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Hochbegabt „Ich habe oft an die Wand gestarrt“

Laura Heyer

Clara ist 14 Jahre alt und hat einen IQ von 150. Wie ihr Alltag im Internat aussieht, was es bedeutet hochbegabt zu sein und in welchen Dingen sie nicht so gut ist, erzählt sie im Interview.

Schülerin in Schuluniform

In Großbritannien an ihrem Internat tragen alle Schüler und Schülerinnen Schuluniform, auch Clara. © privat

Clara, wann hast du gemerkt, dass du hochbegabt bist und wie hast du es herausgefunden?

Ich kann mich gar nicht mehr direkt daran erinnern, wie es als kleines Kind war. Aber schon im Kindergarten haben meine Betreuer meine Eltern angesprochen, weil ich verhaltensauffällig war. Ich habe einfach oft an die Wand gestarrt und mir Geschichten erzählt. Damals wurde vermutet, dass ich vielleicht autistisch bin. Meine Eltern sind dann mit mir zum Psychologen gegangen und schließlich habe ich einen Intelligenztest gemacht. Dabei kam heraus, dass ich hochbegabt bin und einen IQ von 150 habe. (Anm. d. R.: Der durchschnittliche IQ liegt bei 100, ab 130 gilt man als hochbegabt.)

Wie hat sich dein Leben nach der Diagnose „Hochbegabung“ verändert?

Meine Eltern haben mir bis in die Schulzeit hinein gar nicht gesagt, dass ich hochbegabt bin. Mir fiel es einfach in der Schule sehr leicht, neue Dinge zu lernen und zu behalten. Daher wusste ich recht schnell, dass ich relativ schlau bin und die Diagnose hat eigentlich gar nicht viel verändert für mich.

Beim Thema Hochbegabung denkt man an Albert Einstein oder an die ungarische Schauspielerin und Schachlegende Judit Polgar. Ist hochbegabt sein so spektakulär?

Nein, für mich ist meine Hochbegabung jedenfalls aktuell nicht spektakulär. Ich bin ja erst 14 Jahre alt und vielleicht kommt das noch, wenn ich so alt bin wie Einstein. Ich merke eben nur, dass mir viele Dinge leichter fallen als anderen Menschen.

Wie gehen deine Freunde mit deiner Hochbegabung um?

Als ich rausgefunden habe, dass ich hochbegabt bin, bin ich zu meiner damaligen besten Freundin gegangen und habe ihr davon erzählt. Sie meinte damals, dass sie sich das eh schon gedacht habe. Manchmal sagen meine Freunde im Spaß sowas wie „klar, dass du das wieder kannst“ oder „du hast die Klausur bestimmt nicht verhauen“. Aber meine Freunde sind meine Freunde, ob nun aus der Schule früher oder hier im Internat.

Wie sieht dein Alltag aktuell aus?

In Deutschland in der Schule hatte ich immer relativ gute Noten und habe mit meinen Eltern beschlossen, dass ich eine neue Herausforderung brauche. Daher bin ich seit knapp einem Jahr in Großbritannien auf einem Internat. Hier habe ich einen recht normalen Alltag. Nach dem Frühstück ist Schule angesagt und wir tragen hier im Unterricht alle eine Schuluniform. Die Schule geht bis 16 Uhr und danach haben wir Zeit, in der Stadt Freunde zu treffen oder etwas zu unternehmen. Um halb sechs ist Zeit für Hausaufgaben, von halb sieben bis sieben ist Abendessen und danach haben wir nochmal eine Stunde Zeit für Hausaufgaben. Um halb neun müssen wir dann unsere Handys abgeben und um zehn gehen wir schlafen.

Ab September gehe ich in Baden-Württemberg auf das Landesgymnasium für Hochbegabte. Dort gibt es dann jeden Tag neben der Schule noch spezielle Kurse wie Griechisch oder Mathe.

Gibt es auch Dinge, in denen du nicht so gut bist?

Klar gibt es auch Dinge, in denen ich nicht so gut bin. Dazu gehört definitiv Sport. Zum Beispiel haben wir hier in Großbritannien Lacross gespielt, eine Sportart, bei der ein kleiner Ball mit einer Art Köcher gefangen und geworfen werden muss. Das mache ich gar nicht gern. Und vieles, was in den künstlerischen Bereich geht, wie Malen zum Beispiel, kann ich auch nicht so gut.

Was wünscht du dir für deine Zukunft?

Ich freue mich jetzt erstmal auf die neue Schule in Deutschland und hoffe, dass ich dort viele neue Freunde finde. Was ich danach machen will, weiß ich noch gar nicht – aber auf jeden Fall studieren.

Mehr über Clara

Clara ist 14 Jahre alt und kommt aus Erfurt. Seit knapp zwei Jahren geht sie in Wales auf ein Internat. In ihrer Freizeit spielt sie Flöte und Klavier und hat im Vereinigten Königreich (UK) auch mit Ballett angefangen. Was sie nach der Schule machen will, weiß sie noch nicht.

(lh)

Mitmischen-Autorin

Laura Heyer

hat in Heidelberg Geschichte studiert, in Berlin eine Ausbildung zur Journalistin gemacht und ist dann für ihre erste Stelle als Redakteurin nach Hamburg gegangen. Dort knüpft sie nun Netzwerke für Frauen. Aber egal wo sie wohnt – sie kennt immer die besten Plätze zum Frühstücken.

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