Deutscher Ethikrat Neue Experten für die wirklich komplizierten Fragen
Gibt es Situationen, in denen man lügen darf? Ist es ok, Musik von Leuten zu genießen, die Schlimmes getan haben? Mit solchen Fragen beschäftigt sich die Ethik. Da auch Politiker oft in moralischen Zwickmühlen stecken, gibt es den Deutschen Ethikrat. Der bekommt jetzt neue Mitglieder.
Was ist Ethik?
Ethik befasst sich mit dem "rechten" menschlichen Handeln. Das Wort stammt von dem altgriechischen "ethos" ab, das soviel bedeutet wie Sitte, Brauch, Gewohnheit. Mit dem Begriff ist aber auch die Art und Weise gemeint, wie jemand sein Leben führt. Die grundlegende ethische Frage heißt: "Was soll ich tun?" oder "Wie verhalte ich mich richtig?".
Es geht darum, Maßstäbe eines guten und gerechten Verhaltens zu finden. Es geht um die Probleme und Konflikte, die sich aus unterschiedlichen Interessen einzelner Menschen ergeben. Wichtig dabei: Entscheidend ist nicht nur, was jemand tut, sondern auch warum er es tut.
Ein Beispiel: Lügen wird allgemein eher negativ angesehen. Doch was ist, wenn die Wahrheit jemanden sehr verletzen oder ihm schaden würde? Wie man sich in einer Situation verhalten soll, ist häufig schwer zu sagen. Und manchmal erscheint keine der Handlungsmöglichkeiten als "richtig", da jede von ihnen Nachteile hat. Was dann?
Was ist der Ethikrat?
Was darf Big Data? Ist Gen-Technik gut? Wie soll sich der Staat zu intersexuellen Menschen verhalten? Auch in der Politik stellen sich große Fragen des Lebens. Mit diesen beschäftigt sich der Deutsche Ethikrat seit 2008. Seine Aufgabe ist es, komplexe Themen, die Politik und Gesellschaft beschäftigen, gründlich zu durchleuchten und dabei ausdrücklich verschiedene Blickwinkel mit zu berücksichtigen.
Aus dieser Beschäftigung entstehen dann ausführliche Stellungnahmen, die dem Bundestag und der Bundesregierung dabei helfen sollen, kluge Entscheidungen zu treffen. Es gehört aber auch zu den Aufgaben des Ethikrates, die Öffentlichkeit zu informieren und Diskussionen anzuregen. Die 17 Stellungnahmen, die das Gremium bisher erarbeitet hat, kann sich jeder auf der Internetseite anschauen.
Übrigens hat der Ethikrat sich kürzlich auch zur aktuellen Pandemie geäußert. Hier kommt ihr zu der Empfehlung „Solidarität und Verantwortung in der Corona-Krise“.
Wer sitzt im Ethikrat?
Der Ethikrat besteht aus 26 Mitgliedern. Sie werden zur einen Hälfte vom Bundestag, zur anderen von der Bundesregierung gewählt. Entsprechend der Themen, mit denen sie sich beschäftigen, sind es zum Beispiel oft Naturwissenschaftler, Juristen, Theologen, Mediziner und Philosophen. Auf ihren jeweiligen Gebieten sind sie erfahrene Experten, viele haben Universitätsprofessuren. Sie werden für jeweils vier Jahre gewählt, wobei sie danach auch noch einmal verlängert werden können.
Die Wahl vom 23. April
Die letzte Amtsperiode des Deutschen Ethikrates endete am 10. April. Eigentlich hätten die neuen Mitglieder davor gewählt werden sollen. Aufgrund der Corona-Krise verzögerte sich die Wahl aber.
Jede Fraktion kann im Vorfeld Vorschläge machen. Die Vorschläge von CDU/CSU und SPD, FDP, Linken und Grünen wurden am 23. April einstimmig angenommen. Die beiden Vorschläge der AfD fanden hingegen keine Mehrheit.
Wer sich die Kandidaten genauer anschauen möchte, kann das hier tun.
Wie geht es jetzt weiter?
Ursprünglich war die Sitzung des neuen Rates für den 30. April geplant. An diesem Tag wären die neuen Mitglieder also zum ersten Mal zusammengekommen. Dieser Termin ist wegen der derzeitigen Corona-Beschränkungen abgesagt.
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble wird die neuen Mitglieder des Ethikrates nun offiziell berufen. Danach wird ein neuer Termin für die erste Sitzung bekannt gegeben, bei dem dann auch der neue Vorstand gewählt wird.
(DBT/jk)