Bernhard Daldrup (SPD) „Wir wollen junge Menschen entlasten“
Hohe Mieten und Wohnungsknappheit: Die AfD macht dafür Zuwanderung und Klimaschutz-Investitionen verantwortlich. Warum er diese Argumentation nicht für schlüssig hält und wie die Ampel Wohnungsnot bekämpfen will, erklärt Bernhard Daldrup im Interview.
In deutschen Großstädten steigen die Mieten stetig, was insbesondere für junge Leute wie Azubis oder Studenten ein Problem ist. Woran liegt das?
Die Gründe für die steigenden Mietpreise sind vielfältig. Der Hauptgrund ist jedoch der Wohnungsmangel. Während immer mehr – vor allem junge – Menschen in Großstädte ziehen, verlieren ländliche Regionen immer mehr Einwohner. Das führt zu Wohnungsknappheit in den Städten und folglich zu immer höheren Mieten.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssen wir auf der einen Seite die ländlichen Regionen fördern und das Wohnen dort attraktiver machen. Auf der anderen Seite brauchen wir mehr bezahlbare Wohnungen in den Großstädten.
Um in der Übergangszeit die Mietsteigerungen zu begrenzen, verlängern wir die Mietpreisbremse bis 2029. Das heißt: Bei der Neuvermietung von Wohnungen in bestimmten Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Miete höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Miete liegen. Zudem dürfen Mieten künftig in drei Jahren nur um 11 Prozent – statt bisher 15 Prozent – erhöht werden.
Die AfD schreibt in einem Antrag, Klimaschutz-Anforderungen trieben die Kosten von Bauen und Wohnen in die Höhe und verlangt deren Abschaffung. Was halten Sie davon?
Wir wollen bis spätestens 2045 als Land klimaneutral sein. Und ja, Klimaschutz-Investitionen sind teuer. Deutlich höher wären aber die Kosten, die durch unterlassene Investitionen in den Klimaschutz entstehen. Hohe Klimaschutz-Anforderungen jetzt zahlen sich in Zukunft aus.
Es ist relativ einfach: Ein Gebäude, dass zu viel Energie verbraucht, verursacht hohe Energiekosten in der Zukunft und schadet dem Klima. Wir wollen das ändern und gehen noch weiter: Häuser sollen künftig nicht nur weniger Energie verbrauchen, sondern selbst saubere Energie produzieren, indem etwa Solaranlagen an allen geeigneten Dächern installiert werden.
Die AfD leugnet den menschengemachten Klimawandel, daher wundert mich ihre Haltung zu Klimaschutz-Anforderungen nicht.
Die AfD macht zudem die Zuwanderung für den Wohnungsmangel verantwortlich. Durch konsequente Abschiebungen könnten 140.000 Wohnungen kurzfristig wieder zur Verfügung stehen. Wie sehen Sie das?
Die AfD macht die Zuwanderung für so gut wie jedes Problem in Deutschland verantwortlich. Das ist nichts Neues. Die Zuwanderung ist nicht die Ursache für den Wohnungsmangel. Die Hauptursache für Wohnungsknappheit in den Städten habe ich bereits genannt. Interessanterweise fordern diejenigen, die Wohnungen bauen – die Bauunternehmen – mehr Zuwanderung, da ihnen die Fachkräfte auf den Baustellen fehlen.
Wie kann Ihrer Meinung nach schnell mehr Wohnraum geschaffen werden?
Die Regierungskoalition will jährlich 400.000 Wohnungen bauen, darunter 100.000 staatlich geförderte Wohnungen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die neue Regierung ein eigenständiges Bauministerium geschaffen. Das gab es in der vergangenen Wahlperiode nicht. Der Bund wird künftig deutlich mehr Geld für den Bau bezahlbarer Wohnungen ausgeben. Um den Wohnungsbau zu beschleunigen, wollen wir bürokratische Hürden abbauen, das Baurecht vereinfachen und dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Wie helfen die Ampel-Fraktionen kurzfristig speziell jungen Menschen?
Wir wollen ausreichenden Wohnraum für junge Menschen in Studium und Ausbildung zur Verfügung stellen. Dazu starten wir ein Bund-Länder-Programm für studentisches Wohnen, für junges Wohnen und Wohnen für Auszubildende. Außerdem werden die zuvor genannten Maßnahmen zur Regulierung und Begrenzung der Mietsteigerung vor allem junge Menschen, die in der Regel zur Miete wohnen, entlasten.
Zusätzlich haben sich die Ampel-Fraktionen zum Ziel gemacht, das BAföG elternunabhängiger zu machen. Wir wollen dadurch mehr junge Menschen während ihrer Ausbildung finanziell unterstützen.
Über Bernhard Daldrup
Bernhard Daldrup wurde 1956 im nordrhein-westfälischen Sendenhorst geboren. Er studierte Politikwissenschaften, Philosophie und Deutsche Philologie in Münster. Seit 1975 ist er Mitglied der SPD, von 1988 bis 2002 war er Fraktionsvorsitzender. Seit 2013 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages und seit 2018 Obmann für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen der SPD-Bundestagsfraktion. Mehr erfahrt ihr auf seinem Profil auf bundestag.de.
(mk)