Recht Mehr Geld für Menschen, die unschuldig einsaßen
Wenn jemand zu Unrecht eine Haftstrafe absitzen musste, bekommt er eine Entschädigung vom Staat. Aber welche Summe ist angemessen? Darüber streiten Fraktionen und Experten.
Eine schreckliche Vorstellung: Man wird für ein Verbrechen verurteilt, das man gar nicht begangen hat, und muss ins Gefängnis. Leider passiert es aber manchmal, dass ein Gericht ein Urteil fällt und später erkannt wird, dass die Entscheidung falsch war.
Für die Menschen, die zu Unrecht im Gefängnis saßen, ist das natürlich furchtbar. Sie werden aus ihrem Leben gerissen und verlieren ihre Freiheit. Da sie zunächst als schuldig gelten, gehen oft Freundschaften und familiäre Beziehungen kaputt. Sie verlieren in der Regel ihren Beruf, ihre Wohnung. Und sie müssen mit dem neuen Alltag im Gefängnis fertigwerden.
Wem das passiert ist, der bekommt eine Entschädigungszahlung vom Staat. Um die ging es bei einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz mit Rechtsexperten.
Wie viel Entschädigung ist angemessen?
Aktuell bekommen Betroffene eine Entschädigung von 25 Euro pro Tag. Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder haben schon im November 2017 einstimmig beschlossen, dass das zu wenig ist. Sie forderten den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz auf, einen Gesetzentwurf zu erarbeiten, der eine Erhöhung vorsieht.
Nun liegt ein Gesetzentwurf des Bundesrates vor. Sein Vorschlag: eine Erhöhung der Summe auf 75 Euro pro Tag.
Neben dem Entwurf des Bundesrates gibt es auch einen der AfD sowie Anträge der FDP und der Linken. Alle drei Fraktionen fordern noch höhere Summen. Die Linke verweist in ihrem Antrag darauf, dass Deutschland mit seinen Entschädigungszahlungen im europäischen Vergleich relativ schlecht dastehe.
"Kleinlich" und "hartherzig"
Die bisherigen Regelungen seien „kleinlich, wenn nicht gar hartherzig“, kritisierte der Deutsche Anwaltsverein. Er forderte, die Entschädigungszahlungen auf mindestens 100 Euro pro Tag zu erhöhen.
Die Neue Richtervereinigung schlug eine gestaffelte Entschädigung vor: Bis 60 Tage Freiheitsentzug 100 Euro pro Tag, bis zum 120. Tag 150 Euro, bis zum 180. Tag 200 Euro und für längere Haftstrafen 250 Euro.
Geld allein reicht nicht
Außerdem müssten Menschen, die zu Unrecht im Gefängnis gewesen seien, dabei unterstützt werden, wieder ins normale Leben zurückzufinden, so der Deutsche Anwaltsverein. Diese Forderung findet sich auch im Antrag der FDP.
FDP und Linke kritisieren zudem, dass der Prozess, die Entschädigung zu beantragen, zu kompliziert sei. Die Betroffenen sollten auch dabei unterstützt werden, finden die Fraktionen.
Bei der Linken heißt es: „Nötig ist daher eine Anlaufstelle für die Betroffenen, in der ihnen umfangreiche Hilfe zur Seite gestellt wird. Diese sollte zum einen die Aufgaben der Bewährungshilfe, wie Wohnungs- und Arbeitssuche, umfassen. Daneben brauchen die Betroffenen aber auch eine kompetente und kostenlose rechtliche Beratung über ihre Ansprüche.“
Am 10. September soll über die Vorlagen entschieden werden. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat sich dafür ausgesprochen, den Entwurf des Bundesrates anzunehmen und die Oppositionsvorschläge abzulehnen.
(DBT/jk)