FDP-Antrag Europol als europäische Über-Polizei?
Ildar Daminov
Europol ist die Strafverfolgungsbehörde der Europäischen Union. Sie unterstützt die EU-Staaten bei der Bekämpfung internationaler Kriminalität. Die FPD fordert in einem Antrag, Europol mehr Kompetenzen zu übertragen. Damit sind nicht alle Fraktionen einverstanden.
Der Bundestag diskutiert kontrovers über einen Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Europol zum europäischen Kriminalamt aufwerten“. Darin fordert die FDP, dass Europol rechtlich, finanziell und auch personell gestärkt werden solle. Sie erhofft sich davon eine bessere Bekämpfung internationaler Kriminalität.
FDP: Mehr Kompetenzen für Europol
Im Antrag, der am 17. Mai im Plenum von Konstantin Kuhle (FDP) präsentiert wurde, stehen verschiedene Vorschläge. So soll Europol nach dem Willen der FDP in Zukunft das Recht haben, gegen Kriminelle selbst zu ermitteln, statt sie nur zu suchen. Die Befugnisse von Europol sollen also ausgeweitet werden. Darüber hinaus fordert die FDP den Ausbau des europäischen Terrorismus-Abwehrzentrums (ECTC) bei Europol.
„Es kann [...] nicht sein, dass sich nur Verbrecher und Terroristen den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zunutze machen und die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden dies nicht tun“, sagte Kuhle. Er betonte aber auch, eine Auswertung der Kompetenzen bei Europol dürfe nicht zum Abbau von Grundrechten führen.
CDU/CSU: „Vorschlag alles andere als realistisch“
Armin Schuster (CDU/CSU) kritisierte den Antrag, weil er seine Meinung nach unrealistisch sei. Die Haltung seiner Fraktion fasste er so zusammen: „Wir wollen ein europäisches Kriminalamt, aber man muss hier in behutsamen Schritten vorgehen.“ Sein Kollege Philipp Amthor (CDU/CSU) stimmte ihm zu: „Das ist eine langfristige Aufgabe.“ Die Union, sagte Amthor, finde es wichtiger, die Informationsverarbeitung weiterzuentwickeln, als neue Befugnisse aufzubauen, die nationale Aufgabe bleiben müssten.
AfD: Nationale Kompetenzen behalten
Die AfD lehnte den Antrag ab. Die Fraktion ist der Meinung, dass man zur effektiven Terrorbekämpfung kein europäisches Kriminalamt braucht. Europol würde, wenn die Ideen der FDP umgesetzt würden, die Kapazitäten von nationalen Institutionen an sich ziehen, so Martin Hess (AfD). Deutschland solle seine Kapazitäten im Bereich Kriminalitätsbekämpfung unbedingt behalten. Es mache keinen Sinn, sie einer supranationalen Behörde zu übergeben.
SPD: „Zukunftsmusik“
Susanne Mittag (SPD) lobte in ihrer Rede zunächst Europol und wies darauf hin, dass nur eine Fraktion im Bundestag noch nicht verstanden habe, wie wichtig dieses Amt sei – womit sie die AfD meinte. Was den Antrag der FDP betrifft, äußerte sich Mittag allerdings kritisch. Der Antrag beinhalte „sehr viel Zukunftsmusik“ und habe mit den realen Möglichkeiten nichts zu tun. Der FDP-Vorschlag würde auch den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Justiz bedeuten. Das sei aber aktuell unmöglich, sagte Mittag, weil die europäischen Länder noch sehr unterschiedliche Strafrechtssysteme hätten.
Linke: Erst Harmonisierung, dann Ausweitung
Eine intensive Kooperation der EU-Mitgliedsstaaten und eine weitgehende Harmonisierung des europäischen Strafrechts – das seien die Voraussetzungen für die Europol-Reform, behauptete Dr. André Hahn (Die Linke). Wenn es aber um eine Ausweitung der Kompetenzen von Europol gehe, brauche es auch mehr parlamentarische Kontrolle, so Hahn. „Wir müssen uns vor allem Gedanken darüber machen, wie wir in der EU die notwendigen Rechtsgrundlagen schaffen, um Grundrechte und Verfahrensrechte von Betroffenen besser zu schützen“, sagte der Abgeordnete. Der FDP-Antrag leiste dazu keinen Beitrag.
Grüne: Bundeskriminalamt als Vorbild
Dr. Irene Mihalic (Bündnis 90/Die Grünen) sprach sich für einen weiteren Ausbau von Europol aus. Man müsse sich nur einmal die Kriminalitätssituation in Europa anschauen, um die Gefahr des grenzüberschreitenden Terrorismus zu verstehen, meinte sie. Sie lobte den Antrag der FDP, betonte aber, dass die Grünen ein anderes Modell für Europol sehen – Vorbild sei das deutsche Bundeskriminalamt.
Es sei aber nicht der Bundestag, der über die Europol-Reformen zu entscheiden habe, sondern alle 28 EU-Mitgliedstaaten, sagte Mihalic. Das sei ein langfristiger Prozess. „Wir sollten uns an dieser Stelle daher auch Gedanken darüber machen, wie wir im Rahmen der bestehenden Strukturen für Verbesserungen bei der Kriminalitätsbekämpfung und der polizeilichen Zusammenarbeit sorgen können“, sagte die Abgeordnete.
Der Antrag wird nun vom Ausschuss für Inneres und Heimat weiter beraten.
Ildar Daminov
ist 23 und kommt aus Kasachstan, wo er Politikwissenschaften studiert. Aktuell hält er sich im Rahmen des Internationalen Parlaments-Stipendiums im Bundestag auf. Ildar interessiert sich für Menschenrechte, Weltpolitik und Schweizer Schokolade.