Schwangerschaftsabbruch Infos bald erlaubt
"Werbung" für den Abbruch von Schwangerschaften bleibt verboten, Ärzte dürfen in Zukunft aber bekanntgeben, dass sie den Eingriff vornehmen. Das hat der Bundestag nun beschlossen – aber die Opposition ist empört.
Der Kompromiss
Der Bundestag hat einen Kompromiss beschlossen: Bislang war es für Ärzte und Kliniken strafbar, öffentlich (also etwa auf einer Website) darauf hinzuweisen, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. So steht es in Paragraf 219a des Strafgesetzbuches. Diese Regel wird jetzt geändert. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am 21. Februar für den entsprechenden Gesetzentwurf der Koalition.
Der Paragraf soll nun um einen Absatz ergänzt werden. Demnach dürfen Ärzte straffrei darüber informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, müssen jedoch für alle weiteren Hinweise, zum Beispiel zur Methode, auf ein neutrales Informationsportal verlinken. Dies soll von der Bundesärztekammer geführt werden und neben den Methoden auch gesundheitliche Aufklärung und eine aktuelle Liste mit Ärzten und Einrichtungen enthalten.
Information = Werbung?
Hintergrund ist die Gerichtsverhandlung um eine Gießener Ärztin, die zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt wurde, weil sie auf ihrer Homepage Informationen zu Abtreibungen veröffentlicht hatte. Der Fall sorgte für viel Aufsehen und verdeutlichte, dass der Paragraf, der mit den Worten "Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft" überschrieben ist, keinen Unterschied zwischen Werbung im eigentlichen Sinne und reiner Information macht. Dies war letztlich Anlass dafür, dass Union und SPD dem Bundestag einen Gesetzentwurf für eine Reform des Paragrafen vorlegten.
SPD gegen Paragraf 219a – eigentlich
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte vor der Abstimmung im Bundestag am 21. Februar, es gehe bei dem Gesetzentwurf darum, Rechtssicherheit herzustellen, Ärzte zu entkriminalisieren und Frauen Zugang zu Informationen zu verschaffen. Keine Ärztin und kein Arzt würden einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen, um damit Geld zu verdienen. Es sei daher höchste Zeit, dass Ärzte legal über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürften. Lauterbach meinte aber auch, dass seine Fraktion den Paragrafen 219a am liebsten ganz abgeschafft hätte, aber "das war mit der Union nicht zu machen".
Union: Guter Kompromiss
Die Union lobte die Reform als gelungenen Kompromiss. Der Union sei es wichtig, dass das "Werbeverbot" nicht gestrichen werde, so Nadine Schön (CDU/CSU). "So machen wir deutlich, dass ein Schwangerschaftsabbruch keine medizinische Leistung ist wie andere auch", sagte Schön. Sie erwähnte nebenbei auch eines der Probleme, die die bisherige Rechtslage mit sich brachte: Einige Beratungsstellen haben nicht darüber informiert, wer überhaupt den Eingriff vornehmen kann. Erst nach dem Gang in eine solche offizielle Beratungsstelle bleibt für eine ungewollt Schwangere ein Abbruch straffrei.
AfD: Frechheit
Die Opposition im Bundestag war bei der Abstimmung über diesen Kompromiss am 21. Februar wenig begeistert. Allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen. Die AfD will alle Schwangerschaftsabbrüche in der Regel am liebsten ganz verbieten und ist deshalb für ein scharfes Werbeverbot. Beatrix von Storch (AfD) bezeichnete die Reform als "Frechheit". Die Union habe mit dem Kompromiss ihre eigenen Werte aufgegeben. Die Regierung müsse sich schützend vor "das ungeborene Leben" stellen, forderte die Politikerin.
FDP: Diskriminierung bleibt
FDP, Linke und Grüne finden den Kompromiss aus ganz anderen Gründen schlecht, sie hätten den umstrittenen Paragrafen am liebsten ganz abgeschafft. Nicole Bauer (FDP) meinte, SPD und Union hätten die Reform viel zu lang aufgeschoben. Das sei beschämend. Zudem diskriminiere der Kompromiss weiterhin Frauen und kriminalisiere Ärztinnen und Ärzte.
Linke: Frauen werden gemaßregelt
"Sie haben die Erwartungen der Frauen in diesem Land massiv enttäuscht", sagte Cornelia Möhring (Die Linke). Die Information zu Schwangerschaftsabbrüchen bleibe weiterhin limitiert. Frauen würden weiterhin gemaßregelt. Das Misstrauen gegen Ärztinnen und Ärzte würde fortgeschrieben, sagte Möhring. Der Paragraf 219a setze weiterhin Werbung mit Information gleich.
Grüne: Keine Rechtssicherheit
Auch Katja Keul (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte, die Reform schütze weder das ungeborene Leben, noch sorge sie für Rechtssicherheit. "Die Strafdrohung des Paragraf 219 ist kein geeignetes Mittel, um Schwangerschaftsabbrüche zu reduzieren", sagte Keul.
Am Ende stimmten 371 Abgeordnete für den Gesetzentwurf, fast die gesamte Opposition war dagegen (277 Stimmen), vier Abgeordnete enthielten sich. Wie die Abgeordneten im Einzelnen gestimmt haben, das könnt ihr euch, wie bei jeder namentlichen Abstimmung, hier anschauen. Das Video von der Debatte findet ihr in der Mediathek.
(DBT/ah)