hören. Diese waren allerdings wenig begeistert.
Weniger Freiräume?
Der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands (Spifa) meinte: Die Regelungen beeinflussten das Management der Praxen. Dadurch würde, "würden den Ärzten nötige Freiräume zur Organisation einer patientenorientierten Versorgung genommen".
Der mit einer Erhöhung auf 25 Sprechstunden pro Woche entstehende Aufwand für Organisation und Kommunikation sei beträchtlich. Er verzerre den Blick auf die schon bestehende Arbeitsbelastung der Ärzte.
Krankenkassen: Darf nicht teurer werden
Auch der AOK-Bundesverband stellte sich hinter die Ärzte. Dessen Vertreter findet die Ziele des Gesetzentwurfs zwar gut, warnte jedoch vor staatlichen Eingriffen in die Selbstverwaltung. Die Vorlage müsse deutlich nachgebessert werden, um Unwirtschaftlichkeiten zu vermeiden. Höhere Kosten und damit höhere Beiträge seien den Menschen, die Beiträge an die Krankenkassen zahlen, nicht zu vermitteln, wenn diese lediglich Organisationsprobleme innerhalb der Ärzteschaft beheben sollen. Das Geld müsste auch eine nachweislich verbesserte Versorgung bringen.
Der Kassenverband äußerte sich auch zu den sogenannten Zulassungssperren. In einem bestimmten Einzugsgebiet bekommt nur eine bestimmte Anzahl von Fachärzten eine Zulassung. Wer darüber hinaus eine neue Praxis aufmachen will, hat Pech gehabt. Dies soll nun für bestimmten Arztgruppen geändert werden. Dies sieht der Verband sehr kritisch.
Psychotherapeuten: Sperre weg
Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) äußerte sich dazu. Sie plädierte jedoch für eine vorübergehende Aufhebung der Zulassungsgrenzen, auch für Psychotherapeuten. Vor allem in ländlichen Räumen und im Ruhrgebiet warteten Patienten im Schnitt fünf bis sieben Monate auf den Beginn einer psychotherapeutischen Behandlung.
Bevorzugung der Privatpatienten beenden
Glück hat bisher, wer eine private Krankenversicherung besitzt: Privatpatienten bekommen in der Regel deutlich schneller einen Termin beim Facharzt als gesetzlich Versicherte. Der Ersatzkassenverband (vdek) findet das nicht in Ordnung und fordert eine wirksame Regelung, damit dies ein Ende hat.
Nur Symptome werden bekämpft
Ähnlich sieht das der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Lediglich Symptome wie die langen Wartezeiten auf einen Arzttermin würden angegangen. Um die Versorgung zu verbessern, seien grundsätzliche strukturelle Veränderungen nötig, so etwa eine an den Bedarfen orientierte Verteilung der Ärzte in Stadt und Land.
Angst vor den Kosten
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) begrüßte zwar wie viele andere Verbände den Ansatz des Gesetzentwurfs. Man befürchtet nun aber, dass noch mehr Leute zum Arzt rennen, wenn es leichter einen Termin gibt – und im Endeffekt die Wartezeiten noch länger werden. Außerdem sieht der Spitzenverband höhere Kosten: Rund 2,7 Milliarden Euro pro Jahr seien zusätzlich nötig.
Weitere Anhörung geplant
Eine zweite Anhörung zu dem sehr umfangreichen Gesetz ist am 13. Februar geplant. Wer die Argumente der Experten aus der Januar-Anhörung im Detail hören mag, kann sich hier den Mitschnitt der Veranstaltung anschauen.
(DBT/ah)